Volksdichtung Lügenmärchen

Ich will euch singen und will nicht lügen:
Ich sah drei gebratene Hühner fliegen,
sie flogen also schnelle,
sie hatten die Bäuche gen Himmel gekehrt,
den Rücken nach der Hölle.

Ein Amboß und ein Mühlenstein,
die schwammen zusammen über den Rhein,
sie schwammen also leise.
Da fraß ein Frosch einen glühenden Pflug
zu Pfingsten auf dem Eise.

Es wollten drei Kerls einen Hasen fangen,
sie kamen auf Krücken und Stelzen gegangen;
der eine konnt nicht hören,
der andere war blind, der dritte stumm,
der vierte konnt sich nicht rühren.

Nun will ich euch singen, wie es geschah:
Der Blinde zuerst den Hasen sah
im Feld geschwind hertraben.
Der Stumme rief dem Lahmen zu,
da faßt ihn der beim Kragen.

Es segelten etliche über Land,
die Segel hatten sie in den Wind gespannt
und segelten auf den Feldern.
Sie segelten auf einen hohen Berg:
Da ertranken sie all in den Wäldern.

Es ging ein Krebs auf die Hasenjagd:
Die Wahrheit kommt heraus mit Macht
und bleibt nicht lang verschwiegen.
Es lag eine Kuhhaut auf dem Dach,
die war da hinaufgestiegen.

Hiermit will ich mein Lied beschließen,
sollt es die Leute gleich verdrießen,
und will nicht länger lügen;
in meinem Land sind die Fliegen so groß
als hierzulande die Ziegen.


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