Zalando, Burger King und andere Marken sind in den letzten Wochen Empfänger von diversen Attacken (“Shitstorms“) auf ihren Facebook-Seiten geworden.
Auslöser waren in den beiden genannten Fällen Reportagen im Fernsehen, die bestimmte Missverhältnisse offengelegt haben. Die eigentliche Frage, die mich bewegt, ist der Umgang der einzelnen Marken mit dieser Extrem-Kritik innerhalb des Community Managements.
Was macht man bei einem negativen Kommentar auf der Pinnwand?
Als wir 2009 die ersten Kundengespräche geführt haben wäre immer (wirklich immer!) das Unternehmen so vorgegangen: “Nicht lange überlegen, sondern direkt löschen!”
Etwa 5 Jahre und unzählige genau dadurch ausgelöste (durch das Löschen kritischer Posts) Shitstorms später gehen Unternehmen immer (nicht wirklich immer!) wie folgt vor: “Stehen lassen!”
Zwischen dem Löschen und Stehenlassen befindet sich noch ein gewaltiger Interpretationsspielraum.
Ich versuche in diesem Beitrag das Vorgehen der oben genannten Marken mit einer aus der Verbrechensbekämpfung stammenden Theorie zu vergleichen. Und der Frage nachzugehen, ob die Broken Windows Theorie im Community Management sinnvoll ist?
Die Broken-Windows-Theorie (englisch für „Theorie der zerbrochenen Fenster“) bezeichnet ein in den Vereinigten Staaten entwickeltes Konzept, das beschreibt, wie ein vergleichsweise harmloses Phänomen, beispielsweise ein zerbrochenes Fenster in einem leer stehenden Haus, später zu völliger Verwahrlosung führen kann.
Quelle: Wikipedia
Jetzt gehe ich davon aus, dass eine Facebook Community nicht als “leer stehendes Haus” zu sehen ist, aber wenn ein “Fenster” zerbrochen wird (“kritischer Beitrag”) muss darauf regiert werden. Ein “Zero-Tolerance”-Vorgehen wäre nun das sofortige Reparieren des Fensters sowie gleichzeitige Strafverfolgung der Verursacher. Adäquat in Facebook würde dies heißen: Post löschen und Poster bannen. Jetzt ist die Kritik kein Straftatbestand und wie bereits oben erwähnt wirken restriktive Maßnahmen innerhalb von Facebook Communities immer hilflos.
Es geht in Sozialen Medien, wie der Name bereits sagt, um Menschen. Diese stehen im Mittelpunkt und in Kommunikation mit der Marke auf Augenhöhe.
Nun zerbricht ein Fenster – in diesen beiden Fällen durch eine Reportage.
Was passiert danach?
Hunderte oder besser Tausende von Fans (oder bisher Noch-Nicht-Fans) schreiben ihren Unmut auf die Pinnwand der Facebook-Seite.
Und was dann?
Zalando sagt zwar was, aber zieht sich danach zurück. (Anm.: Es gab, sofern ich es richtig überblicke, 2 Posts und eine Internetseite mit Erklärungen rund um das Thema.) Wie eine Verabschiedung ins Tagesgeschäft aussehen kann sieht man hier:
Beitrag von Zalando.Warum klebt Zalando ein zerbrochenes Fenster nur zu?
Es liegt meiner Meinung nach wahrscheinlich daran, dass es keine spürbaren Umsatzeinbußen gibt. Viele Unternehmen bekommen immer wieder Vorwürfe zu den jeweiligen Methoden, entscheidend sind jedoch deren Auswirkungen. Mein Gefühl sagt mir: Ja, es gibt Leute die Zalando nicht mögen und die bis heute (rund 30 Tage nach dem Bericht) aktiv gegen Zalando auf Facebook posten. Den Großteil der Kunden hält dies nur begrenzt davon ab zu kaufen. Sprich: in Bezug zur Broken Window Theorie ist deutlich, dass das Fenster zerbrochen ist, aber nachgewiesen zu sein scheint, dass kein anderes Fenster oder Gebäude einen Schaden davon tragen wird. In so manchen Blogposts & Kommentaren habe ich lesen können, dass die Doppelmoral der Verbraucher angeprangert wird: Meckern & trotzdem kaufen.
Und Burger King reagiert ganz anders!
Warum reißt Burger King den ganzen Häuserblock ab?
Restaurants geschlossen, Franchisenehmer-Geschäftsführer ausgetauscht, TÜV in Restaurants und Anzeigenkampagne… um nur einige zu nennen.
Burger King scheint tief in die Trickkiste der Krisenberater zu greifen. Die einzelnen Taktiken kann man auch auf Facebook lehrbuchmäßig nachvollziehen:
1. Transparenz schaffen und das aktuelle Reagieren nachvollziehbar machen
Beitrag von Burger King Deutschland.2. Die Leute auf dem Laufenden halten
Beitrag von Burger King Deutschland.3. Stellung beziehen zu den Vorwürfen
Beitrag von Burger King Deutschland.Das Vorgehen von Burger King wird für mich vor allem nachvollziehbar, wenn der Burger-King-Chef über sinkende Umsätze klagt.
Aber nicht nur die Kunden bleiben fern. Ein Franchisesystem ist auch immer davon abhängig, wie viele Menschen bereit sind Franchisenehmer zu werden. Die gesamte Situation ist für Burger King vielschichtiger als für Zalando.
Ob jetzt ein Ende der Fast-Food-Ära einzuläuten ist wage ich zu bezweifeln. Aber auch andere Burgerbräter haben unter Aufklärungsjournalismus zu leiden.
Ganz objektiv kann ich von außen behaupten: Baut eure Häuser stabil und benutzt bruchsicheres Glas. Wenn trotzdem und ausnahmsweise etwas passiert gilt es im Prinzip so zu handeln wie beide Marken es in Ansätzen zeigen. Wenn dadurch eine wirkliche Erkenntnis entsteht, dass es ein Geschäftsmodell zu optimieren gilt, weil Verbraucher etwas anderes wünschen, ist Social Media jedenfalls der Kanal auf dem sich Marken Inspiration holen können. Burger King will auf jeden Fall viel geändert haben. Vielleicht sollten mehr Marken von vorne herein wie Starbucks handeln und konstruktiv mit Ideen der Kunden umgehen.