Vier Moderatoren muss kein Fehler sein - Gegenvorschlag zu Stefan Niggemeier

Mit seinem mittlerweile berühmten Vorschlag, beim TV-Duell vollständig auf Moderatoren zu verzichten und stattdessen die Kandidaten ein echtes Duell durchführen zu lassen, hat Stefan Niggemeier einen Nerv getroffen. Es gibt wohl niemanden, der das offizielle Duell als besonders spannende oder informative Angelegenheit wahrgenommen hat - Begriffe wie "Duett" prägen stattdessen die Berichterstattung. Die Hauptkritik entlädt sich zurecht gegen das Format. Aber ist die Anzahl der Moderatoren wirklich entscheidend?
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Der Knackpunkt am Duell war die Person Stefan Raabs. Ich behaupte nicht damit allein gewesen zu sein, seine Berufung mehr als skeptisch zu sehen und umso mehr davon überrascht zu sein, wie gut er seine Sache machte. Raab, im Gegensatz zu Illner und Will (von Kloeppel, der normalerweise Berichte von Silikonimplantaten auf RTL "spannend" finden muss, gar nicht zu reden), betrieb einen ziemlich bodenständigen ("King of Kotelett", "Was jetzt, ja oder nein?") Stil, der offensichtlich gut ankam (BILD-Schlagzeile "Der Gewinner des Duells - Raab!"). Gleichzeitig kann man natürlich nicht erwarten, dass bei so etwas noch allzuviel Substanz übrig bleibt; vielmehr sind hier die soft skills der Kandidaten gefragt, also schlicht, sich bei den Wählern positiv in Szene zu setzen. Der Einrichtung des TV-Duells liegt ein Gegensatz zugrunde, der das Format vor entscheidende Probleme stellt und der mit Merkel und Steinbrück überdeutlich sichtbar wurde - was sind eigentlich die Waffen des Duells? Ging es um Fakten und Politikdiskussion? Dann hätte Steinbrück klar gesiegt, denn Merkel lässt sich auf so etwas nicht ein. Ging es um das Repräsentieren? Da gewinnt Merkel, unser aller Mutti. Geht es um das Vermeiden von Fettnäpchen, die vielleicht erst hinterher in der genauen Analyse auffallen (Stichwort Besteuerung von Renten)? Dann gewinnen immer die Journalisten. Ging es um das Informieren des Wählers, um dem die Wahlentscheidung zu erleichtern? Hier ist das Resultat sehr gemischt, denn laut Umfragen ließen sich zwar viele für Steinbrück einnehmen, aber ob der Informationsstand danach so viel höher ist, darf bezweifelt werden. Der Gegensatz zeigt sich deutlich: das TV-Duell ist entweder voll mit Informationen auf sehr konkretem, aber auch komplizierten und technischen Niveau - oder es ist mehr ein Duell der Repräsentation, in dem es weniger darum geht, was man sagt, sondern wie man es sagt. Dieser Gegensatz bringt einiges Kopfzerbrechen. Denn 17 Millionen Zuschauer erreicht so ein Duell nicht, wenn auf hohem Niveau über die Finanzpolitik der EZB und die Fallstricke des subventionierten Strommarkts diskutiert wird. Man mag das bedauern - und ich für meinen Teil tue es - aber gleichzeitig nicht einfach wegwünschen. Das krachige, krawallige, muss auch dabei sein, um die Sache spannend zu halten - die typischen Fragen von "Wer wirkt sympathischer", "Wer wird erwischt", "Wer trägt welche Kette" und ähnliches. Und hier kommt mein Gegenvorschlag zu Niggemeier ins Spiel. Das Schlüsselwort nämlich ist "auch". Ich kann eigentlich beides haben, und zwar ganz besonders mit vier Moderatoren. Trotz Raabs Überraschungserfolg würde niemand auf die Idee kommen, das nächste Duell von Harald Schmidt, Daniela Katzenberger, Elton und Raab moderieren zu lassen. Aber warum muss man jemanden wie Raab künstlich auf eine seriösere Haltung polen? Man könnte stattdessen von unterschiedlichen Stilrichtungen massiv profitieren. Machen wir für einen Moment das Gedankenspiel: Wir haben einen Krawall-Journalisten wie Raab in seiner TV-Total-Verfassung, der Fragen mit Bumm-Gehalt in einfacher Sprache stellt, vielleicht auch solche nach Trivialitäten. Dabei würde es eh nicht um den Inhalt gehen, sondern darum, wie der Kandidat sich gibt, wie er reagiert. Das Repräsentieren quasi. Dann könnte man die üblichen Talkshowverdächtigen einbinden, die auf halbwegs verständlichem Niveau die üblichen Fragen stellen - was gerade eben Standard im Journalismus ist und, soweit ich das überblicken kann, durchaus vom Publikum auch gewünscht und goutiert wird, auch wenn (oder weil) der Erkenntnisgewinn überschaubar bleibt. Für die Politiker wäre das auch vertrauter Terrain, weil sie hier die Möglichkeit haben, sich so zu zeigen wie sie das wollen, ohne echte Überraschungen. Und ein Journalist müsste so eine Art Günter Gaus sein, der tiefsinnige, ernsthafte Fragen stellt, nicht zwingend zu Details, aber welche, die eben eine gewisse Kenntnis der Materie auch voraussetzen und die Lust am drüber-nachdenken-und-debattieren (Beispiel). Der Vorteil dieses Formats wäre auf der einen Seite, dass man für jeden Geschmack etwas dabei hat. Das Publikum würde also von dem Duell wesentlich mehr profitieren. Auf der anderen Seite ist es nicht so berechenbar und eingefahren, weil sich der Stil ständig ändert, was natürlich den beteiligten Politikern mehr abverlangt - ein bisschen wie ein Town Hall Meetin in den USA, nur stärker formalisiert. Das große Problem bleibt natürlich, wie man die Politiker (und Journalisten) zur Einhaltung der Regeln zwingen kann, das heißt vor allem, eine Antwort auf die tatsächlich gestellte Frage zu geben. Hier sollte vielleicht einfach bei der Bewertung des TV-Duells explizit einbezogen werden, wie sich die beteiligten Personen an das Reglement halten. Für Steinbrück wie für Merkel wären die Noten hier furchtbar gewesen, aber auch die Journalisten brachen ihre eigenen Regeln gerne einmal. Wenn das die Regel bleibt, macht keine Reform des Formats irgendeinen Sinn, und es kommt nur dieselbe Kakophonie heraus, die der "Dreikampf" Gysis, Trittins und Brüderles war. Und das braucht wahrlich niemand.

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