Von Hollywood nach Uganda

Eine junge Journalistin, hoffnungslos in den absurden Alltag einer Promi-Reporterin eingespannt, lernt den Friedensaktivisten John Prendergast kennen. Völlig hingerissen von dessen Schönheit und Charme beschließt sie, ihm nachzureisen und seine Arbeit in Uganda näher zu beleuchten. Sie fliegt kurzerhand nach Afrika und wird dort Zeugin eines menschenverachtenden Regimes, welches internationale Gelder unter dem Vorwand kassiert, damit Menschen zu helfen, die in großen Flüchtlingslagern Schutz suchen. Schutz vor der Verfolgung von Joseph Kony, der tatsächlich Abertausende Kinder entführte und zu Kindersoldaten erzog oder sie als Sexsklavinnen missbrauchte. Was von der Thematik her wie ein Drama klingt – und im real life auch tatsächlich eines ist – hatJane Bussmann, die Autorin des Stückes, so verpackt, dass daraus ein leicht konsumierbarer Theaterabend wurde, der dennoch einen bitteren Geschmack zurücklässt.

Von Hollywood nach Uganda - Kosmostheater Wien

Maria Fliri als Jane Bussmann im Kosmostheater Wien (Foto: © Bettina Frenzel)

Für das Kosmostheater in Wien autorisierte Bussmann die Produktion von dieheroldfliri.at, ohne dafür Tantiemen zu verlangen, einzig mit der Auflage, 10% des Erlöses an ihre private Stiftung abzuführen, mit welcher sie Opfer unterstützt, die sie während ihres Aufenthalts in Uganda kennengelernt hat. Maria Fliri verkörpert in dem Stück nicht nur die junge Jane Bussman, die sich dank ihres zutiefst britischen Humors, gewürzt mit einer großen Prise Selbstironie in Uganda seelisch über Wasser hält, sondern auch drei Polizisten, eine ehemalige Ministerin, eine Handvoll Mitreisende in diversen Bussen, ihre Mutter, und, und, und. Es ist neben dem gelungenen Buch, das Barbara Herold zur deutschen Bühnenfassung ausarbeitete, ihre schauspielerische Leistung, die das Publikum in den Bann der Geschichte zieht und gleichzeitig zu Lachsalven animiert. Ständig pendelt sie dabei zwischen ihrer Wunschvorstellung, eine feste Beziehung mit dem Mann ihrer Träume zu leben und der unerbittlichen Realität, in welcher sie schon im Anflug auf Afrika im Flugzeugklo ihren lip-booster verliert, um ihn nie wieder zu finden. Eine Lappalie, angesichts der Gräuel, die in Uganda tag-täglich geschehen, möchte man meinen. Ein Drama jedoch für eine Frau wie Bussmann, oder, um es präziser auszudrücken eine verrückte Übersprungshandlung und -idee, der noch viele, viele andere folgen, um das Grauen und die Armut nicht wirklich an sich herankommen zu lassen.

Ihr unfreiwilliger Hinauswurf aus dem Bus mitten auf der vertrockneten, todbringenden Landstraße, die Diebstahlsanzeige gegen Unbekannt, der ihr ihren Laptop entwendete, in welchem ihr einer der Polizisten den Antrag macht sie zu schwängern, ihr Besuch in jenem „Flüchtlingslager“, in welchem die angeblichen Flüchtlinge jedoch gegen ihren Willen eingesperrt sind, ihre Audienz bei einem General , bei welcher vor ihren Augen der Leichnam eines kürzlich erschossenen unbequemen Journalisten aus der Erde gebuddelt wird – all dies meistert Bussmann mithilfe eines gehörigen, satirischen Abstandes vor der jeweiligen unerträglichen Situation. Dieser Abstand ist es auch, der es ihr überhaupt ermöglichte so locker und flockig über Elend und Not in Uganda zu schreiben. Mit tiefschwarzem Humor über Zustände zu berichten, die sich für gewöhnlich jeder noch erträglichen Beschreibung entziehen.

Maria Fliri zeichnet in der Inszenierung jedoch keine gefühlskalte Journalistin nach, sondern vielmehr eine junge Frau, die, wie die meisten in ihrem Alter, von einer liebevollen, erfüllenden Beziehung zu einem Mann träumen. Dabei tut sie „nur“ das, was die meisten tun würden: nämlich für ein Date mit dem Angebeteten alles in Kauf nehmen, was man sich an Schrecklichem nur ausdenken kann. Dass es sich dabei jedoch um eine Geschichte um Leben und Tod handelt und nicht um ein Zuspätkommen beim Date oder ein Fleck auf der frischen Bluse, steht wieder auf einem anderen Blatt. Eine wunderbare Metapher für die Verrücktheit von frisch verliebten Frauen möchte man meinen, wäre die Geschichte nicht eine „true story“. Und so schwankt das Publikum bei Klängen des Filmklassikers „Jenseits von Afrika“ zwischen dem Mitgefühl einer unerfüllten Liebe, der Lächerlichkeit, diese mit allen Mitteln zu ergattern – und sei es auch inmitten von Bürgerkrieg und Korruption – und rasch aufeinanderfolgenden humoristischen Zustandsbeschreibungen einer Reise, die in Wahrheit eine Reise in die Hölle war.

Vor den Vorhang nicht nur Barbara Herold, Maria Fliri und Caro Stark – die mit einem Bastsonnenschirm und einer kleinen Videowall afrikanisches Flair auf die Bühne zauberte – sondern vor allem Jane Bussmann. Ihr ist es zu verdanken, dass der vergessene und todbringend -absurde Konflikt in Uganda, unter dem nach wie vor Tausende Menschen leiden und ihr Leben lassen müssen, langsam wieder ins Bewusstsein der westlichen Bevölkerung Einzug hält. Eine kreative und zugleich karitative Leistung, welche die Frage obsolet macht, ob man denn über einen Stoff wie diesen eine Comedy schreiben dürfe.


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