Viviane Élisabeth Fauville

Viviane Elisabeth Fauville

Titel:  Viviane Élisabeth Fauville
Originaltitel: Viviane Élisabeth Fauville
Autor: Julia Deck
Genre: Belletristik
Seiten: 144 Seiten
Verlag: Verlag Klaus Wagenbach
ISBN-10: 3803132517
ISBN-13: 978-3803132512

Erste Sätze:
Das Kind ist zwölf Wochen alt, und sein Atem wiegt Sie im ruhigen und gleichmäßigen Rhythmus eines Metronoms. Sie sitzen beide auf einem Schaukelstuhl inmitten eines gänzlich leeren Zimmers. Die von den Umzugsmännern aufeinandergestapelten Kisten säumen die rechte Wand.

Klappentext:
Ein Mord ist geschehen. Viviane Élisabeth Fauville sieht sich selbst, wie von fremder Hand geführt, durch Paris irren. Die Hinweise verdichten sich, es scheint nur eine Frage der Zeit.
Dieser flirrende Roman zeigt eindrucksvoll, wie weit eine Frau zu gehen bereit ist, die alles verloren glaubt.

Inhalt:
Viviane Élisabeth Fauville ist Anfang vierzig und ihr Leben steht Kopf. Ihr Mann hat sie verlassen, dass einstige Zuhause bietet keinen Schutz mehr, die neue Wohnung ist noch kahl und leer. Geborgenheit kommt dort nicht auf, doch diese braucht sie, für sich und ihre zwölf Wochen alte Tochter. Dieses Durcheinander ist Nährboden dafür, einen Therapeuten aufzusuchen, doch einer dieser Besuche eskaliert, plötzlich ist ihr Psychoanalytiker tot, ermordet von ihr und obwohl sie flüchten kann, bleibt die Angst ihr im Nacken sitzen, weil es doch nur eine Frage der Zeit ist, bis sie überführt wird.
Zeitungen berichten über den Mord, Verdächtige und ein Motiv. Viviane sucht die Verdächtigen auf, will ihre Welt kennenlernen, um ein Teil des Ganzen zu werden, um herauszufinden, was ist und was nur aufgemalt war. Zwischen diesen Unternehmungen verliert sie sich scheinbar selbst und am Ende bleibt den Leser nur die Frage: Wahn oder Wirklichkeit?

Meine Meinung:
Liest man die Inhaltsbeschreibung, man könnte beinahe davon ausgehen, hier würde es sich um einen Kriminalfall handeln, obwohl man den Mörder zwar schon kennt, allerdings der Polizeiarbeit bewohnen kann, entdecken könnte, was es braucht, um jemanden zu überführen. Davon könnte man ausgehen, aber die Tatsache ist, dass das Buch davon weit entfernt ist. Über wenige Tage begleitet der Leser Viviane, die eine Stille Ahnung hat, ihren Psychoanalytiker getötet zu haben, ohne im Nachhinein wirklich noch ein Motiv nennen zu können, es war vermutlich blinde Wut, die sie dazu trieb. Sie beginnt zu recherchieren, während die Polizei ihr noch nicht auf die Schliche gekommen ist, untersucht sie das Umfeld ihres Therapeuten und stößt schon bald auf durchaus brisante Themen, die ihr Gedankenkonstrukt zum Schwanken bringen. Sollte man Erinnerungen blind vertrauen, wie lässt sich der bittere Beigeschmack erklären, der sich wie ein Film um einen legt?

Die Erzählperspektive ist aussagekräftig und wohl eine Sache, von der die Geschichte profitiert. In manchen Sätzen wird man direkt angesprochen, fühlt sich vollkommen in die Situation aufgenommen, rutscht vielleicht gerade deswegen ein bisschen unruhig hin und her, dann wechselt es aber in die Ich-Perspektive, man nimmt ein bisschen Abstand, atmet durch, weil man realisiert, dass man nicht gefangen ist in den Worten, dass es ja eigentlich doch die Geschichte eines anderen Menschen ist und nicht die eigene.

Befremdlich war, dass manchmal, wenn von Viviane die Rede war, oft „wir“ oder „uns“ verwendet worden ist, als wäre die Frau mehrere oder als wäre der Leser zu einem direkten Mittäter degradiert worden, es stellte sich bei diesen Zeilen eine Gänsehaut ein, Unwohlsein machte sich breit, aber es ist gelungen, wenn Worte in der Lage sind, einen in Angst und Schrecken zu versetzen, ohne große Grausamkeiten, dann kann man vor einem Autor nur den Hut ziehen und sich bedanken, für die Gefühlexplosion, die man erleben darf.

Befremdlich mag es zwar auch wirken, die ganze Angelegenheit und doch wiegt man sich in dem Glauben, zu verstehen, was da vor einen geht, aber Tatsache ist, dass man überhaupt keine Ahnung hat. Was man sich durch Logik aufgebaut hat, wird in den letzten Atemzügen gesprengt und hinterlässt einen Trümmerhaufen aus den Fragen, was ist die Wirklichkeit und was nur eine fragile Illusion? Diese Tatsache, dass man dieses Buch nicht einfach ablegen kann, es nachhallt und gehört werden möchte, lässt dieses dünne Büchlein, doch ein ganz großes Werk sein.

Fazit:
Gänsehaut entsteht auf der Haut, wenn man als Mittäter durch die Geschichte stolpert und immer nur auf das Ende wartet, die Aufdeckung der Tat, die zwar nur als schlummernde Erinnerung im Kopf wohnt und doch so deutlich fassbar ist, dass man die Hände um den Hals spürt, wie sie ihren Druck beständig verstärken, bis einen letztlich jegliche Luft geraubt wird.

5 Sterne

Auf das Buch bin durch Sophie gestoßen, die auch eine wunderbare Rezension auf ihrem Blog literaturen geschrieben hat.



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