Eine Rezension von Markus Vollack. Erschienen am 13. April 2011 im ZG-Blog
Roberto J. De Lapuente (ad sinistram) lag nun wieder monatelang auf der faulen Haut. Seine Bequemlichkeit zur Tugend erhoben, hat er uns ein neues Buch mit dem Titel "Auf die faule Haut" beschert. Ich muss gestehen, dass ich sein Erstling "Unzugehörig" als einen Tick spannender, runder und geschliffener empfunden habe. Dennoch ist sein zweites Werk durchaus empfehlens– und lesenswert. Eine durchweg verspielte Sprache, viele kritische Analysen sowie eine Auseinandersetzung mit vielen dunklen Flecken unserer Zeit, verspricht und hält Robertos zweites Werk.
Statt einer Einleitung beginnt Roberto sein Buch mit der Feststellung, dass er gerne und wahrhaftig weltfremd bleiben will (S.8). Den Vorwurf des Spinners, des ewigen Nörglers und Kritikers ist all jenen vertraut, die mit wachem Auge und scharfem Verstand beschreiben, was sie sehen. Man muss nicht besonders pessimistisch oder schwarzseherisch sein, um heutzutage als Miesmacher zu gelten (S.133). Wer offen kritisiert, der bringt die wohlige und heimelige Weltverleugnung allzu vieler Biedermeiers ins Wanken. Denn sie haben es sich im schönen Schein des Alles-ist-toll-Prinzips gemütlich gemacht. Wer authentisch bleibt, dem tun sich Abgründe der vermeintlichen Normalität auf:
Zur Anpassung und Konformität gehört eben auch die Aneignung einer Arbeitsmoral, die einer Sklavenmoral, in nichts nachsteht. Lohnarbeit als Sinn und Zweck des Lebens (S.108). Stolz sein, auf die Plackerei für den Reichtum der Vermögenden, heisst die Devise der Lohnarbeitsmoral im Jahre 2011 in Deutschland. Und obwohl die technologischen Errungenschaften mittlerweile so weit voran geschritten sind, dass viele Arbeiten von Maschinen verrichtet werden, so ist die Vorstellung eines lohnarbeitsfreien Paradies-Utopias, wie es in der Zeichentrickserie "Die Jetsons" vom Jahre 1962 schön dargestellt wurde, für viele Menschen unvorstellbar. In gleichnamiger Serie musste der Vater der Familie, dank des technischen Fortschritts, nur noch dreimal drei Stunden in der Woche lohnarbeiten. Viele jammern und klagen zwar über ihre Lohnarbeit (ja das gehört mittlerweile in vielen Stammtisch-Runden zum guten Ton), wissen aber gleichzeitig ohne den Zwang zur Lohnarbeit, wenig mit sich und ihrem Leben anzufangen.
Robertos Zweitling warnt vor den Folgen eines neuen Marktradikalismus. Immer wenn an Diktaturen oder totalitären Herrschaftsformen gedacht wird, werden häufig die Bedingungen und Entwicklungen, die vorher waren und zur Totalität geführt haben, vernachlässigt und vergessen.
Roberto J. De Lapuente (ad sinistram) lag nun wieder monatelang auf der faulen Haut. Seine Bequemlichkeit zur Tugend erhoben, hat er uns ein neues Buch mit dem Titel "Auf die faule Haut" beschert. Ich muss gestehen, dass ich sein Erstling "Unzugehörig" als einen Tick spannender, runder und geschliffener empfunden habe. Dennoch ist sein zweites Werk durchaus empfehlens– und lesenswert. Eine durchweg verspielte Sprache, viele kritische Analysen sowie eine Auseinandersetzung mit vielen dunklen Flecken unserer Zeit, verspricht und hält Robertos zweites Werk.
Statt einer Einleitung beginnt Roberto sein Buch mit der Feststellung, dass er gerne und wahrhaftig weltfremd bleiben will (S.8). Den Vorwurf des Spinners, des ewigen Nörglers und Kritikers ist all jenen vertraut, die mit wachem Auge und scharfem Verstand beschreiben, was sie sehen. Man muss nicht besonders pessimistisch oder schwarzseherisch sein, um heutzutage als Miesmacher zu gelten (S.133). Wer offen kritisiert, der bringt die wohlige und heimelige Weltverleugnung allzu vieler Biedermeiers ins Wanken. Denn sie haben es sich im schönen Schein des Alles-ist-toll-Prinzips gemütlich gemacht. Wer authentisch bleibt, dem tun sich Abgründe der vermeintlichen Normalität auf:
"Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein."Insofern sollte die Motivation sich der Mehrheit eben nicht zu beugen, eine Konstante des eigenen Denkens und Bewertens sein (S.113).
- Jiddu Krishnamurti -
Zur Anpassung und Konformität gehört eben auch die Aneignung einer Arbeitsmoral, die einer Sklavenmoral, in nichts nachsteht. Lohnarbeit als Sinn und Zweck des Lebens (S.108). Stolz sein, auf die Plackerei für den Reichtum der Vermögenden, heisst die Devise der Lohnarbeitsmoral im Jahre 2011 in Deutschland. Und obwohl die technologischen Errungenschaften mittlerweile so weit voran geschritten sind, dass viele Arbeiten von Maschinen verrichtet werden, so ist die Vorstellung eines lohnarbeitsfreien Paradies-Utopias, wie es in der Zeichentrickserie "Die Jetsons" vom Jahre 1962 schön dargestellt wurde, für viele Menschen unvorstellbar. In gleichnamiger Serie musste der Vater der Familie, dank des technischen Fortschritts, nur noch dreimal drei Stunden in der Woche lohnarbeiten. Viele jammern und klagen zwar über ihre Lohnarbeit (ja das gehört mittlerweile in vielen Stammtisch-Runden zum guten Ton), wissen aber gleichzeitig ohne den Zwang zur Lohnarbeit, wenig mit sich und ihrem Leben anzufangen.
"In der Faulheit den Fortschritt erkennen, es dürfte wohl der einzige Weg sein, den Wahn unserer immer schneller, immer wilder werdenden Welt zu zähmen (S.109)."In dem Kapitel "Ihr Kinderlein kommet bloß nicht!" (S.123) schreibt Roberto eine Realsatire, in der klar wird, das Deutschlands Herrschende den feudalistischen Habitus nie wirklich abgelegt haben. Deutschland brauche mehr Kinder, aber bloß keine Unterschichten-Kinder.
"Man will keine Ahmeds oder Kevins, man will Rüdiger-Pascals (S.128)."ALG2-Empfänger sollten die Verhütung oder gar die Sterilisation oder Kastration vom Amt bezahlt bekommen, schreibt Roberto ironisch. Am 11. März 2011 schrieb Eva Völpel in der TAZ, dass Flensburg ein Pilotprojekt gestartet hatte, in den Männern und Frauen, die Geringverdiener waren, drei Jahre lang die Verhütungsmittel vom Amt bezahlt wurden. Ein Schuft, der denkt, es ginge hier um die Senkung der Vermehrungsrate von Unerwünschten und Überflüssigen.
Robertos Zweitling warnt vor den Folgen eines neuen Marktradikalismus. Immer wenn an Diktaturen oder totalitären Herrschaftsformen gedacht wird, werden häufig die Bedingungen und Entwicklungen, die vorher waren und zur Totalität geführt haben, vernachlässigt und vergessen.
"Aber was davor geschah, die Schmähung, die Beleidigung, der Rufmord an ganzen Gesellschaftsgruppen, die Verleumdung, die Treiberei, das Gehetze, die Berichte voller ehrabschneidender Unwahrheit, die Betonung der Fremd– und Andersartigkeit, der Faulheit und Verschlagenheit — all das, und noch mehr, das Vorspiel der Vernichtungslager. (S.142)"Das Buch kann bei Amazon oder direkt beim Renneritz Verlag zum Preis von 11 Euro erworben werden.