Von Elfchen und hintergründigen Gedanken

Da musste ich nun 32 Jahre alt werden, um mir von meiner Tochter, einer Zweitklässerlin, erklären zu lassen, was ein Elfchen ist. So etwas haben wir in der Grundschule nie gelernt. Bei uns wurden hochintellektuelle, kommunistische DDR-Gedichte in  Reimform nach strengen, metrischen Strukturen erwartet.  Ein Elfchen – tststs…

So etwas gibt es nur in unserer heutigen, verweichlichten Gesellschaft! Wo von unseren Kindern nichts mehr abverlangt werden kann, weil sie sich sonst überfordert fühlen und bei Facebook einen “Shirtstorm” gegen ihre geneigte Lehrerschaft starten. Oder ihre Lehrer mit einem “Flashmob” daran hindern, freitags nach der vierten Stunde in den verdienten Feierabend zu gehen… Sie lernen Elfchen, weil diese elf Worte hervorragend in eine SMS oder in eine Twitter-Nachricht passen. Außerdem kann sich doch sowieso keiner auf mehr Text konzentrieren…

Kurz zur Erläuterung für alle, die nicht wissen, wovon ich spreche: Ein Elfchen ist ein kurzes Gedicht aus elf Wörtern, welches in einer festgelegten Form auf fünf Zeilen verteilt wird.

Zeile 1: Ein Geruch, eine Farbe, ein Gedanke oder Gegenstand wird benannt (1 Wort)

Zeile 2: Was bedeutet dieser Begriff? (2 Worte)

Zeile 3: Was macht dieses Wort? Wo ist es zu finden oder wann wird es gebraucht? (3 Worte)

Zeile 4: Eine kurze Erläuterung, was damit gemeint ist. (4 Worte)

Zeile 5: Das Fazit. (1 Wort)

Elfchen sind eine großartige Erfindung, um die Kreativität der Kinder spielerisch anzukurbeln. Häufig finden diese ersten Übungen in der Grundschule ihre Anwendung, um die Schülerinnen und Schüler an die Dichtkunst heranzuführen. Außerdem lernen sie so, sich an Regeln zu halten. Meine Große – von wem auch immer sie diesen Charakterzug geerbt hat – fühlte sich in ihrer kreativen Schaffensphase durch dieses Fünfzeilen-Regel leicht eingeschränkt.

Nichtsdestotrotz hat sie mich zu einem Elfchen-Wettbewerb herausgefordert, den ich umgehend angenommen habe. Leider ist es für mich als Prosaist nur bedingt möglich, mich in elf (!) Worten auszudrücken. Gar nicht so einfach, aber doch hilfreich, wenn die Schreibblockade mal wieder an die Tür klopft.

Hier nun also mein Frühlingselfchen, mit dem ich leider nur den zweiten von zwei Plätzen gemacht habe…

Blau

Das Veilchen.

Vorsichtig streckt es

seine zarten Blütenblätter heraus.

Wunderbar.

 


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