Puh... das Buch sah so harmlos aus und hat gerade mal 150 Seiten. Ich hatte echt nicht mit so starkem Tobak gerechnet.
Zur Story
Die Geschichte ist fix erzählt: Jade und Vicky sind seit dem Kindergarten unzertrennlich. Mittlerweile sind sie 15 und machen immer noch alles gemeinsam - bis Vicky einen Unfall hat und stirbt. Jade ist am Boden zerstört. Doch Vicky lässt sich von einer Kleinigkeit wie ihrem eigenen Tod nicht davon abhalten, Jade Gesellschaft zu leisten - auch wenn Jade es vielleicht gar nicht möchte.
Warum ich Bauchschmerzen hatte...
Mir war bewusst, dass es um ein Mädchen geht, deren beste Freundin stirbt, ich habe also trotz des kindlichen Covers und des sehr geringen Umfangs des Büchleins eine eher traurige Geschichte erwartet. Was ich jedoch überhaupt nicht einkalkuliert habe, ist dass das Buch mir so stark an die Nieren gehen würde.
Erstaunlich ist der Grund für das mulmige Gefühl, das ich beim Lesen hatte. Denn es hatte weniger mit der Tatsache zu tun, dass Jade ihre beste Freundin verloren hat - sondern vielmehr damit, dass ich das Gefühl hatte, sie hätte nie eine gehabt. Vicky, die im Buch durchgehend als hübsch, beliebt, charmant, pfiffig und witzig beschrieben wird, hat keine Chance diese Eigenschaften auch wirklich mal in Action zu zeigen, denn sie stirbt schon im ersten Kapitel. Vorher benimmt sie sich allerdings charaktergetreu genau so, wie sie auch im Rest des Buches bleiben wird: Ob tot oder lebendig, Vicky ist ein einfach nur ein ätzendes kleines Biest!
Übrigens ist Vicky sich vollkommen darüber bewusst, dass Jade unbedingt in die Schauspiel-AG möchte und das nicht nur weil Jade sie schamlos anbettelt, doch bitte mitzukommen. Statt ihrer "Freundin" jedoch den Gefallen zu tun, lacht sie sie aus und macht sich über die AG und alle ihre Teilnehmer lustig.
Fünf Minuten später ist Vicky tot.
Was danach passiert, ist die schmerzhafte Emanzipation eines Mädchens von ihrer übermächtigen Freundin. Denn Vicky denkt nicht daran, sich einfach in Luft aufzulösen, nur weil sie tot ist! Leider ist sie als Geist - den nur Jade sehen und hören kann - genauso ein Biest wie lebendig.
"You want them to be miserable?"
"Of course."
"For always?"
"Definitely."
I swallow. "What about me?"
"Double-definitely!"
"But that's not fair."
"It's not fair that I've been killed, is it?"
"I know, but..."
"You can't be happy without me."
It's an order. I have to obey.
Bis Jade schließlich beginnt, sich gegen Vicky aufzulehnen, hat der Leser eine ganz schön heftige emotionale Achterbahn hinter sich. Nicht nur, dass Vicky Jade dazu bringt, alle ihr angebotenen Freundschaften brutal abzuschmettern - es stellt sich auch heraus, dass Jade Zuhause nicht unbedingt das hat, was man unter "Bilderbuchfamilie" kategorisieren würde.
Mein Fazit
Emotionale Abhängigkeit, Tod, Verzweiflung, Suizidgedanken, Unabhängigkeit, Unfähige oder unsichere Eltern - Jacqueline Wilson ist als Autorin dafür bekannt, dass sie heftige Themen kindgerecht aufarbeitet. Doch obwohl ich "Vicky Angel" für ein ganz tolles Buch halte - der Schreibstil ist klasse und die letztendliche Lösung der Probleme und die irgendwie rührende Entwicklung von Jades Familiensituation haben mir sehr gut gefallen - finde ich, dass hier ein wenig zu nonchalant geschrieben wurde. Es wird für mich nicht hinreichend deutlich, dass die Beziehung zwischen Vicky und Jade alles andere als eine normale Freundschaft ist und ich frage mich, was wohl aus Jade geworden wäre, wenn Vicky nicht vor das Auto gelaufen wäre.
Ich finde es seltsam, dass sich scheinbar niemand der Erwachsenen Sorgen um diese seltsame Freundschaft gemacht hat und es scheint mir auch wenig glaubwürdig, dass Vicky anscheinend so wahnsinnig beliebt bei allen Schülern und Lehrern war. Für Kinder unter 14 würde ich das Buch eigentlich nur empfehlen, wenn ein Erwachsener mitliest und mit Ihnen darüber reden kann. Insgesamt ist "Vicky Angel" eine sehr, sehr lesenswerte Geschichte über das Erwachsenwerden, deren viel zu harmloses Cover eine ganze Menge emotionalen Sprengstoff versteckt.
Zur Story
Die Geschichte ist fix erzählt: Jade und Vicky sind seit dem Kindergarten unzertrennlich. Mittlerweile sind sie 15 und machen immer noch alles gemeinsam - bis Vicky einen Unfall hat und stirbt. Jade ist am Boden zerstört. Doch Vicky lässt sich von einer Kleinigkeit wie ihrem eigenen Tod nicht davon abhalten, Jade Gesellschaft zu leisten - auch wenn Jade es vielleicht gar nicht möchte.
Warum ich Bauchschmerzen hatte...
Mir war bewusst, dass es um ein Mädchen geht, deren beste Freundin stirbt, ich habe also trotz des kindlichen Covers und des sehr geringen Umfangs des Büchleins eine eher traurige Geschichte erwartet. Was ich jedoch überhaupt nicht einkalkuliert habe, ist dass das Buch mir so stark an die Nieren gehen würde.
Erstaunlich ist der Grund für das mulmige Gefühl, das ich beim Lesen hatte. Denn es hatte weniger mit der Tatsache zu tun, dass Jade ihre beste Freundin verloren hat - sondern vielmehr damit, dass ich das Gefühl hatte, sie hätte nie eine gehabt. Vicky, die im Buch durchgehend als hübsch, beliebt, charmant, pfiffig und witzig beschrieben wird, hat keine Chance diese Eigenschaften auch wirklich mal in Action zu zeigen, denn sie stirbt schon im ersten Kapitel. Vorher benimmt sie sich allerdings charaktergetreu genau so, wie sie auch im Rest des Buches bleiben wird: Ob tot oder lebendig, Vicky ist ein einfach nur ein ätzendes kleines Biest!
Eine ungesunde Freundschaft
Es wird sehr schnell klar, dass in der "Freundschaft" zwischen Vicky und Jade eigentlich immer nur Vicky etwas zu sagen hat. Vicky bestimmt, welchen Kurs die beiden belegen, mit wem sie sich anfreunden und was sie nach der Schule machen. Zeigt Jade mal einen Funken eigenen Willen, kommt von Vicky die geballte Palette Gegenwind: Sie macht sich über Jade lustig, ist böse auf sie, manipuliert sie mit Freundlichkeit oder ignoriert sie - ich hab eigentlich kaum eine Szene gefunden, in der ich auch nur einen Funken echte Freundschaft gefunden hätte. Das was das Buch hier beschreibt, ist eher eine ganz miese Abhängigkeitskiste, in der ein Mädchen von einem anderen heftig psychisch unterdrückt wird. Jade hat überhaupt keine eigene Persönlichkeit mehr, das wird schon im ersten Kapitel mehr als deutlich:"It's bad enough having to go to school," Vicky says, "so who's sad enough to want to stay after - like voluntarily?" I nod out of habit. I always agree with Vicky.Und weil Jade immer die gleiche Meinung hat wie Vicky, meldet sie sich auch nicht für den Schauspielclub an. Obwohl sie das so gerne machen möchte und noch dazu wirklich Talent hat. Sie probt sogar immer allein zuhause, wenn niemand da ist:
"Sometimes I'll act people I know. I always end up acting Vicky (...). I always feel much more alive when I'm being Vicky."Sie tut immer so, als wäre sie Vicky, wenn sie allein ist?! Mir ist beim Lesen noch öfter ein unguter Schauer über den Rücken gelaufen, aber hier, auf Seite 3, haben das erste mal sämtliche Alarmglocken geschrillt.
Übrigens ist Vicky sich vollkommen darüber bewusst, dass Jade unbedingt in die Schauspiel-AG möchte und das nicht nur weil Jade sie schamlos anbettelt, doch bitte mitzukommen. Statt ihrer "Freundin" jedoch den Gefallen zu tun, lacht sie sie aus und macht sich über die AG und alle ihre Teilnehmer lustig.
Fünf Minuten später ist Vicky tot.
Was danach passiert, ist die schmerzhafte Emanzipation eines Mädchens von ihrer übermächtigen Freundin. Denn Vicky denkt nicht daran, sich einfach in Luft aufzulösen, nur weil sie tot ist! Leider ist sie als Geist - den nur Jade sehen und hören kann - genauso ein Biest wie lebendig.
"You want them to be miserable?"
"Of course."
"For always?"
"Definitely."
I swallow. "What about me?"
"Double-definitely!"
"But that's not fair."
"It's not fair that I've been killed, is it?"
"I know, but..."
"You can't be happy without me."
It's an order. I have to obey.
Bis Jade schließlich beginnt, sich gegen Vicky aufzulehnen, hat der Leser eine ganz schön heftige emotionale Achterbahn hinter sich. Nicht nur, dass Vicky Jade dazu bringt, alle ihr angebotenen Freundschaften brutal abzuschmettern - es stellt sich auch heraus, dass Jade Zuhause nicht unbedingt das hat, was man unter "Bilderbuchfamilie" kategorisieren würde.
Mein Fazit
Emotionale Abhängigkeit, Tod, Verzweiflung, Suizidgedanken, Unabhängigkeit, Unfähige oder unsichere Eltern - Jacqueline Wilson ist als Autorin dafür bekannt, dass sie heftige Themen kindgerecht aufarbeitet. Doch obwohl ich "Vicky Angel" für ein ganz tolles Buch halte - der Schreibstil ist klasse und die letztendliche Lösung der Probleme und die irgendwie rührende Entwicklung von Jades Familiensituation haben mir sehr gut gefallen - finde ich, dass hier ein wenig zu nonchalant geschrieben wurde. Es wird für mich nicht hinreichend deutlich, dass die Beziehung zwischen Vicky und Jade alles andere als eine normale Freundschaft ist und ich frage mich, was wohl aus Jade geworden wäre, wenn Vicky nicht vor das Auto gelaufen wäre.
Ich finde es seltsam, dass sich scheinbar niemand der Erwachsenen Sorgen um diese seltsame Freundschaft gemacht hat und es scheint mir auch wenig glaubwürdig, dass Vicky anscheinend so wahnsinnig beliebt bei allen Schülern und Lehrern war. Für Kinder unter 14 würde ich das Buch eigentlich nur empfehlen, wenn ein Erwachsener mitliest und mit Ihnen darüber reden kann. Insgesamt ist "Vicky Angel" eine sehr, sehr lesenswerte Geschichte über das Erwachsenwerden, deren viel zu harmloses Cover eine ganze Menge emotionalen Sprengstoff versteckt.