Von der Freude, Gast zu sein

Von Vivi D'Angelo @dangelo_viviana

Ich sitze auf einem gefühlt viel zu hohen Fahrrad und strample mich durch den Regen. An der Kapuze entlang rieseln dicke kalte Regentropfen, während ich versuche, durch das Nass zu erkennen wo wir denn sind. Keine Chance, ich bin zum ersten Mal in Augsburg, kein Wunder dass ich keine Anhaltspunkte habe, auf meiner kleinen Wochenendminiweltreise in eine neue Stadt, zu einer neuen Sache. Ein Sommerdinner bei Julia, die vor einigen Wochen eingeladen hat, gemeinsam mit und bei ihr zu speisen, Gast zu sein, zu genießen, sich kennenzulernen. Ihren Supperclub einzuweihen.

Dass es doch kein Sommerdinner wird, dafür hat Petrus wie gesagt schon gesorgt – was er allerdings nicht verhindern kann, ist, dass es ein ganz wunderbarer Abend wird. 

Schon sind wir da, am Haus mit den vielen Fahrrädern davor. Ich frage mich schon, wie kalt und nass der Garten ist, indem wir sitzen werden – schon sagt mir die Stimme am Telefon, wir sollen doch hochkommen in den zweiten Stock.

Planänderung also, der Sommer ist hier doch noch da, gedeckt auf einem langen weißen Tisch mit Blumen, Kerzen, bereitgestellten Grissini und glimmernden Gedecken. Ganz warm wird einem ums Herz, wenn man so ankommt und sich umschaut und lächelnde Gesichter sieht und Gastgeber umarmt.

Die Bäckchen tauen auch wieder auf, spätestens beim Welcome Drink – ein wahnsinnig leckerer Gin Tonic, den ich ziemlich erstaunt probiere und dann schon fast leertrinke bevor ich erst drauf komme ein Bild zu machen – ich mag ja eigentlich garkeinen Gin. Aber dieser hier schmeckt garnicht nach Gin sondern einfach nur nach frisch, spritzig, leicht gurkig. Einfach fein!

Es ist lustig, dass sich alle in der Küche versammelt haben. Zehn Gäste und zwei Gastgeber um die großflächige Kochinsel, mittendrin eine strahlende, entspannte Julia. Ach, ich freu’ mich, dass ihr alle da seid! Sagt sie. Und wir wollen garnicht mehr weg, aus der schönen Küche mit der entspannten Julia und dem zufrieden schauenden Stefan.

Von Krümeln oder Pantsch ist allerdings weit und breit nichts zu sehen, die Augen schweifen umher – kriegen wir hier überhaupt noch was zu essen?

O doch, das kommt gleich. Wir sollen doch an den Tisch gehen.

Und schon beginnt das Fest.

Das Menü ist ein Tolles. Vier bodenständige, vegetarische Gänge soll es geben – und vier bodenständige, vegetarische Gänge erscheinen nacheinander wie im Zauber, gut getaktet, mit praktischen Lufthol-, Plausch- und Platzwechsel-Pausen 

Es beginnt mit einem Gazpacho aus Melone mit gekräutertem Feta. Eine Riesenschale, aber so frisch und leicht und fluffig und süffig, dass man den Löffel garnicht weglegen mag. Inzwischen kennt man schon die gegenüber sitzenden Gäste und kommt zaghaft aber sicher ins Gespräch.

Apropos Bekanntschaften: bei der Gelegenheit lerne ich endlich die liebe Ylva kennen! Unsere virtuelle Freundschaft begann schon vor gut zwei Jahren, mit einem Liebster-Blog-Award, den sie vollerVertrauen meinem allerersten, grässlich neonknatschgrünen Kochblog erteilte. Der Selbstbewusstseinspush war damals grandios gewesen, mein Blogger-Ego wuchs um gute drei Meter (und sogar die Klickzahlen vermehrten sich um Einiges).

Was habe ich mich also gefreut, uns endlich mal persönlich zu treffen, kennenzulernen und die gemeinsamen Leidenschaften live auszutauschen! 

Es geht weiter mit einem erfrischenden, knackigen Kräutersalat mit Pfirsichen. Ich bin begeistert, als sich darin kleine Erdnüsse entdecke, und bin hin und weg von der geblümelten Ziegenkäsemousse, die das Ganze begleitet. 

Kurz davor bin ich, zu verkunden, dass das mein Lieblingsgang gewesen ist, und schon taucht das nächste feine Gericht auf: Tagliatelle.

Natürlich Selbstgemachte, von diesen, wo man das Eigelb rausschmeckt, in würziger Butter geschwenkt und mit vielen, duftend frischen Kräutern dazu.

Inzwischen haben wir mit unseren Tischnachbarn schon laut gelacht, Kontakte ausgetauscht, entdeckt, dass wir doch ziemlich viel gemeinsam haben und schon gedacht, hey, man könnte sich ja mal wieder treffen!

Ich setze mich mehrmals um (und bin nicht die einzige) schaffe es endlich, auch mit Sabrina und Steffen zu quatschen  – zwei ebenso gute virtuelle Bekannte, die ich an diesem Abend endlich in Person gleich zwei Plätze weiter sitzen habe. Es ist einfach schön, entspannt, informell, spontan. Die dicken kalten Regentropfen an der Kapuze sind schon längst vergessen, genauso wie der Gedanke, worüber ich mich denn mit “wildfremden Leuten” unterhalten könnte.

Dessert gibt es auch, und ist ebenso und wieder mein neuer Lieblingsgang: Birneneis mit diesem fluffigen Mandelküchlein. Begleitet von einem wirklich feinen Birnenbrand.

Ich bin satt, glücklich, aufgewärmt, im Gespräch vertieft. Ich bin mir sicher, Petrus ärgert sich grün und blau, wenn er das liest: Da hat er echt mal was verpasst. Uns fehlt allerdings wirklich nichts. Das Sommersonnenglücksgefühl, das saß bei uns am Tisch dabei.

Ich erinnere mich noch wie gestern, liebe Julia, wie wir schon hier darüber sprachen, einfach mal zu tun, anstatt so oft “man sollte mal” zu sagen. So gut, dass die Worte zu Taten geworden sind, und Du uns alle mit einem wunderbaren Abend beschenkt hast, einem Abend zum lange festhalten und träumen und schwärmen. Und vielleicht widerum selber auch mal einfach zu tun. Danke dafür.

Wer beim nächsten Mal auch dabei sein und mehr über Gastfreude erfahren möchte, der findet hier mehr Infos und kann hier die Facebook-Seite liken.