Von der Bier- auf die Schlachtbank

Veilingen, ein kleines Nest im Nirgendwo, verödet zusehends. Die heiß ersehnte Umfahrung hat dem Dorf die allerletzen Einnahmequellen in seinem Gasthaus genommen. Geblieben ist nichts als gute Luft und Langeweile. Und so sitzen die Veilinger sonntags auf Bierbänken vor ihren Humpen und lauschen den selbst komponierten Klängen der Lieder von „Elvis“, einem gescheiterten Zahnarzt.

Von der Bier- auf die Schlachtbank

Die Plaisieranstalt zu Gast im TAG in Wien (Foto: © Barbara-Palffy)

In VLAD, der derzeitigen Koproduktion der Plaisieranstalt mit dem TAG, gibt es jedoch ein probates Mittel, um die Langeweile zumindest im Theatersaal zu vertreiben: Musik. Die kommt aber nicht von Elvis, sondern wird bühnengerecht von allen performt, zu rockigen Klängen von Alexander Kaschte. Mit ihr wird die tiefschwarze Komödie von Raoul Biltgen in grelles Licht getaucht und die Botschaft hinter der Botschaft zumindest eine Zeit lang kaschiert.

Der Plot ist rasch erzählt: Jenni, die Dorfschöne, findet eines Morgens ihre beiden Kaninchen tot auf. Bald ist der Schuldige gefunden – das Muttersöhnchen Hansi – dessen Liebe sie verschmäht, aber dieser bestreitet vehement. Vielmehr legt er eine falsche Spur und bald glaubt das ganze Dorf, dass es sich um die Tat eines Vampirs gehandelt haben könnte. Rasch wir ein Vampirjäger engagiert, der sich jedoch als Niete herausstellt, ja ganz im Gegenteil statt den vermeintlichen Vampir zu vertreiben, erst einen richtigen anlockt. Und nun ist das Dorf in wahrer Aufruhr.

Was bis dahin als rockige Landoper, im Sinne eines Verschnittes des Rocky-Horror-Show,
erschien, wandelt sich plötzlich in ein sozialkritisches Stück in dem die Gemeinschaft – inklusive Pfarrer – Jenni opfern will, nur um die eigene Haut zu retten. Mit Parolen wie „Veilingen darf nicht Rumänien werden“ oder „Bürgerwehr statt Blutsauger“ platziert Biltgen mehr als deutliche Zeitbezüge, die nicht überhört werden können. Subtil schleicht sich seine Gesellschaftskritik ins Geschehen, übertüncht von Klamauk und Rockklängen, so subtil, wie es das Böse und Niederträchtige auch im richtigen Leben tut. Und unversehens, von einem Augenblick auf den anderen, sind alle mitschuldig.

Eine Bombenbesetzung, Maya Henselek als Jennifer – kindisch-lasziv, Georg Schubert – wortgewaltig und mit Macherqualitäten ausgestattet, Christian Himmelbauer – schmierig liebesblöd, Erika Deutinger – mutterliebesblind und obrigkeitsgehorsam, sowie Raoul Biltgen und Giuseppe Rizzo in mehreren Rollen überzeugend, spielt vor dem filmisch- und computeranimiertem Hintergrund als gälte es, Preise für das beste Ensemble abzuräumen.

So locker und flockig der Abend über die Bühne geht – zum Schluss ist der bittere Geschmack des immergleichen Rudelverhaltens nicht mehr von der Zunge zu bekommen.


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