Vom viel haben und noch mehr wollen

Nach mehr als einem Jahr im Überfluss wird es mir zu viel. Immer wieder habe ich versucht, wieder mit dem Bloggen anzufangen.
Immer wieder hat sich etwas in mir gesträubt bei dem Gedanken daran.
Immer wieder wollte ich Fotos machen von neuen Produkten, die ich nicht brauche,
um sie Leuten vorzustellen, die sie noch weniger brauchen.

Warum?
All das fing an als ich ausgezogen bin. Ein Grund für mein verändertes Konsumverhalten ist und war der plötzliche Umgebungswechsel. Der Umzug vom Land, an dem es so gut wie nichts gibt, kaum Geschäfte und wenn man einkaufen will, so muss man sich die Zeit nehmen und in den nächst größeren Ort fahren.
Gezogen bin ich nach Wien. In eine Stadt, wie kaum eine andere in Österreich. Eine Stadt, in der es an jeder Ecke Geschäfte gibt, an jeder Ecke Werbung und genauso an jeder Ecke Gratisproben und Dingen, die man nicht kannte und plötzlich haben möchte.

Eine Zeit lang habe ich mich darauf eingelassen. Ich begann, mich nach Erfolgen mit kleinen oder nicht ganz so kleinen Käufen zu belohnen und oft, wenn ich nicht wusste, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte, ging ich einkaufen.

Das Einkaufen wurde zu einem Hobby.
Ich begann, Freude an Kosmetik zu entwickeln und so wurde immer mehr Kosmetik gekauft. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem es mir gut erschien, meine Freude mit anderen zu teilen.

Doch welchen Ursprung hat diese Freude?
Warum freue ich mich darüber, neue Dinge zu besitzen?  

Diese Fragen stellte ich mir zu der Zeit nicht.
Also begann ich, zu bloggen. Immer schon lag mir Fotografie am Herzen.
Perfekt schien es also, mein neues Hobby und meine Leidenschaft zu verbinden.
Eine Zeit lang ging das ganz gut, bis immer mehr Kosmetik einzog und ich nicht mehr wusste, wohin mit dem Zeug.
Das stoppte mich nicht und hinderte mich nicht daran, weiter zu kaufen.
Ich lernte Leute kennen, die genau das selbe taten – ebenso Blogger – und fühlte mich verstanden und sah meine Gewohnheit als richtig an.
Für jeden Beitrag hatte ich ein neues Produkt, dieses wurde so lange ungenutzt aufgehoben, bis ich ein Foto davon hatte – denn benutzte Lippenstifte sieht niemand gerne.

Doch, freute ich mich dann wirklich über den Lippenstift oder freute ich mich nur auf die Klicks?

Ich beginne langsam, die Dinge anders zu sehen.
Manchmal, da sehe ich meinen Instagram-Account durch und möchte einfach alles nur löschen. Vielleicht ist das nur eine Phase, ich denke aber einfach, dass mich mittlerweile die Realität einholt.
Ich sehe meine Bilder an, viele gefallen mir, manche stoßen mir bitter auf.
Ich sehe all meine Produktempfehlungen, all diese Fotos, die euch wahrscheinlich auch dazu angeregt haben, etwas zu kaufen. Weiter zu konsumieren. Euer Geld für Dinge auszugeben, die ihr nicht braucht, die euch aber vielleicht für eine Sekunde glücklich machen.

In Wirklichkeit macht es euch nicht glücklich, diese Dinge zu besitzen. Oder zumindest mich macht es nicht glücklich. Mich macht(e) das Kaufen glücklich. Dieser kurze Moment, in dem ich ein weiteres Ding in meinen Besitz wandern sah. Heute habe ich so viele Lippenstifte, die alle ein Ausdruck von mangelnder Willensstärke sind. Sie sind ein Ausdruck einer Art Sucht oder einer Art von Zeitvertreib.
Hätte ich das Geld gespart, so könnte ich mir wahrscheinlich jetzt eine kleine Reise leisten. Traurig aber leider wahr.

Es sind nicht Dinge, die uns am Ende in Erinnerung bleiben.
Stellt euch vor, ihr seid nun 85 Jahre alt oder sogar 90 und ihr seid kurz davor, zu sterben. Kein netter Gedanke, ich weiß.
Trotzdem möchte ich, dass ihr euch das kurz vorstellt.
Ihr liegt also da und habt noch kurz Zeit, über euer Leben nachzudenken.
Werdet ihr euch denken: „Hach bin ich froh, dass ich mir dieses und jenes gekauft habe…“ Oder werdet ihr euch denken: „Gut, dass ich das mit dieser Person erleben durfte.“
Für mich wird es wahrscheinlich Letzteres sein.

Das soll keine Anleitung zum Verzicht sein, eher eine Anleitung zum Glücklichsein.
Klar, man darf und soll sich manchmal auch etwas gönnen.
Doch nicht andauernd.

Woher weiß man noch, was Freude ist, wenn man diese ständig erlebt?

Ich habe für mich beschlossen, mich zu ändern. Gerade bin ich dabei, meine Kosmetik auszumisten. Denn wisst ihr was? Ich trage kaum noch Lippenstift. Das Bloggen, so wie ich es betrieben habe, war für mich Gift. Es tat und seine Resultate tun mir nicht gut.
Zudem werde ich Marken wie MAC nicht mehr unterstützen und nur noch Kosmetik kaufen:
1) wenn ich sie brauche und
2) wenn sie garantiert Tierversuchsfrei hergestellt wurde.
Dieser Weg und dieser Schritt sind vielleicht nicht leicht und für mich klingt es gerade lächerlich, wenn ich sage, dass es nicht leicht wird.

Ich frage mich nur, wie ich mich in diesem Konsumspinnennetz verfangen konnte und wie ich dort wieder rauskomme.

Ich habe für mich herausgefunden, dass das nicht das ist, das mich glücklich macht und deshalb will ich daran arbeiten. Ein erster Schritt war es für mich, den meisten Profilen und Blogs, die mich zu mehr Konsum treiben, zu entfolgen. Es ist für mich besser, mich mit Leuten zu umgeben, die einen positiven Einfluss auf mich ausüben.

Mittlerweile tut es mir fast weh und leid, einen Blog und einen Account betrieben zu haben (und sogar noch zu betreiben), von dem ich dachte, er könnte Freude verbreiten und teilen. In Wahrheit war alles, was ich damit tat, einen Konsumkreisel zu füttern, der eigentlich schon vollgestopft war.

Sollte ich in Zukunft Produkte bewerben, so werden dies Produkte sein, die mich zu 100% überzeugen und von denen ich will, dass sie verbreitet werden. Produkte von Firmen, die eine gute Philosophie haben, die es wert sind, gefördert zu werden.

Ich möchte außerdem – wenn ich blogge – Beiträge schreiben, von denen ihr auch etwas habt oder etwas dazugewinnen könnt.

Diesen Artikel habe ich geschrieben, um euch zu zeigen, dass wahlloser Konsum nicht glücklich macht. Ich habe Fehler gemacht und bin froh, dass ich sie relativ früh eingesehen habe. Vielleicht bewahren die paar Worte ja den oder die eine oder andere davor, dieselben Fehler zu machen.

Hier noch ein paar Personen, die ich mag und Seiten/Videos, die mich inspiriert haben:

Bea Johnson ist übrigens am 21.09. in Wien. Im Gartenbaukino bekommt ihr noch Tickets!



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