Vieldeutiges Warten

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Kürzlich war ich bei den drei Burgruinen Wartberg, erbaut vom Grafen von Homburg – Landvögte mit teils üblem Ruf. Sie liegen auf dem Wartberg, neben der Ortschaft Muttenz (früher Mittenz, wohl Ort der Mitte).

Ich denke über den Namen Wartburg nach.
Worauf wartet wohl die Burg, oder der Graf? Ich denke an den prominenten Namensvetter, die Wartburg in Thüringen, wo Luther sich versteckt hielt und die Bibel ins Deutsche übersetzte. Worauf wartete diese Burg? Zuhause bei der Recherche stelle ich fest, dass es mindestens 25 Wartburgen und –berge gibt. Ein wichtiger Name also.

Die Warte ist ein Ort der Ausschau. In der Sternwarte schaut man zu den Sternen. Auf der Warte steht natürlich ein Wärter. Der beobachtet die Gegend und bewacht sein Objekt. Weil er seiner Warte auch Sorge gibt und sie pflegt, sagt man: er wartet sie. Heute gibt es noch: den Hauswart, der die Liegenschaft wartet; den Tankwart, welcher das Auto ein bisschen wartet; den Torwart, der sein Goal hütet oder den Wärter im Zoo. Und übrigens: die Stewardess, der Steward – die haben dasselbe „ward“ also „warten“ in ihrer Berufsbezeichnung, sie hüten und pflegen die Laune der Passagiere.

Wenn Du etwas oder jemanden erwartest, dann hältst Du dessen Kommen für wahrscheinlich. Wenn Du gewärtig bist (vom alten Verb „gewarten“) dann beobachtest Du etwas, erhoffend oder befürchtend.

Wenn ich das nächste Mal auf die Straßenbahn oder in der Schlange warte, dann sehe ich mich als Wärter in einer langen Tradition. Wartend will ich die Situation warten: sie pflegen, hüten und schätzen.


Gemälde oben: Nachtwache / 50cm x 72cm / Gouache auf Filzmatte / 2011. Nr. 11-065
Foto unten: Hundeskulptur in einer Strasse in Arlesheim