Von Rasierern und anderen Dingen

Vor vielen langen Jahren begab es sich, dass ich mich mit MittlerweileNichtmehrFreund über Damenrasierer unterhielt.
Gestartet waren wir irgendwie bei Kapitalismus versus Kommunismus – ein Klassiker! – machten 2 Flaschen 1 Flasche Wein platt und kamen von Hölzcken auf Stöckscken. Und da erzählte mir MNM-Freund die Geschichte des Damenrasierers aus seiner Sicht.

“Weißt Du”, begann er, “damals, als die ersten Damensrasierer auf den Markt kamen in Deutschland, da wusste ja keine Frau was damit anzufangen!”
“Und was willst Du mir damit sagen?”, will ich wissen.
“Das ist künstlich erzeugtes Konsumverhalten, welches jeder Grundlage entbehrt: Wir brauchen, was wir brauchen!” Er seufzt tief und schüttelt den Kopf. “Der Rest ist antrainierter Luxus, der uns von der kapitalistischen Gesellschaft andressiert wird, eine künstlich erschaffene Sehnsucht, ein widerliches, gieriges Verlangen, die eigene Person mit nur scheinbaren Konsumgütern aufzuwerten; der Luxus wird quasi gesellschaftstauglich gemacht und-”
“Ach was”, winke ich ab. “Na ja, OK: BRAUCHEN tut man Damenrasierer jetzt nicht unbedingt, die Welt käme auch ohne aus, da könnte man einfach was anderes für nehmen. Aber der Bedarf ist doch da, es wurde lediglich, äh, das Werkzeug zu besagtem Zwecke weiterentwickelt und spezifiziert!”
MNM-Freund lacht: “Du meinst, es hat immer schon Frauen mit Damenbart gegeben?”
Ich: “Äh … na, ich gehe mal davon aus. Affen und so, näch? Im Ernst: Ich weiß ja nicht, wie das früher in Kulturen war, bei denen alle Frauen ein paar Härchen im Gesicht hatten. Meist sind davon ja eher Südländerinnen betroffen, oder generell viele Dunkelhaarige. Wenn jede das hat, ist es vielleicht ganz normal. Aber zum Beispiel in Europa … Ja, ich denke schon, dass das auch früher schon betroffene Frauen gestört hat!”
MNM-Freund lacht richtig laut: “Oh ja! Wenn ich daran denke, wie viele Stunden meine Tante Irma immer vorm Spiegel verbracht hat! Stundenlang hang sie mit der Pinzette davor und zupfte und fluchte, dass es eine Freude war!”
Ich: “Aua. Aber warum die Schadenfreude? Echt fies, Du hast dieses Problem ja nicht! Aber egal, schau her: Da konnte Frau ja auch, keine Ahnung, eine Schere nehmen oder sich das Rasiermesser ihres Mannes stiebitzen, weiß der Geier was. Aber der Bedarf war so gesehen ganz klar da; also warum dieses Rumkritteln an der Erfindung des Damenrasierers?”
MNM-Freund: “Na, weil ja wie gesagt die Frauen erst mal gar nichts damit anzufangen wussten! Der kam damals hierher, aus den USA glaube ich, und keine Frau wusste, was sie damit anfangen sollte!”
Ich: “Äh … und dann?”
MNM-Freund: “Ja und DANN ERST setzt es sich nach und nach durch, dass Frauen sich die Beine rasieren. Und später dann auch unter den Armen”
Ich: “Und das ist schuld es Damensrasieres?”
MNM-Freund: “Ja. Das und natürlich Hollywoodfilme, ist doch klar!”
Ich: “Moooooment Mal: Die Vorstellung ‘haarlos gleich schön’ ist jetzt aber nicht sooo neu! Vor Allem im arabischen Raum oder Altägypten-”
MNM-Freund: “Ich meine hier in Europa. Ich bin kein Ethnologe, aber damals war das hier nicht so und Schluß. Das kam erst wieder als Moderscheinung hierhin. Und heute? Nenn mir eine Frau, die sich heute NICHT die Beine rasiert, das machen sogar schon junge Mädchen!”
Ich: “Äh … OK: Aber was genau ist schlimm daran? Tut doch keinem weh? Außer mir, wenn ich mich mal wieder geschnitten habe
MNM-Freund: “Was mich daran so aufregt ist, dass denen was hingeworfen wurde, ein Produkt, und die haben es genommen und dann auf einmal etwas gemacht, was sie vorher nie gemacht haben. Und irgendwann ging das über in ‘Ich MUSS das haben!’. Das ist Dressur, das ist psychische Manipulation, das ist Kapitalismus, das ist Abhängigkeiten schaffem, das ist-”
“STOP!”, unterbreche ich MNM-Freund und runzele die Stirn. “Das wäre ja so, als würdest Du Menschen als dumme Affen sehen! Nichts gegen Affen jetzt, aber ich hab das jetzt so bildlich vor mir: Man wirft dem Affen ein Spielzeug hin oder am besten irgendwelchen Schrott, und der Affe dreht und wendet das Ding so lange, bis es damit etwas anfangen kann und sei es, sich das spaßeshalber auf den Kopf zu hauen. Ist doch so, so siehst Du das doch! Macht den Affen menschlich, aber das heißt ja nicht, dass sich jeder Mensch affig aufführt!”
MNM-Freund: “Also widersprichst DU mir, ja?”
Ich: “Ja! Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch einen freuen Willen hat und sich nicht so einfach manipulieren lässt! Um mal bei Deinem Beispiel mit dem Damenrasiere zu bleiben: Vielleicht war es auch einfach so, dass sich die Damenwelt überlegt hat: ‘Oh! Ich bin eine Frau und da ist ein Rasierer für Frauen! Also WARUM gibt es das, wo ist der Zweck?’ Ein Herrenrasierer ist logisch, weil Männer Bartwuchs haben. Frauen haben in der Regel, äh, also, zumindest fast alle, KEINEN Bartwuchs, Ausnahmen haben keine Regel, haha. Also haben die sich vielleicht gedacht: ‘Äh, was könnte man denn noch damit anstellen bzw. rasieren?’ Oder so.”
MNM-Freund: “Aber das ist doch genau das, was ich meine! Die ließen sich von einem DING aufindoktriniren, was sie auf einmal NEUES zu tun haben. Da wurde ein Verlangen antrainiert, eine künstliches Verlangen erzeugt, ein Verhaltens- und Konsumverhalten andressiert, das in seinen Auswirkungen auf den Markt einmal mehr die Stellung der Kapitalinhaber-”
Ich: “Jetzt mach aber mal halblang! Nur weil es ein neues Produkt gibt, wird es noch lange nicht erfolgreich! Sonst gäbe es ja nicht so viele Geschäftspleiten, oder? Ein Produkt muss schon sinnvoll sein und einen gewissen Zweck erfüllen. Für Nonsense hat noch keiner sein hart erarbeitetes Geld ausgegeben, da unterschätzt Du die Menschheit! Klar gibt es Leute, die einfach ALLES haben wollen. Aber DURCHSETZTEN werden sich nur Güter von, sagen wir mal, ‘Nutz’ UNd nur weil Frauen – wie wie schon erwähnt etliche Menschen in etlichen Kulturen zuvor – dann auch mal glatte Beine und so haben wollen, heißt das noch lange nicht, dass dieses Bedürfnis künstlich erzeugt worden ist. Vielmehr denke ich, dass es schon vorher bei vielen da war, geschlummert hat quasi, und einfach nicht gestillt werden konnte. So dumm, etwas nur zu kaufen, weil es das jetzt gibt, ist doch kein Mensch!”

Jahre später.
MNM-Freund ist schon lange kein Freund mehr, ich habe mich für Kommunisten zu kapitalistisch, für Anarchisten zu konservativ, für Konservative zu innovativ und freigeistig und für Kapitalisten zu sozial entwickelt, sprich: Kann es politisch vermutlich keinem mehr Recht machen außer Menschenrechtsverfechtern, und ich plane den ersten Kindergebutstag von Größtes.

Herr L.: “Schatz, was machst Du da?”
Ich: “Na wonach sieht`s denn aus? Ich bereite den Kindergeburtstag vor!”
Herr L.: “Pappteller? Mit Kinderserienmotiven?”
Ich: “Na komm: Nicht Omas gutes Kuchenservice für so eine Kindermeute, oder?”
Herr L.: “Ja, hast Recht. Oh, und fabrlich passende Servietten?”
Ich: “Na ja, die gab`s da halt auch in InteressantesGeschäft in Halbzivilisation. Ob wir jetzt Servietten oder Küchenrolle nehmen, oder? Und so sieht es ja auch schöner aus! Und sooo teuer sind die gar nicht …”
Herr L.: “Aha”
Ich: “Ja, und Partyhütchen gibt`s da auch, ist das zu fassen? Kauf ich aber nicht, so einen Mist. Ich meine: Was tun die schon, außer die Umwelt zu belasten? Und hinterher massakrieren sich die Kiddies noch gegenseitig mit den Gummibändern, nee lass mal!”
Herr L.: “Ja, sehe ich ganz genau so. Äh, aber warum hast Du da kleine, kinderserienmotivbedruckte Plastiktütchen, in die Du Süßigkeiten füllst?”
Ich: “Äh … können die Kinder hinterher mitnehmen?”
Herr L.: “Dachte ich mir schon. Aber … WARUM???”
Ich: “Äh …”
Herr L.: “Meinst Du nicht, die kriegen hier genug Süßkram und Kuchen zu essen?”
Ich: “Äh, doch schon, aber …”
Herr L.: “Und überhaupt: Seid wann geben wir nach einer Geburtstagsparty was mit?”
Ich: “Na ja: Neulich, auf dem Geburtstag von Schulfreund hat Größtes auch so ein Tütchen-”
Herr L.: “Was ist das wieder für ein neuer Quatsch?”
Ich: “Und außerdem gab es die Tütchen halt, also, die liegen direkt neben den Papptellern und-”
Herr L.: “MOLLY!”
Ich: “WAS DENN??? Kostet uns doch kaum was, jetzt gönn den Kindern doch die Freude! Und da Du anscheinend nichts zu tun hast: Fahr doch mal eben los und kauf noch ein paar Weingummitütchen, ja? Ach, und bring mir doch auch gleich eine neue Packung Klingen mit, meine sind alle stumpf und ich muss mir dringend mal wieder die Beine rasieren!”


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