Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch (VollzugsFBA) ergibt sich nicht aus § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sondern aus einer anderen Quelle. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist lediglich die prozessuale „Tür“, die einen Weg zur Durchsetzung eines VollzugsFBA ermöglicht. Im einstweiligen Rechtsschutz ist es allerdings strittig, ob § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ebenfalls „nur“ zur prozessualen Durchsetzung dient oder ob es als Anspruchsgrundlage fungiert.
Herleitung
- Rechtsstaatsprinzip: Dagegen spricht, dass das Rechtsstaatsprinzip ein fundamentales objektiv-rechtliches Staatsprinzip ist und somit daraus keine subjektiven Rechte für Individuen hergeleitet werden können.
- Gewohnheitsrecht: Auf Gewohnheitsrecht kann nur zurückgegriffen werden, sofern es keine gesetzliche Regelung existiert bzw. kodifiziertes Recht ausscheidet. Da das Institut des VollzugsFBA aus den Grundrechten hergeleitet wird, scheidet demnach eine Herleitung aus Gewohnheitsrecht aus (siehe unten).
- Grundrechte: Grundrechte verleihen dem Einzelnen Abwehrrechte gegenüber dem Staat bzw. um den Einzelnen vor rechtswidrigen Handeln des Staates zu schützen. Daraus folgt, dass erst Recht bei vorliegen von staatlichen rechtswidrigem Handeln der Einzelne einen Anspruch auf Folgenbeseitigung gegen den Staat hat. Der VollzugsFBA wird somit aus den Grundrechten hergeleitet.
Schema
- Hoheitliches Handeln
- Eingriff in ein subjektives Recht
- Fortdauern der Beeinträchtigung
- Gegen künftige Beeinträchtigung hilft nicht der VollzugsFBA, sondern der allgemeine und vorbeugende Unterlassungsanspruch.
- Keine Duldungspflicht
- Beachte: auch rechtswidrige Verwaltungsakte entfalten Wirksamkeit und somit eine Duldungspflicht, vgl. § 43 Abs. 2, 3 VwVfG. Daher muss der Betroffene immer erst den Verwaltungsakt „vernichten“ mittels Anfechtungsklage, um dann einen Annexantrag auf Vollzugsfolgenbeseitigung gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO (oder § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO bzw. § 80a Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt, Abs. 3 VwGO iVm. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO oder § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO iVm. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) stellen zu können. Erst die Aufhebung des (rechtswidrigen) Verwaltungsaktes durch ein Gericht lässt die Duldungspflicht entfallen.
- Zurechenbarkeit (Beeinträchtigung / Staat)
- Rechtliche und faktische Möglichkeit und Zumutbarkeit der Wiederherstellung des vorherigen Status quo
Weitere Zuläsigkeitsvoraussetzungen bestehen beim VollzugsFBA nicht. Sofern der Fall entsprechend Hinweise gibt, wird der VollzugsFBA im Rahmen der Statthaftigkeit der Klage- bzw. Antragsart angesprochen. Erst nachdem geprüft und festgestellt wurde, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, die Anfechtungsklage somit begründet ist, kommt dann ein weitere Punkt, nämlich der des VollzugsFBA.