“Viele Turbo-Schüler gescheitert”, lautet die erste Schlagzeile in den Kieler Nachrichten heute. Im Artikel geht es um die geringe Erfolgsquote beim Turbo Abi in Schleswig -Holstein. “Von den mehr als 11 200 Schülern, die im Sommer 2008 an die neuen G8 Gymnasien wechselten, dürften nur 6400 in diesem Sommer ihr Abi machen – das sind lediglich 57%.”
In Kiel sind alle Gymnasien bis auf eines, G8- Gymnasien.
Zwei unserer Kinder besuchen ein G8 – Gymnasium. Anna ist in der 8.Klasse und hat sich gut sortiert, allerdings hat sie bis auf Harfenunterricht und Badminton keine weiteren außerschulischen Termine – mehr.
Mit Julius der von der Waldorfschule aufs Gymnasium wechselte, sieht es etwas anders aus. Wir entsprachen seinem Wunsch zusätzlich zum Cello auch noch Saxophon lernen zu dürfen, neben dem Instrumentalunterricht spielt er auch im Orchester. Julius hat in der Woche nahezu keine Freizeit. An 3 Tagen in der Woche ist er erst nachmittags zurück, nach einer kurzen Pause werden Hausaufgaben gemacht und gelernt. Es gibt auch Wochenenden die der Vorbereitung von Klassenarbeiten zum Opfer fallen. Mag sein, dass das auch dem Wechsel von Waldorfschule zu Gymnasium geschuldet ist. Verabreden kann er sich höchstens Samstag.
Anna und Julius fühlen sich in ihrer Schule sehr wohl. Es ist ein Gymnasium mit familiären Ambiente und einer besonderen Atmosphäre. Für uns war immer klar: Das ist auf jeden Fall Karlas Schule! Karla ist unser kleiner Düsenjet. Am allerwohlsten fühlt sie sich auf der Bühne. Sie singt, tanzt, spielt Theater und das mit Leidenschaft.
“Karla”, lagen wir ihr immer wieder in den Ohren, “du musst was abwählen. Das wird so im Gymnasium nicht mehr funktionieren. Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen.” Unter Tränen hatte ich ihr eine Theater AG gestrichen. Die Frage war, begrenzen wir Karla in ihrem kreativen Drang um G8 möglich zu machen oder suchen wir eine Gemeinschaftsschule. ” Ich kann mit nichts aufhören! (Betonung auf das Ausrufezeichen.) Ich singe genauso gern, wie ich Theater oder Geige spiele und ins Orchester will ich auch.”
“Dann wird das nichts mit G8 -Karla.”
Karla überlegte einige Tage, dann stand ihr Entschluss fest. ” Es ist schade das ich nicht auf dasselbe Gymnasium wie Anna und Julius gehen werde, aber ich habe mich dafür entschieden meine Hobbys weitermachen zu können. Ich werde auf eine andere Schule gehen, eine mit mehr Zeit.”
G8 macht aus meiner Sicht wenig Sinn. Es bleibt kaum Zeit um nach links oder rechts zu sehen. Wem nützt dieses eingesparte Jahr, den Schülern bestimmt nicht. Der Wirtschaft wahrscheinlich auch nicht, weil viele Abiturienten sich die Zeit dann danach nehmen-zurecht. Wollen wir stromlinienförmige, gedrillte junge Menschen die unter dem Zeitdruck Gefahr laufen zu zerbrechen? Wem nützt dieses eingesparte Jahr?
