Viola di Grado – Siebzig Acryl, dreißig Wolle

Viola di Grado – Siebzig Acryl, dreißig Wolle

Das Leben der 19-jährigen Camelia ist ein Albtraum: ihr Vater ist mitsamt seiner Geliebten bei einem Autounfall ums Leben gekommen, ihre Mutter weigert sich seitdem, zu sprechen und sie muss sich alleine dem Leben im trostlosen Leeds stellen. Um sich und ihre Mutter durchzubringen bricht sie ihr Chinesischstudium ab und verdingt sich als Übersetzerin für Waschmaschinenbedienungsanleitungen. Ihr Leben versinkt in Hoffnungslosigkeit und Trübsaal, bis sie eines Tages verschnittene Kleidungsstücke in einem Müllcontainer findet. Camelia ist fasziniert von der schrägen Ästhetik der Kleider und wird eines Tages von dem Chinesen Wen angesprochen, dessen Bruder Jimmy die Kleider genäht hat. Wen bietet ihr an, ihr Chinesischunterricht zu geben und sie meldet ihre Mutter, die seit Monaten nicht viel anderes macht als stumpfsinnig herumzuliegen oder Löcher zu fotografieren schließlich zu einem Fotokurs an. Es scheint aufwärts zu gehen…

Es begriff einfach keiner, dass es die Wörter sind, die sich dem Leben entgegenstellen, sie entstehen in deinem Kopf, du bildest sie in deinem Mund, doch dann schmierst du deine Stimme darüber wie Butter und tötest sie für immer. Die Sprache ist wie ein unbewusstes Krematorium, das teilen will und dabei doch zerstört, wie die Klinge an Edwards Scherenhänden, mit denen er dir das Gesicht zerschneidet, wenn er dich streichelt.

Viola di Grado reißt den Leser mit “Siebzig Acryl, dreißig Wolle” tief hinunter in das hoffnungslose Leben der jungen Camelia. Geschickt wie eine Spinne umgarnt sie ihre Leser mit kunstvollen, wortgewaltigen Sätzen und erfrischenden Vergleichen, allerdings schnürt einem der Lauf der Dinge irgendwann die Luft ab. Die Schlinge zieht sich zu und man glaubt, zu ersticken, ersticken an dem absoluten Mangel an Lebenslust der Protagonistin und ihrer umso größeren Affinität zur Selbstzerstörung. So schön di Grados Stil auch ist, so verstörend und fast schon widerlich ist die Geschichte. “Siebzig Acryl, dreißig Wolle” ist eines dieser Bücher, die eigentlich ein “Parental Advisory”-Logo auf dem Cover bräuchten.

Eine Junge Frau auf der Suche nach der verlorenen Schönheit der Welt, dem Ende des Winters und den richtigen Klamotten.

Das ist der Klappentext zu “Siebzig Acryl, dreißig Wolle”. Normalerweise tippe ich keine Klappentexte ab, ich finde es einfach schöner, die Handlung kurz in eigenen Worten zu wiedergeben. Aber hier finde ich die Diskrepanz zwischen dem, was der Klappentext verspricht und was sich tatsächlich zwischen den Buchdeckeln abspielt so gravierend, dass ich ihn euch nicht vorenthalten kann. Sicher, Camelia hadert mit ihren Leben und wünscht sich, sie könnte Leeds hinter sich lassen und ihrer Situation entfliehen. Und ja, sicher, sie fischt Kleidung aus Müllcontainern und beginnt wenig später, diese Altkleider zu verändern, zu zerstören und ihnen anschließend neues Leben einzuhauchen. Aber es geht genauso wenig um Mode wie um eine “aktive” Suche nach der verlorenen Schönheit der Welt. Der Klappentext klingt für mich eher nach harmlos-netter “Feel good”-Lektüre als nach dem, was sich auf den 254 Seiten tatsächlich abspielt.

Ich weiß nicht so recht, was ich von “Siebzig Acryl, dreißig Wolle” und Viola di Grado halten soll. Ihr Stil gefällt mir sehr gut, allerdings würde ich mir wünschen, dass sie ihr Schreibtalent auf einer anderen literarischen Spielwiese nutzen würde. Ihr Debütroman ist zunächst trostlos grau, dann zerstörend und zunehmend widerlich. Nicht im negativen Sinne, schließlich gehe ich davon aus, dass diese Wirkung der Intention der jungen Italienerin entspricht, allerdings: so ganz kann ich mich nicht damit anfreunden. Dennoch bin ich gespannt, was von di Grado noch so kommen wird.



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