Von der “Ehre”, bei Wikimannia genannt zu werden

Im folgenden Beitrag gibt es ganz bewusst so gut wie keine Verlinkung. Ich will ihn weder für themenfremde, noch für themennahe Werbung nutzen.

Bis in die Wikipedia habe ich es noch nicht geschafft. Weder als Gründer des Arbeitskreises barrierefreies Internet, noch als Mitgründer der Kobinet-Nachrichten, noch als Herausgeber meines eigenen Buches, und auch nicht als Betreiber meines eigenen Politblogs. So viel Aufmerksamkeit generiert es einfach nicht. Doch beim Stöbern in meinen Statistiken habe ich festgestellt, dass ich bei der Wikimannia verlinkt werde, dem Sprachrohr der extremen Männlichkeit. Wer mich kennt, der weiß, welche Gefühle da in mir aufwallen.

Im Sommer 2012 habe ich einen Artikel geschrieben unter dem Titel: Wir leben in einer Vergewaltigungskultur. Darin habe ich auf die immer noch alltäglich spürbare sexuelle Ungleichheit hingewiesen, auf die Tatsache, dass Frauen oft noch als Sexualobjekte gesehen werden, sei es in der Werbung, am Arbeitsplatz oder im Alltag. Anhand zweier aktueller Vorkommnisse der damaligen Zeit und eines feministisch geprägten Artikels aus den USA habe ich diese These belegt, dass von wahrer sexueller und gesellschaftlicher Gleichberechtigung nach wie vor keine Rede sein kann, so sehr sie auch in Sonntagsreden beschworen und von vielen Menschen gewünscht wird. In diesem Artikel lieferte ich auch eine Übersetzung der Definition von Vergewaltigungskultur, wie ich sie in dem US-Amerikanischen Artikel fand: “Eine Vergewaltigungskultur ist ein System von Weltanschauungen, das männliche sexuelle Aggression ermutigt und Gewalt gegen Frauen unterstützt. Es ist eine Gesellschaft, in der Gewalt als sexy und Sexualität als Gewalt betrachtet wird. In einer Vergewaltigungskultur erfahren Frauen eine fortgesetzte Androhung von Gewalt durch sexuelle Kommentare über sexuelle Berührung bis hin zur Vergewaltigung selbst. In einer Vergewaltigungskultur wird physischer und emotioneller Terror gegen Frauen als normal betrachtet. Männer und Frauen nehmen an, dass sexuelle Gewalt einfach eine unvermeidbare Tatsache ist, genau wie die Steuern oder der Tod. Doch diese Gewalt ist weder biologisch noch durch göttliche Weisung aufgezwungen. Vieles von dem, was wir als unabänderlich betrachten, ist in Wahrheit der Ausdruck von Normen und Werten, die sich ändern können.”
Diese Übersetzung fand ich, brav mit der Quelle meines Blogs versehen, heute im Wikimannia-Artikel zum Thema, der naturgemäß eine ganz andere Sichtweise vertritt. Dort wird der Begriff als feministischer Kampfbegriff zur Unterdrückung der Männer gesehen.

Die Wikimannia ist kein wissenschaftliches Lexikon. Sie ist propagandistisches Sprachrohr jener Männer, die den Verlust ihrer patriarchalen Macht nicht verschmerzen können. Sie scheinen sich so minderwertig zu fühlen, dass sie ihre Macht für ihre Selbstbestätigung brauchen. Der Feminismus ist für diese Männer ein Unterdrückungsinstrument gegen ihr Geschlecht. Viele von ihnen halten sich für wertvoller als Frauen, andere zielen zwar auf Gleichheit ab, erkennen aber in feministischer Theorie und den staatlichen Förderprogrammen, den
Gleichstellungsbeauftragten und Frauenreferaten eine massive und ungerechtfertigte Bevorzugung von Frauen. Manche von ihnen sind am rechten politischen Rand anzusiedeln, andere sind nicht so festgelegt. Manche propagieren offen die Gewalt gegen Frauen, anderen würde eine Rückkehr zu den Zeiten des offiziell beschützenden Patriarchats reichen, wo die Frau ihre Kernaufgaben im Bett, am Herd und bei den Kindern erfüllt. Für dieses Konglomerat ist die Wikimannia eines der bedeutendsten Sprachrohre. Dementsprechend sind auch die Texte.

Ich habe seit 2012 zwei Freunde an diese unseelige, menschenverachtende Ideologie verloren. Lange und ausgiebig habe ich mit ihnen debattiert, aber am Ende brachen sie die Diskussion und den Kontakt ab, weil ich mich nicht auf ihre Kernthesen einlassen wollte, die da lauten:

1. Gewalt in der Familie geht überwiegend von Frauen aus.
2. Frauen unterdrücken Männer am Arbeitsplatz und halten viele wie Sklaven. 3. Frauen beuten Männer sexuell aus und üben häufiger als Männer auch Gewalt, sexuell und nicht sexuell, gegen Kinder aus.
4. Der Feminismus beraubt die Männer ihres rechtmäßigen Platzes in der Gesellschaft.
5. Viele, wenn nicht die meisten, Anzeigen wegen Vergewaltigung gegen Männer sind erfunden, um Männer zu unterdrücken und zu disziplinieren.

Wer diese Thesen nicht teilt, wird auch schon mal als “Pudelmännchen”, als feministischer Schoßhund, gebrandmarkt, wie es mir geschehen ist. Dabei gehöre ich mit Sicherheit zu den eher gemäßigten “Schoßhündchen”. Ich glaube, dass es im Post-Patriarchat viele entwurzelte Männer und vor allem Jungen gibt, die einer Förderung und der Stärkung ihrer Persönlichkeit bedürfen, einer Stärkung ihres Selbstbewusstseins, der Erkenntnis über ihre eigenen Gedanken und Gefühle zur Geschlechterwelt. Außerdem ist jeder Lobbyismus, sei er politisch, wirtschaftlich oder geschlechtlich motiviert, meiner Ansicht nach ein Greuel. Es gibt wohl so etwas wie einen feministischen Lobbyismus, dessen Ziel nicht mehr die Sache selbst ist, sondern die eigenen Pfründe und die eigene Macht. Im Gegensatz zu den sogenannten Männerrechtlern kann ich aber nicht erkennen, dass unser Land von einer Gruppe aus linken Frauen, vor allem Journalistinnen, Politikerinnen und Wirtschaftsführerinnen, unterwandert und insgeheim beherrscht wird.

Einer meiner Diskussionspartner, der mich ausdrücklich auf die Wikimannia als Informationsquelle zum gegenwärtigen Zustand der Geschlechtlichkeit in Deutschland verwiesen hat, zeigte übrigens ein interessantes Abwehrverhalten. Er behauptete ständig, ich und meinesgleichen würden ihm und seinesgleichen die Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut unterstellen, obwohl ich das nicht ein einziges mal getan hatte. Warum tut er das wohl?

Und nun bin ich in dieser Wikimannia mit einer Übersetzung verewigt. Immerhin besser als gar nichts, mag mancher sagen. Ich aber sehe das ganz anders. Ich möchte in einer Welt mit starken, selbstbewussten Frauen und Männern leben, in einer Welt, in der eine Frau nicht schon deshalb Angst vor Vergewaltigung und Diskriminierung haben muss, weil sie eine Frau ist. Partnerschaft heißt für mich genau das: Keiner soll bevorzugt, keiner soll benachteiligt werden. Förderung muss so lange durchgeführt oder auch neu aufgelegt werden, wie es strukturelle und tatsächliche Benachteiligungen gibt, bei Männern wie bei Frauen.

Und ich stehe zu meinem Artikel über die Vergewaltigungskultur. Frauen sind keine Sexualobjekte. “Eine Vergewaltigungskultur überträgt die Vorsorge und Verhinderung von Vergewaltigungen den Opfern. Sie lehrt Frauen, vernünftig und verantwortungsbewusst zu sein, sich nicht provokant zu kleiden, bestimmte Orte zu meiden und ähnliches, versäumt es aber, Männer zu lehren, Frauen nicht zu vergewaltigen”, schrieb ich am Schluss dieses Artikels, was auch eine Übersetzung aus dem amerikanischen Original war. Solange es diesen Zustand gibt, habe ich nichts davon zurückzunehmen.

Nach diesen Ausführungen wird Ihnen klar sein, wie groß meine “Ehre” ist, auf Wikimannia genannt zu sein, und sei es nur als Urheber einer Übersetzung aus dem amerikanischen. Nichts habe ich mit diesen Demagogen gemein, ich lehne ihre menschenverachtende Haltung strikt ab.

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Jens Bertrams Jens Bertrams

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