Von führenden Kinderärzten empfohlen?

Beim Bummeln durch die Einkaufspassagen der grossen Stadt bin ich heute – klar – auch im Buchladen gewesen. Ich gucke nach dem eigenen Machwerk, hoffe, es stets gut platziert zu finden, sehe es am Ende bei den Ratgebern, wo es auch der Verlag einsortiert hat und richte die Buchrücken ordentlich aus, damit man es gut finden kann. Kann sein, dass ich dabei zwei Exemplare aus dem Regal genommen habe und sie gestapelt davor neben die anderen Buchstapel gestapelt habe – tut mir leid, Herr und Frau BuchhändlerIn.

Dabei schweifen meine Blicke über die Neuerscheinungen und Klassiker der modernen Elternberatungsliteratur. Der Klassiker vom Renz-Polsterliegt da rum, den empfehle ich gerne, auch “meinen Eltern” in der Praxis, ich blättere durch die restlichen “Was-Sie-schon-immer-über-die-Gesundheit-Ihres-Kindes-wissen-wollten”, prüfe die Bücher gerne auf Impfsicherheit und Homöopathie-Kritik oder -abstinenz. Letzteres lässt sich scheints nur schwer verkaufen, denn kaum ein Gesundheitsbuch kann Globuli aus seinen Beratungen verbannen. Dass einige der Gesundheitsbücher für Kinderheilkunde zudem noch von Allgemeinärzten oder Heilpraktiker oder “einfach-mal-Muttern” verfasst sind (“Der Trotzphasen-Survival-Guide” – mit Glaubuli gegen das Trotzen, ohjee), lässt mich Zähne knirschen, aber das kenne ich schon.Foto

Ich stolpere schließlich über “Kinderkrankheiten: Das Standardwerk für Kinder von 0 bis 16 Jahren”, geschrieben vom Kollegen Nase. “Standardwerk”, denke ich, klingt ja toll, Erscheinungsjahr immerhin 2013 … früher ist dieses Buch bei Oberstebrink verlegt worden, inzwischen beim Ratgeberverlag schlechthin Gräfe und Unzer, kurz GU. Nase ist Kinder- und Jugendarzt, ist ja schon mal gut, aber dann sehe ich das Enblem “empfohlen vom BVKJ”, also dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Gut, denke ich, mein eigener Verband empfiehlt das Nase-Buch und nicht das Polster-Buch – dann prüfen wir doch mal auf Impf- und EBM*-Sicherheit. Die Impfungen werden besprochen, der Autor nimmt sich glorreiche 3/4 Seiten Zeit, allgemeines dazu zu äußern, mit dem Resumée, man finde doch mit seinem Kinderarzt eine gemeinsame Entscheidung, welche Impfungen nun gemacht werden sollen. Als sei dies eine à-la-carte-Veranstaltung. Wenigstens möge man die Entscheidung “zum Wohle des Kindes” treffen.
Und dann die Kügelchen – sie werden zu diesen und jenen Krankheitsbildern empfohlen, wir finden eine Glaubuli-Hausapotheke, und wieder gilt der Eso-Zucker als sanfte Medizin zur blabla-Stützung der Selbstheilung. Als ginge es nie ohne.

Das ist schade. Und wirklich bedauerlich ist, dass mein Berufsverband das Werk empfiehlt.
Lieber Kollege Nase, Sie sind ein ehrenwerter und erfahrener Kollege, ganz sicher, nichts gegen ihre persönliche Ausbildung und Einstellung, das können Sie schreiben, wie Sie mögen.
Aber lieber BVKJ: Das geht nicht. Du äußerst Dich gerne und immer wieder in Deinem offiziellen Blatt und auch im Pädinform (unserem Kinderärzteintranet), Du könntest Dich wissenschaftlich nicht positionieren, das sei doch Sache der forschenden Kollegen – wie der DGKJ (Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin) – aber hier … hallo? Klar gibt es genug Kollegen, die Homöopathie betreiben, aus Überzeugung und um sich am Markt zwecks Nachfrage behaupten zu können. Aber die Mehrheit der Kinder- und Jugendärzte steht den Glaubuli doch kritisch gegenüber.
Sobald Du aber Deinen Namen zur Empfehlung an ein Buch gibst, dass unkritisch mit unbewiesenen Therapieoptionen aus dem Bereich der Paramedizin und Esoterik umgeht, implizierst Du den lesenden Eltern, dass dies auch die Empfehlungen aller Kinderärzte sei. Und das ist nicht so.

“Von führenden Zahnärzten” empfohlen, fällt mir dabei ein. So warb die Zahnpasta-Industrie. Lieber BVKJ – hast Du das nötig, so billige Werbung?

* evidence based medicine



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