Indien ist mein ganz persönliches kulinarisches Schlaraffenland. In den Städten und Dörfern brodelt alle paar Meter ein Topf mit herrlich duftigem Inhalt. Es ist so gut wie unmöglich einen Ort zu finden, an dem es nicht köstlich nach Essen riecht (und wenn, dann riecht es nach Räucherstäbchen). Die Vielfalt der Kräuter und Gewürze ist so atemberaubend wie die der Gerichte: von der ayurvedischen, nahe an der Medizin verorteten, Küche über würziges Curry bis zum reichhaltig-oppulenten Butterchicken – die indische Küche beherrscht viele kulinarischen Tonlagen.
Allerdings: “schnell-schnell” gibt es kaum. Indisches Essen erfordert Geduld und Leidenschaft. Die schnelle Variante funktioniert zwar in der Regel ganz passabel – man beraubt die Gerichtes jedoch eines großen Teiles ihres Potenziales…
Man merkt in Indien intuitiv, welchen zentralen Stellenwert das Essen für die indischen Menschen hat.
Ein ausgeklügeltes und auf den ersten Blick nahezu magisch anmutendes Logistiksystem garantiert zum Beispiel, dass indische Ehemänner über verschiedenste Boten mittags das frisch gekochte Essen ihrer Ehefrauen zugestellt bekommen.
Stellenwert bedeutet aber auch Leidenschaft und Einsatz. Das führt dazu, dass das Kochen in der indischen Gesellschaft einen viel größeren Anteil der verfügbaren Zeit verschlingt als z.B. in Westeuropa. Und, dass man, wenn man wirklich lecker indisch kochen möchte, Zeit einplanen muss.
Das gilt auch für das folgende Rezept.
Denn hier gilt – wie übrigens für jedes indische Curry: hohe Qualität entsteht aus der Bereitschaft, die initiale Zwiebel–Ingwer-Knoblauch-Gewürz-Mischung mit Liebe, Hingabe und Einsatz zu einer deftigen Matschepampe zu kochen. Das darf gerne eine halbe Stunde dauern, lieber länger.
Denn: je mehr Zeit man sich nimmt, desto leckerer wird das Endergebnis.
Das folgende Rezept ist eine feinere Version der klassischen indischen Linsensuppe Dal. Der Alkohol, die Früchte und die Butter ergänzen die herb-würzige Dal um Säure und Fruchtigkeit und sorgen für Komplexität. Die Butter macht das Ganze reichhaltig und nobel. Der Ingwerschaum besorgt einen zusätzliche Hauch Frische.
Rote Linsen-Suppe
500 g rote Linsen
500 ml Wasser
500 ml Hühnerfonds
800 ml Kokosmilch
100 ml Noilly Prat
50 ml weisser Portwein
4 Zwiebeln
4 cm frischer Ingwer
5 Knoblauchzehen
1/2 Chili, ohne Samen, fein gehackt
1 EL Koriandersamen
1/2 TL Kreuzkümmel
2 Lorbeerblätter
1 langer Pfeffer
Garam Marsala
Kurkuma, gemahlen
Saft von 1 Orange
3 Passionsfrüchte
1/2 Mango
Saft von einer Limette
Salz, Pfeffer
Butter, optional
Frischer Koriander nach Belieben
Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer fein würfeln und vermengen.
Die noch nicht gemahlenen Koriandersamen und den Kreuzkümmel in einer Pfanne trocken rösten. Danach im Stößel sehr fein mahlen.
Die Gewürze in neutralem Öl in einem großen Topf anbraten, dann die Zwiebel-Ingwer-Knblauch-Chili-Masse dazu geben.
Alles zusammen bei großer Hitze scharf und möglichst lange anbraten. Zehn Minuten ist gut, eine viertel Stunde ist besser.
Für ein optimales Ergebnis, in kleinen Mengen Wasser dazu geben und die Zwiebelmasse pastös einkochen. Das kann gerne noch mal eine halbe Stunde dauern.
Je länger die Paste kocht desto besser. Wer ungeduldig wird, trinkt einen Schluck Küchenwein mehr.
Dann das restliche Wasser, den Fonds, die Linsen, Lorbeerblätter und den langen Pfeffer dazu geben und die Linsen weich kochen.
Dann Lorbeerblätter und den langen Pfeffer entfernen, die Suppe sehr fein pürieren und die fehlenden flüssigen Zutaten dazu geben. Weitere zehn Minuten köcheln lassen.
Orangensaft, pürierte Mano und Passionfruchtfleisch einrühren.
Mit Limettensaft, Salz, Pfeffer, Garam Marsala und Kurkuma abschmecken.
Kurz vor dem Servieren einige Stücke kalte Butter in die Suppe mixen.
Ingwerschaum
250 ml Milch
4 cm Ingwer, fein gehackt
1 EL Ingwersirup
Abrieb von einer unbeandelten Limette
Milch und Ingwer aufkochen. Den Limettenabrieb dazu geben. Eine Stunde ziehen lassen. Passieren, den Ingwersirup dazu geben und kurz vor dem Servieren aufschäumen.
Anrichten
Die Suppe in ein hohes Glas geben. Soviel Koriander darauf geben wie es die Vorlieben der Gäste zulassen. Dann den Schaum darüber geben und servieren.
Dazu passt:
Zu asiatischen und indischen Gerichten, auch mit einem Hauch Schärfe, passen traditionell Rieslinge mit einem Tick Restsüße. Der Riesling Zeltinger Himmelreich Kabinett 2013 von Markus Molitor ist ein fast idealer Vertreter dieser Art. Durch den kühlen Jahrgang merkt man die Restsüße kaum. Der Wein ist wunderbar frisch, und Dank des niedrigen Alkoholgehaltes tut es am nächsten Morgen auch nicht weh, wenn man beim ausführlichen Rühren ein Glas mehr trinkt.