Es sind vielleicht vierzig Jahre her, dass ich (während meiner Gymnasialzeit) vor dem Schulpsychiater sass, und er mir Blätter voller Kleckse vorlegte. Ich erklärte ihm gerne und mit Eifer, was da alles zu sehen wäre. Zu meiner Verwunderung schrieb er alles auf einen Block. Bei Punkt 117 sagte er, es käme nicht darauf an, möglichst viel zu sehen. Dabei hatte ich noch nicht mal die Hälfte aufgezählt.
Wenn ich ein Bild beginne, und noch keine Absicht habe, was entstehen soll, dann erzeuge ich oft ein Fleckenmuster auf dem Papier und beginne nach und nach (blinzelnd) die Dinge zu erkennen, die zum Vorschein kommen wollen. Meist verschwindet die ursprüngliche Musterung wieder vollständig, und das Bild dominiert über die Fantasiestruktur.
Solche Spielereien machten schon prominente Maler, nicht zuletzt Leonardo da Vinci (1452-1519). In der Schriftensammlung „Trattato della Pittura“ (Codex Urbinas) riet er, dass man sich durch Musterungen auf Steinen oder Mäuerchen inspirieren lassen könne.
Verworrene Dinge inspirieren - das ist eine grosse Weisheit.
Manchmal versuche ich aber auch einfach einen Aquarellklecks zu dekorieren, eine Welt hineinzuzaubern, die zuvor noch niemand dort gesehen hat:
Erforschen / 23cm x 15cm / Aquarell “Ecoline” und Tusche auf Papier / 2006, N° 06-077 / 100.- CHF