DAWES (Kalifornien) in Berlin / Privatclub (12. September 2013)
Die DAWES (ausgesprochen: Dors) aus Los Angeles standen schon lang auf meiner Konzert-Agenda. Schließlich gehörte deren zweites Album „Nothing Is Wrong“ aus dem Jahre 2011 zu meinen Jahres-Top-Ten. Also nichts wie nach Berlin in den Privatclub - einer kleinen, aber feinen Location mit Bar und ausreichend Platz für bis zu etwa 150 Personen. Allerdings verwunderte doch etwas, dass der bereits recht renommierte Vierer einen derart kleinen Club bespielte und letztlich sollten - um es vorweg zu nehmen - an die etwa 100 Liebhaber dieser Musikrichtung huldigen. Zwar tourt die Band unter dem Tourtitle „Stories Don’t End“ ihres nunmehr dritten - in diesem Frühjahr erschienen - Albums durch Europa. Analysiert man jedoch die zur Aufführung gelangten Songs, so übertrifft der zweite Silberling/das schwarze Vinyl (insgesamt 7 Songs) den aktuellen Player zwar nur um einen Song in der Setlist. Allerdings scheint mir das ein Fingerzeig dafür, dass der Nachfolger des Debüts „North Hills“ [2009] (mit 2 Songs vertreten) bei der Band (wie auch bei mir) nach wie vor hoch im Kurs steht.Bei dieser Vielzahl an genialen Bands und Solo-Acts kommt man einfach nicht vorbei, bestimmte Schubladen zu öffnen, um diese Künstler in diesem oder jenem Genre oder diesem oder jenem (sicherlich auch) Vorbild ein wenig zu zuordnen. Wobei ich mir schon seit langem angewöhnt habe, mich vor dem entsprechenden Konzertbesuch nicht noch einmal mit dem jeweiligen Objekt der Begierde inhaltlich oder soundtechnisch zu beschäftigen. Nur das, was ich mir länger zurückliegend angelesen oder angehört hatte, liegt irgendwo in meinen Kopf abgespeichert und - ich gebe zu - ziemlich brach. Und wenn man dann so eine Band wie die DAWES vor sich auf der Stage rocken sieht, so kommt man nicht umhin zu sinnieren, dass einem hier stark Crosby, Stills & Nash (im Sommer hatte ich den Auftritt der drei Herren einfach mal ins sprichwörtliche Wasser in Dresden fallen lassen) oder natürlich auch dieses legendäre Trio ergänzt um Neil Young (wobei ich bei ihm ein glückliches Händchen mit dem Besuch seines legendären Auftritts in der Berliner Waldbühne und der darauffolgenden unfallbedingten Absage des Konzerts in Dresden bewies) kolportiert werden. Ohne den Herren C, S & N ob meiner Nichthuldigung ihres Gastspiels in Dresden nahe treten zu wollen, konnte ich mir ein breites Grinsen ob dieses genialen 105-minütigen Auftritts der DAWES nicht verkneifen. Alles richtig gemacht! Die Jungs fackeln wirklich nicht lange und legen gleich so richtig los. Und wieder einmal bewahrheitet sich auch heute, fast jeder Act kann live seine Albumergüsse nochmals toppen. So auch dieses Quartett! Denn beispielweise deren dreistimmigen Gesänge in feinster Harmonie von Leader Taylor Goldsmith (zugleich Axman an der Gitarre), dessen unglaublich innovativ Drums-bearbeitenden und synchron mit den Beats Grimassen schneidender Bruder Griffin Goldsmith und dem seit Ende 2010 in der Band befindlichen Keyboarder Tay Strathairn (der herrlich gediegene Soundteppiche über die Songs legt) werden so ganz nebenbei zu Hymnen - oder sind bereits welche. Lediglich Basser Wylie Gelber hält sich aus dem „Singsang“ heraus und bildet dafür gemeinsam mit dem Drummer eine sowas von stimmige Rhythm-Section, dass es anfangs (aber nur kurz) schwerfällt diesen Jungspunden das überhaupt über die gesamte Konzertdistanz zuzutrauen. Na klar, scheint der Frontmann in Persona von Taylor Goldsmith über allem und jedem zu thronen. Jedoch nicht bei dieser Band. Hier geschieht vieles (vielleicht auch alles) in Gemeinschaftlichkeit und purer Hingabe! Diese Band atmet ein Flair der Extraklasse und das bereits in diesem zarten Alter - gerade mal jenseits der Mitte 20. Man ist gehalten, ihnen das noch lang zu vergönnen und von ganzem Herzen zu wünschen!
ANDREW COLLBERG (Arizona) in Leipzig/ naTo (14. September 2013)
ANDREW COLLBERG wiederum „kenne“ ich schon länger. Meine Affinität zum Südwesten der Staaten, speziell zu Arizona und im Besonderen zu Tucson hat dies letztlich bewirkt. Mehrfach schon in Tucson live erlebt und einmal im Rahmen der 2012er „Tucson Songs On Tour“ auch schon hierzulande begrüßt, war es beinahe Pflicht diesem -ebenfalls- Jungspund (erst vor wenigen Tagen beging er seinen 25. Geburtstag) bei seinem Auftritt in Leipzig „beizustehen“. Jedoch wie beschämend war das denn: Gerademal 30 Besucher fanden den Weg in die „naTo“. An der Location und dessen Lage -schön eingebettet in die studentische Flaniermeile der sächsischen Metropole (der Karl-Liebknecht-Straße)- konnte es nicht liegen. Lag es etwa am Wetter und dem Tag? Das spätsommerliche Wetterintermezzo lockte an diesem Samstag (wohl zum Bedauern der Veranstalter) alles Mögliche an Publikum in die Biergärten beiderseits der Street jedoch nicht in den Club, der aus meiner Erfahrung eine gute Reputation in der Stadt genießt und einen nahezu idealen Eindruck als konzertantische Spielstätte hinterlässt. Auch am Ticketpreis konnte es nicht liegen (lächerliche 10 €)! Also was waren die möglichen Umstände, die zu solch einem Negativambiente für den Künstler und die Veranstalter führten? Obwohl die „naTo“ über eine herrlich nostalgische Lightanzeige über dem Eingang zum Club verfügt, wurde diese meines Erachtens nicht vollständig als Informationsfaktum ausgeschöpft. „Nur“ zweizeilig ANDREW COLLBERG prangen zu lassen, reicht bestimmt nicht aus. Ich mache jede Wette, dass es noch so manchen angelockt hätte, wenn da außer dem Namen noch zu lesen gewesen wäre „FROM TUCSON ARIZONA“! Und offensichtlich zieht das studentische Publikum es vor, sich die Sinne lieber sitzend mit Alkoholika (das hätte man beides auch in der „naTo“ haben können), mit irgendwelchem Food (das wäre auch nach dem Konzert noch lange möglich gewesen) oder mit stimulierenden Substanzen (z.B. Wasserpfeifen) zuzudröhnen. Richtig schade eigentlich!Was allerdings Mister ANDREW COLLBERG mit seiner 3-köpfigen Band zu diesem Opening Gig seiner „Mind Hits“-European-Tour daraus machte, nötigt mir meinen vollsten Respekt ab und findet meine tiefste Hochachtung! Der ursprünglich in Schweden Geborene lebt nunmehr schon seit vielen Jahren in Tucson - diesem musikalischen Schmelztiegel aus Desert-geschwängertem Rock, Country und Pop sowie dem immer stärker herüber schwappenden Mexicana-Sound der nahen Grenze zu Mexiko. Bereits im zarten Alter von 18 Jahren veröffentlichte das Jungtalent ANDREW COLLBERG sein Debüt-Album. Vier Jahre später gelingt ihm mit „On The Wreath“ ein erstes Meisterstück - von keinem Geringeren produziert als Nick Luca, der bereits Calexico oder Iron & Wine zum internationalen Durchbruch verhalf. Auch das neueste Machwerk „Mind Hits“ hat Nick Luca „zu verantworten“. Gerade wurde es Europa-weit veröffentlicht! Andrew - Multiinstrumentalist (er spielt Wurlitzer-Orgel, Gitarre, Klavier, Schlagzeug) und Leadvocalist - ist mit seiner Bühnenpräsenz entweder hinter der Orgel oder an der zweiten Gitarre die personifizierte Rock-Pop-Institution. Seine Stimme erklingt zart und manchmal auch herzzerreißend. Irgendjemand hat seine kompositorischen und seine Songwriter-Qualitäten mal mit „dem Maler, der mit Pinsel und Leinwand statt mit Pixeln und Bildschirm agiert“ umschrieben. Sehr treffend! Ein unbekümmerter Jungspund eben! Sein kongenialer und langjähriger „Gegenpart“ im Studio und on Stage ist ein gewisser Connor Gallaher. Als ich ihn zum ersten Mal in Tucson bei einem lokalen Festival in der Band von Andrew wahrnahm, war meine damalige spontane Erkenntnis: hier steht schon ein ganz Großer auf der Bühne! Wie Connor mit seiner Leadgitarre, seinem Amp und seinen „Tretminen“ in großer Perfektion spielt, ist unglaublich und schwer in Worte zu fassen. Hier in Leipzig scheint er dies in seiner jugendlichen Unbekümmertheit und Frische noch weiter entwickelt zu haben. Meine Augen jedenfalls haften oftmals mehr an ihm als an Andrew (sorry!). Interessant scheint bisweilen und unter finanziellen Aspekten mehr als nachvollziehbar zu sein, sich für die Rhythm Section hierzulande oder im benachbarten Ausland nach talentierten Musikern umzuschauen und damit die Investitionskosten um einen nicht unbeachtlichen Betrag zu minimieren. So kommen mit Christopher Martin (Bassgitarre) und Niklas Schneider (Schlagzeug) zwei doch schon gestandene Musiker und bestimmt keine No Names zu Ehren, einen Andrew Collberg und einen Connor Gallaher auf deren Europatour begleiten zu dürfen. Was logischerweise beiden Seiten nur dienen kann! Und was das Besucherinteresse betrifft: Beim nächsten Mal wird vieles besser!
LAYLA ZOE (Kanada) in Erfurt/ Museumskeller (24. September 2013)
Gespannt durfte man auf LAYLA ZOE (ausgesprochen: So) sein, die in Fach- und Fankreisen gern als „Canada’s Darling Of Blues“ gefeiert wird. Auch hier galt vor dem Konzertbesuch: Kein Einlesen oder Einhören in die Bio- und Diskografie! Und so kam nicht von ungefähr, dass ich Layla sofort von Anbeginn an mit einer gewissen Janis Joplin -insbesondere optisch- in Verbindung brachte. Nein, Janis „The Pearl“ Joplin hatte ich nie live erleben dürfen. Jedoch gibt es über sie bekanntermaßen genügend Videomaterial und so drängt sich einem dieser Vergleich zwischen beiden unweigerlich auf. Auch stimmlich versucht sich eine LAYLA ZOE eng an ihrem Vorbild zu orientieren. Was ihr sehr augenscheinlich auch gelingt. Mag sein, dass Layla perfekt in das Bluesgenre einzuordnen ist. Mein Eindruck (und der eines Erstbesuchers ihrer Konzerte) war allerdings ein anderer. Diese kleine, zierliche, charismatische, rothaarige und von Tattoos überfrachtete Frau beherrscht noch viel mehr als „nur“ den Blues. Gleich zu Beginn (und zum Finale) beindruckt sie mit perfektem phrasierten Gospelgesang. Um dann auch gleich mit ihrer 3-Mann-Band loszurocken, als gebe es kein Morgen mehr. Klar, ist diese Frau ein Hingucker! Das weiß sie zu genau! Und so lässt sie ihre Stimme so perfekt aus dem inneren Ich an die Öffentlichkeit pulsieren, um im nächsten Augenblick optisch die wildesten Körper-Bewegungen -barfuß versteht sich- zu zelebrieren und ihre Mähne noch einen Kick wilder um sich tanzen zu lassen.Sicherlich kommt diese vordergründige Blues-Zuordnung nicht von ungefähr. Ist sie doch seit ein paar Jahren mit dem deutschen Vorzeige-Blueser Henrik Freischlader eng befreundet. Und jener hat nicht nur ihr neuestes Produkt „The Lily“ (gerade veröffentlicht) produziert und außer den Keyboard-Passagen alle Instrumente eingespielt. Nein, auch an den Vorgänger „Sleep Little Girl“ (2011) hatte er bereits deutlich Hand angelegt und beide konsequenterweise auch auf seinem eigenen Label veröffentlicht. In ihrem Heimatland selbst brachte Layla bisher 5 Alben heraus. Wieder einmal beweist sich an diesem Beispiel, dass die deutsche Musiklandschaft international momentan als sehr prägend und innovativ gilt. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass auch eine LAYLA ZOE für ihre Begleitband auf dieser Europa-Tour deutsche Spitzenmusiker ausgewählt hat (natürlich auch aus finanziellen Gründen wie schon bei Andrew Collberg kurz umschrieben). Und wenn Henrik Freischlader gerade mal Zeit hat, dann gibt er selbst den Guitarhero in ihrer Band. In Erfurt im gut gefüllten (etwa 100 Besucher) Museumskeller (einem Club der Extraklasse) war das (leider) nicht der Fall. Jedoch braucht sich ein Jan Laacks gerade deshalb keinesfalls zu verstecken. Ist es doch immer wieder wohltuend, solch talentierte Musiker erleben zu können. Zu dieser Kategorie gehört auch der junge Basser Gregor Sonnenberg. Und ein Hardy Fischötter hält als gestandener Drummer das „Ensemble“ auf der Basis seiner Erfahrungen -schließlich spielte er Höchstselbst bei Henrik Freischlader- außergewöhnlich gut zusammen. Das Layla Zoe mehr als nur den Blues beherrscht, beweist sie nicht nur damit, dass sie ihre Version vom Neil Young Klassiker „Hey Hey, My My“ auf ihr neuestes Album befördert hat, sondern auch, dass dieses Cover fester Bestandteil ihrer momentanen Setlist auf dieser Tour ist. Und wer sich das Symbol von Hunab Ku (die Maya lassen grüßen) auf den linken Fuß tätowieren lässt, gehört schon deshalb zur spirituellen Extraklasse!