Vier sind zwei zuviel...

Von Annibellie

Hin und wieder bekommen unsere Töchter Übernachtungsbesuch. 
Wir freuen uns ja wirklich immer über kleine Gäste. 
Aber seien wir doch mal ehrlich... Nicht nach 20.00 Uhr!! Nicht zur Prime Time!!

Trotzdem geben wir regelmäßig nach...
***
Punkt 17.00 Uhr. Es  klingelt und Hanni & Nanni, die Freundinnen meiner Töchter, stehen vollbepackt wie für eine dreiwöchige Dschungelexkursion vor unserer Tür. 
Zum üblichen Gepäck wie Zahnbürste & Schlafanzug, haben die beiden noch etwas mehr eingepackt...
Einen Schmusekuscheltiger, die neuen Badeanzüge und Taucherbrillen die Oma & Opa aus dem Urlaub mitgebracht haben, Schokolade - für jeden eine eigene Tafel natürlich - , 10 Rewe-Tierstickertütchen OHNE ALBUM, das hübsche Prinzessinnenkleid , welches dem Mini-Annibellie so gut gefällt, eine Lillifeezeitschrift und nicht zu vergessen eine Tüte Chips... 
Gut, das überleben in der Wildnis unserer Vier-Zimmer-Wohnung sollte damit gesichert sein. 

Die beiden Großen verziehen sich gleich in ihr Zimmer und wollen nicht gestört werden. 
"Anklopfen Mama, wenn Du rein willst"... Rums ist die Tür zu.
Man hört bis zum Abendessen nur hin & wieder leichtes gekicher und den unermüdlichen Volker Rosien und seine Tanzalarmkids...

Auch die beiden kleinen verschwinden verschwörerisch sofort im anderen Kinderzimmer...
Als ich kurze Zeit später das Zimmer der Minis betrete, trifft mich fast der Schlag. Die beiden haben ein bisschen Platz geschaffen, damit das Teufelsgespann nebeneinander liegen kann.
Sie haben die Gästematraze unterm Bett rausgeholt, sich meine Bettdecke samt Kissen geholt und im Kleiderschrank nach einem passenden Nachtoutfit gesucht. 
Die Kleinmöbel haben sie mit vereinten Kräften weggeschoben und mitten im Raum stehen lassen... Vorher mussten die schweren Schubladen natürlich leer gemacht werden. Vom Boden ist nicht mehr viel zu sehen.

Während ich versuche dem Chaos gegenzusteuern indem ich beginne zunächst die sauberen Klamotten wieder in den Schrank zu räumen, reden sie. Ununterbrochen. Sie quatschen als ginge es um ihr Leben!
Sie fragen mich ob ich ihre Pullis schön finde, welche Hose mir besser gefällt, erzählen dass Hanni ihr Meerschweinchen mitbringen wollte aber die Mama habe es nicht erlaubt, berichten wen Nanni alles zu ihrem Geburtstag einladen will und das die kleine Annibellie dringend ein neues FCBayern "Tikko" braucht. Und während sie reden hüpfen sie ohne Unterbrechung vom Bett auf die Gästematraze.
Meine Aufforderung das Zimmer aufzuräumen geht im Lärm ungehört unter und ich merke, dass es nervenschonender und vor allem schneller ist allein aufzuräumen. 

Ich beschließe die beiden in den Garten zum toben zu schicken. Die müssen sich unbedingt auspowern... sonst bin ich bald ausgepowert!
Während sie draußen lauthals verstecken spielen räume ich das verwüstete Kinderzimmer auf und versuche das Abendessen vorzubereiten. 
Von den Großen ist nichts außer dem CD Player zu hören! 
Misstrauisch und auf alles vorbereitet luge ich heimlich ins Kinderzimmer.
Zwei  engelsgleiche Schulmädchen sitzen in ihre Malbücher vertieft am Schreibtisch und malen Lillifeebilder aus... Ein Traum!
Dieser kurze friedliche Moment wird jäh von einem schrillen Schrei aus dem Garten unterbrochen. Die beiden Satansbraten hängen kopfüber vom Klettergerüst und kommen nicht mehr runter. Ich renne barfuß durch die nasse Wiese und rette die beiden. Kaum bin ich wieder im Haus schreit es erneut. Die sind doch nicht schon wieder... ??Wie von der Tarantel gestochen sprinte ich zurück in den Garten. Wo beide Mädels mir freudestrahlend zeigen wollen, wie hoch sie im Trampolin hüpfen können. Ich kapituliere und erlaube das sie sich im Fernsehen eine Folge Petterson & Findus anschauen dürfen. Kaum ist der Fernseher an, geht die Kinderzimmertüre auf und die anderen beiden kommen auf leisen Sohlen ins Wohnzimmer geschlichen.
Endlich ist Ruhe. Wie hypnotisiert sitzen die vier wie die Hühner auf der Stange auf unserer Couch und starren in die Glotze. Ich atme tief durch.
Ein Blick auf die Uhr erlaubt mir die ersehnte Flasche Wein zu öffnen. 
Mit einem leckern Gläschen Chardonnay und einem erleichterten Lächeln auf den Lippen koche ich in Ruhe weiter.  
In der Zwischenzeit kommt der liebste Ehemann von allen nach Hause und ich unterichte ihn kurz und knapp über den bisherigen Verlauf unseres Übernachtungsbesuchs.

Der Film ist aus und wir beginnen mit dem Essen. 
Hanni & Nanni sehen sich quer über den Tisch tief in die Augen und schon geht es los.
"Das mögen wir nicht!"
Was? Spaghetti Bolognese? Das ist doch ein Kinderessen?!!
"Wir mögen die Soße nicht! Unsere Mama macht die Nudeln immer ganz anders!!"
Mmhh... Was wollt ihr dann? Vielleicht ein Brot?
"Sokolade" tönt es mir gleich von der Minifraktion entgegen.
Aaahhh daher weht der Wind...

Nach knallharten Löffelverhandlungen einigen wir uns auf einen Kompromiss. Sie essen ein bisschen Nudeln und ich kümmere mich um eine Nachspeise. Ich räume die halbleeren Teller ab und hole vier Überraschungseier aus der Küche. Glücklicher Weise  sind alle zufrieden mit dem Inhalt und sie verschwinden ohne Gemecker in den jeweiligen Übernachtungsgemächern. 

Die beiden Großen ziehen ihre Schlafanzüge an, putzen sich kichernd die Zähne, suchen gemeinsam eine Gute-Nacht-Geschichte aus und warten geduldig das ich ihnen noch vorlesen komme.

Die kleinen allerdings sehen überhaupt nicht ein einen Schlafanzug anzuziehen. Sie haben sich doch heute Nachmittag extra ihre Schlafoutfits raus gelegt und werden nur in diesen schlafen gehen. Punkt.
Etwas kraftlos erlaube ich ihnen über den Schlafanzug ein Sommerkleid anzuziehen, wenn sie dafür gleich zähneputzen gehen.
Die beiden Ignorieren meine Aufforderung und verstecken sich kichernd hinter der Tür. 

 Ich sage etwas energischer dass sie jetzt ihren Schlafanzug anziehen sollen und gehe ins Bad um die Zahnbürsten vorzubereiten. Als ich zurück komme liegen die beiden noch immer angezogen auf dem Bett und machen mit der Lampe mit Händen Schattenfiguren an die Wand. 

Endlich habe ich die beiden im Bad vor dem Waschbecken. Vor lauter herumalbern schmiert sich das kleine Annibellie die Zahnpasta an den Schlafanzugärmel.
Sie steckt ihn sofort in den Mund, lutscht die Zahnpasta ab und wundert sich wie seltsam das sei, dass die Zahnpasta auf der Zahnbürste gut, auf dem Ärmel aber so eklig schmeckt. Sie fragt uns ob wir mal probieren wollen. Hanni verschluckt sich vor Lachen und bekommt einen Hustenanfall... Ich bekomme auch gleich einen..

Nach einer gefühlten Ewigkeit liegen alle vier Kinder in dem für sie vorgesehen Bett. Natürlich nicht ohne mir vorher das Versprechen abgenommen zu haben, dass sie morgen gleich ganz in der Früh die mitgebrachten Badeanzüge und Taucherbrillen in unserer Wanne ausprobieren dürfen.

Meinetwegen... morgen ist ja noch soooo weit weg!

Gute Nacht!Eure Julia