Von Abschied, Trauer und anderen Dingen die nicht glücklich machen

Von Nadine

Eine Bilderbuchwoche ist was anderes… Viele lange Tage und kurze Nächte ohne Ruheinseln für mich. Mein Mann war lange unterwegs. Beinahe sechs Tage. Wir vermissten ihn. Wir verplanten die Tage so gut es ging, damit die Zeit schneller rum geht. Am Donnerstag Abend kam er endlich wieder Heim, die Freude war groß. Als ich am Freitag bei meiner Freundin im Kosmetikstudio saß, überfiel mich der Stress der ganzen Woche plötzlich. Ich konnte eine Weile aufhören zu funktionieren und große Müdigkeit kam schlagartig über mich. Ich merkte, wie der Stress der vergangenen Tage plötzlich von mir abfiel.


Das Wochenende stand vor der Tür. Normalerweise hätte ich mich darauf gefreut. Doch nicht immer läuft es so, wie man sich das wünschen würde. So stand mir ein schwerer Weg bevor.

Vielleicht habt Ihr vor ein paar Wochen meinen Abschiedsbrief gelesen. Mit diesen Zeilen verabschiedete ich mich von meinem besten Freund, der mich beinahe 20 Jahre begleitete und plötzlich und viel zu früh einfach so starb. Und den ich viel zu lange nicht gesehen hatte, was ich heute zutiefst bereue.

Fast vier Wochen sind seitdem vergangen. Ewig erhielt ich kaum Infos darüber, was überhaupt genau passiert ist. Ewig wurde nichts organisiert – warum auch immer. Ich verstehe es nicht. Und so kamen wir erst am Samstag zusammen, um Abschied zu nehmen.

Es war ein grauer Tag und ich wachte schon mit Bauchschmerzen auf. Ich trat mit Bauchschmerzen die 1stündige Fahrt an. Als die ersten Worte über ihn geredet wurden brach es gleich aus mir heraus. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich ihn nicht mehr wiedersehe, ist er in meinem Kopf doch noch so lebendig, dass ich das Gefühl habe, er müsste jeden Moment anrufen oder um die Ecke kommen und mich mit seiner flapsigen Art aufmuntern.

Es war ein Tag voller Zwiespalte. Die Trauer überwog, gleichzeitig freute ich mich darüber, Freunde wiederzusehen, die ich ebenfalls viel zu lange nicht mehr gesehen habe. Uns alle brachte dieses schlimme Ereignis zum Nachdenken, geht man doch oft viel zu locker Mit seinen Freundschaften um und lässt oft Monate, vielleicht sogar Jahre ins Land ziehen, bis man sich wiedersieht.

So saßen wir noch eine ganze Weile zusammen, redeten über Gott und die Welt und dachten an unseren Freund, den wir verloren haben – erschüttert darüber, dass wir schon so früh so etwas erleben müssen. Das machte uns klar, das wir nicht wissen, wieviel Zeit uns noch bleibt.

Auf der einsamen Heimfahrt flossen unentwegt Tränen. Die Trauer legte sich wieder wie ein Schleier über mich. Der verspätete Abschied fühlte sich an, als wäre er zwei Mal gestorben, sind doch bereits vor ein paar Wochen schon so viele Tränen geflossen. Es fühlt sich wieder so an, als wäre es gerade erst passiert. Und so fuhr ich mit tränenverschleierten Augen Kilometer für Kilometer.

Als ich die Zuhause die Tür aufschloss, stand ich plötzlich wieder mitten im Leben. Mein Sohn sprang freudig um mich herum, meine Tochter strahlte mich an. In die endlose Stille mischte sich Freude und Kinderlachen. Leben und Tod liegen so nah beieinander.

Ich fühlte mich so furchtbar ausgelaugt und erschöpft, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Ich wollte mich einfach nur ausruhen. Doch das Leben ließ es nicht zu.

Auch die Nacht war wenig erholsam, der immer selbe Traum ließ mich immer wieder aufwachen. Gefangen von Erinnerungen und diesem Traum, kam ich auch heute nicht zur Ruhe. Die Tränen fanden immer wieder ihren Weg. Am Morgen im Bad, mittags beim Kochen, bei jedem melancholischen Lied im Radio, beim Wäsche sortieren – einfach immer. Und ich frage mich: Wird das jemals aufhören?

Sicher wird der Schmerz irgendwann nachlassen. Und trotzdem…

Ich habe im Laufe meines Lebens schon so viele gehen sehen. Die meisten waren alt, viele waren krank, gehörten alle über Jahre zu meinem Leben, jeder auf seine Art. Jeder Abschied ist traurig und schlimm. Aber selten fühlte es sich so schmerzhaft an wie jetzt. So sinnlos.

Was bleibt sind die vielen, bunten Erinnerungen und die Hoffnung auf ein Wiedersehen.

Und neue Freundschaften, die durch diesen bitteren Verlust entstanden sind.


Die vergangenen Tage zählen wirklich nicht zu denen, die man genießen konnte. Den ganzen Tag rotierte ich zwischen Traurigkeit, Frustration, Wäschebergen und einem Haushalt, der schon viel zu lange brach lag. Es gab so viel zu tun und immer wieder vertröstete ich meinen Sohn, der mit mir spielen wollte. Ich hasse solche Tage. Viel getan und doch nichts geschafft. Und ich ärgere mich, dass es hier im Haus tatsächlich so schlimm aussah, dass ich es einfach nicht mehr ignorieren konnte. Viel lieber hätte ich die Zeit meinem Mann und meinen Kindern gewidmet. Den Menschen, die mir wichtig sind. In meine Trauer mischte sich wieder mal das schlechte Gewissen.

Zeit. Davon hat man immer zu wenig.

Und ich stelle fest:

Das Leben ist zu kurz, um unglücklich zu sein. Doch manchmal ist man unglücklich, eben weil das Leben zu kurz ist.

Verbringen wir mehr Zeit mit unseren Familien, mit unseren Freunden, mit all unseren Herzensmenschen. Denn wir können nicht wissen, wie viel Zeit uns noch bleibt.