Die KulturStiftung Rügen lädt am Sonnabend zur Finissage mit Karla Sachse in die Orangerie Putbus ein.
Vor genau 27 Jahren konnten Arbeiten von Karla Sachse schon einmal in der Orangerie Putbus, dem seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts künstlerischen Ausstellungszentrum der Insel Rügen, ausgestellt werden. In der legendären ersten Mail-Art-Ausstellung »Beziehungen / Relations« zu Jahresbeginn 1985, die mit 103 Arbeiten von 55 Künstlern aus 11 Ländern für Furore sorgte, weil auch ausstellende Künstler der Bundesrepublik Deutschland (unter ihnen der heutige Akademiepräsident Klaus Staeck), aus Österreich, Italien, Dänemark und den USA vertreten waren, gab Karla Sachse ihren Einstand mit drei Foto-Abzügen im Postkartenformat, die man auch offen postalisch, ganz im Sinne der Mail-Art (Post-Kunst), versenden konnte.
Im Rondell der Orangerie, von dem die beiden Hauptausstellungsräume im Erdgeschoss ausgehen, sieht man in der aktuellen Präsentation der Künstlerin, die sie mit Bedacht »Berührungen« nennt, eine originelle, über den Köpfen der Ausstellungsbesucher schwebende Installation, in der das geübte Auge Adressenartefakte entdeckt, die sich über Jahre bei Karla Sachse ansammelten, so gesehen als Sekundärbeleg derer, die mit ihr in Sachen Kunst Jahr um Jahr grenzüberschreitend kommunizierten, mehr oder weniger offensiv beäugt von den Staatssicherheitsorganen der DDR, die subversive Aktivitäten witterte im Sinne von: Wie kann es sein, dass eine DDR-Bürgerin als Pädagogin(!) inoffizielle künstlerische Kontakte in die West-Welt hinein pflegt, sich unkompliziert auf dem legalen Postweg austauscht, die zu Ausstellungsprojekten einlädt und eingeladen wird.
Karla Sachse, studierte und promovierte Kunst-Pädagogin, seit Jahrzehnten als Künstlerin im Grenzbereich der Visuellen Poesie tätig, wurde ab 1977 vom Postkunstbazillus ihres auf Rügen durch Ausstellungen nicht unbekannten Lebenspartners Joseph W. Huber (1951 – 2002) angesteckt, hat allerdings sehr bald eigenständige Wege beschritten. Ihre Denk-Zeichen gegen das Vergessen, so das »Fragenband« am ehemaligen Gefängnis des NKWD und der Stasi in der Berliner Prenzlauer Allee, haben ihren Ruf als originäre, geschichtlich verortete Künstlerin unter Beweis gestellt.
Ein Einzelschicksal sensorisch so zu spiegeln, künstlerisch-poetisch aufzuladen und ungewöhnlich in Szene zu setzen, dass sich Betroffenheit und Erkenntnisgewinn einstellen können, ist die Stärke auch der in Putbus gezeigten Lebens-Schau.
In der jetzt vorliegenden, von der KulturStiftung Rügen geförderten und von Antje Bartel vorbildlich gestalteten Dokumentation zur Ausstellung fragt die Künstlerin sich und uns als Betrachter: »Wie tief kann ein Blick in das Sein eines anderen Menschen dringen? … Wie wird aus verschiedenen Blick-Winkeln ein Lebens-Bild?« Karla Sachse (K.S.) hat die Antwort mit dieser ungewöhnlichen Präsentation über das Lebensschicksal von Ursula Bartel (U.B.) selbst gegeben. Noch können wir sie sehen und über sie reden; zur Finissage am Sonnabend ab 15 Uhr sogar mit der aus Berlin erwarteten Künstlerin, mit Freunden, nahen Bekannten und Verwandten, vor Ort in der Orangerie.
Die KulturStiftung Rügen und die Galerie des Landkreises laden sehr herzlich ein. Walter G. Goes