Kommentar zu
„Die Entscheidung muss bei den Frauen liegen“ / Peter Singer, „Die Welt“ (online), 14.8.2012
http://www.welt.de/debatte/die-welt-in-worten/article108601811/
Peter Singer ist sich offenbar der eigenen Peinlichkeit nicht bewusst, wenn er in seinem Artikel Lebensschützern den Vorwurf macht, diese würden nicht vor Schlachthäusern demonstrieren – obwohl Rinder doch höhere mentale Eigenschaften hätten als ein Fötus. In seiner kruden Beschränkung auf wissenschaftliche Theorien der Evolution wird rasch deutlich, wie eiskalt und berechnend eine Ideologie sein kann, die nicht mehr zwischen gut und böse unterscheiden kann. Mir ist bewusst, dass mich Herr Singer sicher müde belächeln würde, wenn ich seinen Ausführungen über den „Homo Sapiens“ den biblischen Schöpfungsbericht gegenüberstellte – doch kommt man bei einer Herzlosigkeit wie der des amerikanischen Bioethikers nicht umhin, mit festem Glauben klare Kante zu zeigen. Und auch wenn ich bezweifeln möchte, dass Herr Singer an mehr glaubt als an die Affenbilder aus seinen Lehrbüchern, schreibe ich ihm doch zu, die Verse des 1. Buch Mose zumindest zu verstehen: „Und Gott schuf die Tiere […] und das Vieh […] nach seiner Art. […] Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde und sprach […]: herrscht über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ (Genesis 1, 27f.)
Die Zugehörigkeit zu einer „Spezies“ rechtfertige nicht „ein Recht auf Leben“ – solch Töne sind Vorgeschmack auf eine gottlose Welt, in der nicht das Leben selbst einen Wert hat, sondern allein die Mündigkeit zum Über-Leben. Und da sieht es für die heranwachsenden Kinder in den Mutterleiben düster aus, wenn Singer den Frauen die Allmacht der Entscheidung übertragen will. Schlussendlich müssten sie sich nach der Abtreibung auch nicht sorgen – hätten sie doch lediglich ein „Wesen“ ohne „Rationalität und Selbstbewusstsein“ um die Möglichkeit gebracht, später einmal Personen wie Singer von der Schönheit des Existierendürfens berichten zu können. Dass Millionen von Frauen psychisch verfallen, wenn sie einen Teil von sich ausschaben oder absaugen lassen, lässt einen gestandenen Forscher aus der Gattung der „Homo Inhumanus“ natürlich ohnehin unbeeindruckt.
Wo die Gesellschaft aus Lieblosigkeit dem Eigennutz strotzt, da wundert auch nicht, dass man sich lieber um den Preis von Medikamenten zum Schwangerschaftsabbruch Sorgen bereitet, als um den Seelenschaden, der noch über Jahrzehnte einer jeden nicht gewordenen Mutter den Kopf zerbricht. Ein Ethiker ohne Moral und Gewissen – der Melbourner Ehrenprofessor treibt wohl nicht nur die Pflichtbewussten seiner Zunft auf die Barrikaden. Und doch möchte man sich eigentlich nicht den Argumenten derer bedienen, die „Pro Life“-Aktivisten mit Schuhen bewerfen – aber was könnte Singer heute an Geistreichem für diese Welt beitragen, wenn zu Zeiten seiner Geburt die Kühe Vorrang vor ihm gehabt hätten?
Dennis Riehle