Je mehr man konsumieren kann, umso angesehener ist man. Aber auch: jeder kann in jeden Laden gehen und unter tausend Markennamen einen wählen und (falls die Mittel vorhanden sind) den kaufen. Ist das nicht wunderbar?
Die ersten die das als Rückschritt in unserer Entwicklung erkannt haben war die Jugendbewegung der Hippies in den 60ern. Sie lebten den Konsumverzicht, und die Bewegung wuchs rasant. Aber dann geschah etwas erstaunliches: diese Hippie-Bewegung wurde selber zu einem Produkt! Sie wurde zu einer Marke (noch heute gibt es den Hippie-Look) und alles wurde zu einer neuen Konsumwelle. Daher trugen die „alten“ Hippies bereits 1967 ihre Kultur/Idee symbolisch zu Grabe!
Weitere Beispiele für dieses Phänomen:
- Junge Leute ziehen frech alte (kaputte) Jeans an.
Reaktion: die Kleiderlabel bieten Jeans mit Löchern an, die wie alt aussehen aber viel kosten. - Starbucks-Gegner trinken Fair-trade Kafee.
Reaktion: Starbucks bietet auch Fairtrade an und vermarktet ihn erst noch als „Kaffeetrinken als Beitrag zu mehr Gerechtigkeit“ – (New Rules of Green Marketing). - Gesundheitsbewusste vermeiden Zucker und Aspartam.
Reaktion: Cola bietet sofort ein „Grünes Coke“ an – in einer „PlantBottle® für eine bessere Zukunft“ (laut Werbung).
Als Konsument sind wir vollkommen absorbiert durch den Markt. Jedes Ding, das verkäuflich ist, bekommt einen Markennamen. Jeder alternative Trend wird sofort von Unternehmen in ihre Produktlinie integriert – und mit einem geschützten Produktlabel versehen.
Eine Situation, die es in der ganzen Menschheitsgeschichte noch nie gab!
Interessant ist aber, dass Rohstoffe (also unverarbeitete Dinge) keine Markennamen haben. Kirschen oder Baumwolle, Holz oder Lehm, Rohmilch oder Fleisch haben zwar manchmal eine botanische, zoologische oder geologische Benennung, aber der Label fehlt.
Wollen wir vom Konsument wieder zum Individuum werden, so gelingt dies offenbar nur durch den Verzicht auf den Konsum von verarbeiteten Gütern. Da ich das zwar will aber nicht kann, bleibt uns nichts anderes übrig, als mit Leib und Seele Konsument zu bleiben – und abzuwarten wohin das führt.
Narrenschiff / 65×46 / Acryl auf Zeichenpapier / 2014, Nr 14-015