Vom Fels ins Eis: Drytooling im Wipptal

Von Berghasen

Bereite dich beim Drytooling im Wipptal auf die Eisklettersaison vor! An der Stafflacher Wand bei St. Jodok findest du die perfekten Rahmenbedingungen.

Die Steigeisen knarren am Fels, mit den Eisgeräten hänge ich in künstlich gebohrten Löchern, meine Unterarme brennen, als ich mich zum nächsten Hook hochziehe. Das erste Mal Drytooling ist eine enorme, körperliche Herausforderung – und im Wipptal ein ganz spezielles Erlebnis. Denn dort gibt es neben perfekt eingerichteten Drytooling-Klettergärten auch für Anfänger geeignete Drytooling-Mehrseillängen. Ein Angebot, das alpenweit einzigartig ist!

In diesem Beitrag erfährst du zunächst, was Drytooling ist und was es dir fürs Eisklettern und den Bergsport im Allgemeinen bringt. Danach erhältst du Topos und Infos zum Drytooling im Wipptal. Und wir zeigen, wie du Drytooling am besten erlernst.

Drytooling: Klettern mit Steigeisen und Eisgeräten im Fels

Drytooling ist eine noch recht junge Disziplin im Bergsport. Darunter versteht man das Klettern mit Steigeisen und Eisgeräten im Fels.

Ihren Ursprung hat die Sportart im Mixed-Klettern – einer Disziplin, die einst durch den Ehrgeiz der Eiskletternden entstand, immer schwierigere Eisrouten zu bewältigen. In modernen Mixed-Routen kommt es häufig vor, dass man längere Passagen im trockenen Fels klettern muss. Daraus hat sich sowohl der Name als auch die Disziplin Drytooling generell abgeleitet. Denn Drytooling bedeutet übersetzt etwa trockenes Werken.

Beim Drytooling kletterst du mit Eisgeräten und Steigeisen im Fels.

Mittlerweile nutzen Eiskletterer das Drytooling, um die spezifischen Bewegungen beim Eisklettern auch ohne Eis zu simulieren. So hat sich das das Drytooling mittlerweile als eigene Kletterdisziplin etabliert. Auch eine eigene Schwierigkeitsskala gibt es, die von D1 bis D15 reicht.

Auch Eiskletterwettkämpfe finden in Form von Drytooling statt. Allerdings nicht im Fels, sondern an künstlichen Wänden, ähnlich den Lead-Bewerben im Sportklettern.

Eisklettern ohne Eis: wozu Drytooling?

Wie bereits erwähnt kannst du dich mit Drytooling perfekt auf kombinierte Routen vorbereiten. Aber es hat noch andere Vorteile.

Da die Eisklettersaison vor allem bei uns im Alpenraum leider recht kurz ist, bietet es sich an, sich schon vorweg auf die raren Eistage vorzubereiten. Sind die Bedingungen dann endlich gut, startet man nicht komplett kalt in den Eisfall oder die Nordwand, sondern kann mittels Drytooling vorweg schon spezifische Übungstage sammeln. In Summe ist Drytooling die beste spezifische Vorbereitung auf das Eisklettern, die es abseits von Eistouren gibt.

Vor Jahreswechsel sind meist noch keine Eistouren möglich und Ende Februar ist die Eisklettersaison häufig schon wieder vorbei. Deshalb ist Drytooling im Herbst die ideale Vorbereitung auf das Eisklettern und ein wesentlicher Garant dafür, dass die Form im Eis stimmt.

Drytoolen kannst du bei jeder Witterung. Es ideal, um sich schon im Herbst aufs Eisklettern vorzubereiten und an kalten oder nassen Tagen eine gute Alternative zum Sportklettern.

Drytooling kannst du bei fast jeder Witterung durchführen. Selbst dann, wenn die Klettergärten nass, vereist und schneebedeckt sind oder die Lawinengefahr zu groß ist, um sich im freien Gelände zu bewegen.

Auch für Sportkletterer ist Drytooling eine super Alternative. Ist der Fels nass oder die Temperaturen schlichtweg zu kühl, kann man mit Steigeisen und Eisgeräten dennoch klettern und die Armkraft und Klettertechnik verfeinern. Silvan Schüpbach, langjähriger Eiskletter-Nationaltrainer des SAC, drückt es in einem SAC-Artikel so aus: „Warum soll ich auf Eis warten oder mit kalten Fingern Sportklettern gehen, wenn man vor der Haustüre bei jedem Wetter mit Handschuhen Drytoolen kann?“

Grund genug also, sich die Sportart näher anzusehen!

Drytooling an der Stafflacher Wand bei St. Jodok im Wipptal

Im Wipptal und seinen Bergtälern südlich von Innsbruck gibt es ein einzigartiges Drytooling-Angebot. Die Stafflacher Wand bei St. Jodok bittet Kletterern aller Art einen idealen Spielplatz. Vom Klettersteig über einen Sportklettergarten bis hin zu Mehrseillängenrouten und neuen Drytooling-Möglichkeiten wird dort alles geboten!

Seit dem Klettersteigbau im Jahr 2012 wurde das vertikale Angebot in der Stafflacher Wand laufend ausgebaut. Dahinter steckt ein ganzes Team, das im Wesentlichen von Idealismus getrieben wird: Werner Gürtler, Thomas Senfter, Peter Veider, Gregor Gatt, Benjamin Jenewein, Arthur Haas, Michael Gratl und einige weitere Personen helfen dabei, das Beste aus dieser sonnigen Wand herauszuholen.

Die Sektoren an der Stafflacher Wand. Diese Übersicht zeigt den Klettersteig, die Sportkletterrouten sowie die Drytooling-Klettergärten und Mehrseillängen. Übersicht hier in guter Auflösung herunterladen!

Der neueste Clou der Erschließer: ein umfangreiches Drytooling-Angebot in den für Sportkletterer wenig lohnenden Wandteilen. Die Drytooling-Routen in den Schwierigkeitsgraden 4-8 in der Stafflacher Wand, nahe des Peter Kofler Klettersteigs, eignen sich bestens, um sich auf die Eiskletter-Saison vorzubereiten. Neben erfahrenen Kletterern kommen aber genauso Anfänger auf ihre Kosten!

Drytooling-Möglichkeiten im Wipptal im Überlick:

  • Drytooling-Klettergarten Toolpark
  • Drytooling-Klettergarten Oktoberrevolution
  • Drytooling-Mehrseillängen: Höhenfieber (D4) mit Variante Höhenrausch (D6+), Pfeilerweg (D6) mit Variante Volltreffer (D8)
Hier findest du alle Infos zum Drytooling im Wipptal!

Drytooling-Klettergarten Toolpark

Der Drytooling-Klettergarte Toolpark ist das ideale Übungsgelände für Anfänger, bietet aber auch ideale Linien für erfahrene Kletterer! Im Toolpark findest du acht Routen nach dem Kletterhallen-Prinzip: Pro Hakenlinie und Stand gibt es vier Linien – eine Rote (leicht) eine Blaue (mittel) und eine Schwarze (schwer). Verwendest du alle Farben, ist die Linie mit sehr leicht bewertet. In Summe kommst du so auf knapp 30 unterschiedliche Routen.

Drytooling-Klettergarten Toolpark an der Stafflacher Wand im Wipptal. Topo hier in guter Auflösung herunterladen!

Die Kletterei reicht von Platten und Kanten bis hin zu kleineren und größeren Überhängen. Kurze Hakenabstände garantieren angstfreies Klettern. Die Routen eignen sich aber auch super zum Topropen, weil du dir über die leichteste Variante eine Route im Vorstieg einhängen und danach eine schwierigere im Toprope versuchen kannst.

Die Tritte und Hooks (Platzierungen für die Eisgeräte) sind farblich markiert und die Hooks bei den leichteren Routen in kürzeren Abständen als Löcher in den Fels gebohrt, sodass du perfekt das Setzen der Eisgeräte üben kannst. Auch die Angst, dass das Eisgerät abrutschen und dich am Kopf treffen könnte, fällt dadurch weg.

Drytooling-Klettergarten Oktoberrevolution

Oktoberrevolution ist ein kleiner, aber feiner Drytooling-Klettergarten mit Routen im Schwierigkeitsgrad D4 bis D7-. Anders als im Toolpark gibt’s hier weniger Routen. Vier von fünf Linien verfügen über gebohrte und markierte Hooks, die schwierigste führt über natürliche, nicht markierte Hooks.

Drytooling-Klettergarten Oktoberrevolution. Topo hier in guter Auflösung herunterladen!

Der Name Oktoberrevolution spielt übrigens nicht auf die kommunistische Machtübernahme 1917 in Russland an, wie mir Thomas Senfter versichert. Vielmehr haben er und seine Freunde den Klettergarten im Oktober vor ihrer Eiskletterreise nach Norwegen eingerichtet, um sich zuhause bestens darauf vorzubereiten. „Das Training damals war so revolutionär und die Form in Norwegen so gut, dass wir dem Klettergarten einfach diesen Namen geben mussten.“

Drytooling-Mehrseillängen

Ein Drytooling-Mehrseiler an der Stafflacher Wand im Wipptal ist etwas Besonders. Erwischt man nämlich den richtigen Zeitpunkt, kann man nach der letzten Seillänge am Gipfel den Sonnenuntergang bestaunen und danach entlang der Abseilpiste flott zurück an den Wandfuß gleiten. Etwas oberhalb des Ausstiegs der Routen hat Thomas Senfter ein kleines Gipfelkreuz mit Holzbankerl installiert – der perfekte Rastplatz nach der Drytooling-Tour!

Wir haben uns für unseren Drytooling-Auftakt die 11 Seillängen lange Drytooling-Route Höhenfieber (D4) ausgesucht. Aufgrund der moderaten Schwierigkeiten, der guten Absicherung und der kurzen Seillängen eignet sich die Route besonders für Anfänger und all jene, die mal ins Drytooling hineinschnuppern wollen.

An der Stafflacher Wand im Wipptal findest du diese Drytooling-Mehrseiler:

  • Höhenfieber (11 Seillängen, D4) mit Variante Höhenrausch (D6+) nach der 5. Seillänge
  • Pfeilerweg (6 Seillängen, D6) mit Variante Volltreffer (D8) nach der 7. Seillänge
Drytooling-Mehrseiler an der Stafflacher Wand. Topo hier in guter Auflösung herunterladen!

Beide Routen haben gebohrte Hooks, markiert sind sie allerdings nur im Pfeilerweg (rot).

Anreise zum Drytooling im Wipptal

Das Wipptal ist perfekt an der öffentliche Verkehrsnetz angeschossen. Reise am besten bequem mit der Bahn an. Mit dem Fernverkehrszug nach Innsbruck und von dort aus mit der S-Bahn in 15 Minuten nach St. Jodok. Vom Bahnhof kannst du direkt zu den Klettergärten aufsteigen.

Folge zunächst den Beschilderungen zum Klettersteig. Nach dem letzten Haus biegst du rechts zur Rumlich-Kapelle ab. Dort triffst du auf einen markierten Wanderweg, den du in den Wald hinein folgst. Nach wenigen Minuten taucht rechts das Schild „Drytooling Kletterrouten“ auf. Rote Punktmarkierungen leiten dich von dort weg steil direkt zum Fuß der Stafflacher Wand.

Als erstes erreichst du die Mehrseillängen-Routen. Zum Klettergarten Toolpark biegst du kurz vor der Felswand nach rechts ab und folgst du dem Weg nochmals für etwa 10 Minuten. Nach einem kurzen Steilstück erreichst du den Klettergarten. Die Topos befinden sich auch am Wandfuß.

Vom Bahnhof steigst du zur Kapelle am Ortsrand von St. Jodok auf. Die Drytooling-Klettergärten an der Stafflacher Wand erreichst du vom Bahnhof St. Jodok zu Fuß in 30 Minuten.

Drytooling lernen: Kurse im Wipptal

Drytooling – das Klettern mit Steigeisen und Eisgeräten im Fels – hat sich in den letzten Jahren von einer Randsportart zu einer etablierten alpinen Spielform entwickelt. Besonders in der Zwischensaison ist das Drytooling eine perfekte Vorbereitung auf die kommende Eisklettersaison. Wie überall sonst, lernt man auch beim Drytooling am besten von den Profis.

Die perfekten Rahmenbedingungen dafür findest du bei einem 4-tägigen Drytooling-Kurs in St. Jodok im Wipptal. Der Drytooling-Kurs an der Stafflacher Wand ist ideal, um dich an die Bewegungsabläufe und das Klettern mit Eisgeräten und Steigeisen zu gewöhnen.

Die Klettergärten an der Stafflacher Wand sind das perfekte Übungsgelände. Im Toprope kannst du dich dort auch flexibel an schwierigeren Routen versuchen.

An einsteigertauglichen Routen in leichten Schwierigkeitsgraden mit ausgezeichneter Absicherung (Hakenabstand teils unter einem Meter) und gebohrten Hooks sowie in den leichten Mehrseillängen-Touren kannst du dich in sicherem Umfeld im Drytooling versuchen. Bergführer Thomas Senfter freut bietet im Dezember drei Kurse an.

Hier findest du mehr Infos zum Drytooling-Kurs!

Drytooling-Ethik: Klettere nur in ausgewiesenen Gebieten

Drytooling findet überwiegend in der Natur statt und es werden immer mehr Drytooling-Routen und -Klettergärten erschlossen. Es ist klar, dass diese denselben Regeln unterliegen wie die anderen Klettersportarten. Verhalte dich ruhig, hinterlass keinen Müll und schau, dass du bei Dämmerung nicht mehr im Wald bist, um Wildtiere nicht zu stören.

Zudem gibt es beim Drytooling einige ungeschriebene Gesetze: So werden keine bestehenden Kletterrouten mit Eisgeräten und Steigeisen begangen, denn der Fels wird dadurch beschädigt! Drytooling-Routen und -Gebiete werden deshalb nur an für das Sportklettern unattraktiven Felsen eingerichtet.

Wie an der Stafflacher Wand im Wipptal werden in vielen Drytooling-Routen die Hooks, also die Griffe, gebohrt. Etwas, das im modernen Sportklettern absolut verpönt ist.

Was du sonst noch übers Drytooling wissen musst

  • Die Platzierung der Pickel im Fels nennt man Hook. Vor allem in Anfängerrouten werden die Hooks künstlich mit der Bohrmaschine gebohrt, um das Platzieren der Eisgeräte zu erleichtern.
  • Da du beim Drytooling keinen direkten Felskontakt mit den Fingern hast, ist es anfangs schwierig einzuschätzen, wie gut die Pickel halten. Stürze passieren oft unerwartet und können durch die scharfe Ausrüstung zu Verletzungen führe. Übe zu Beginn am besten im Toprope und gut abgesicherten Routen!
  • Die Eisgeräte verschieben den Körperschwerpunkt. Das kann dazu führen, dass man bei einem Sturz leichter kopfüber im Seil hängt. Starte deshalb am besten im Toprope, unabhängig davon, wie gut du im Sportklettern bist.
  • Trage immer einen Helm! Nicht nur wegen Kopfüber-Stürzen, sondern auch wegen der oft schlechten Felsqualität in Drytooling-Routen. Hier passieren viel eher Ausbrüche im Fels an in Sportkletterrouten. Rutscht dir ein Eisgerät aus dem Hook, kann es dich außerdem leicht am Kopf treffen. Eventuell wäre auch ein Zahnschutz sinnvoll!
St. Jodok – ein kleines Idyll im Wipptal.
Hinweis: Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem Tourismusverband Wipptal entstanden.