Ganze zwei Etappe und 29 km auf der Via Spluga liegen bereits hinter uns. Auf dem Weg von Thusis bis nach Zillis war das Wasser immer an unserer Seite bis hinunter bis in Die Viamala-Schlucht. Danach kürzten wir mit dem Bus ab nach Splügen und überquerten am nächsten Tag den Pass, Italien entgegen. Diese 3. Etappe bis nach Isola fand ich persönlich am Schönsten, was nicht heisst dass auch die vierte und letzte Etappe bemerkenswert ist. Mit jedem Schritt rückt Italien ein Stück näher: das Klima wird wärmer, die Natur üppiger und die Menschen lockerer. Wir lassen uns mitziehen von diesem Flair, springen zweimal ins Wasser, vergessen die Zeit beim Karten spielen und erreichen hungrig und müde Chiavenna. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt… Im Albergo San Lorenzo erwarten uns eine erfrischende Dusche, weiche Betten und bestes italienisches Essen, und Wein natürlich.
Auf dem Weg nach Chiavenna
Die Via Spluga ist einer der 8 Weitwanderwege Graubündens, der von Thusis über den Splügenpass bis ins italienische Chiavenna führt. Auf den Spuren des historischen Alpen-Transitweges folgend, verteilen sich die insgesamt 4 Etappen anspruchsvoll auf eine Gesamtlänge von 68 km und 3.600 Höhenmetern. Die Orte zu Beginn und Ende jeder Etappe bieten passende Unterkünfte für Wanderer und praktischerweise auch einen Transport für Gepäck und Lunch-Pakete an. Nicht selten kann man im hauseigenen Spa die Anstrengung des Tages ausgleichen. Auf der Route und besonders in den Orten, wird die Geschichte der damaligen Transitroute spürbar. Historische Lagerhäuser, schmale Passwege und die Offenheit der Menschen, zeugen von einer Zeit des florierenden Handels und Reichtums. Zwischen den Orten erlebt man spektakuläre Natur, die sich spürbar Richtung Süden verändert und die man oft ganz alleine genießen kann.
Isola – Chiavenna (18 km, +160/-1080 HM, 6 h)
Highlights: Isola, Ecomuseo Valle Spluga in Campodolcino, Abkühlung im Fluss „Fiome Liro“, schwimmen unterm Wasserfall, Karten spielen in Gallivaggio, Blick auf Chiavenna vom Weinberg aus, Endziel Chiavenna
Ein lustiger und langer Abend im Locanda Cardinello liegt hinter uns, was den Start in den Tag nicht leichter macht. Auf die Empfehlung unserer Viamala Guides Giovanni Derungs, der uns am Abend zuvor leider schon verlassen hat, versuchen wir die längste Etappe der Via Spluga früh zu starten, schaffen es aber nur halb so gut. Egal, Hauptsache wir kommen an! Wieder am Wassers entlang laufen wir uns warm in der Morgensonne, bis wir das pittoreske Städtchen Campodolcino. Hier lohnt sich ein Abstecher in das L´Ecomuseo Valle Spluga, in dem man die Bedeutung der Via Spluga und das Leben drumherum erleben kann. Erstaunlich mit welch einfacher Ausstattung die Menschen damals genau den selben Weg gewandert sind wie wir heute mit unserer Funktionskleidung und Outdoorausrüstung. Wie gut, dass es heute Supermärkte gibt, die sogar Sonntags aufhaben. Hier legen wir ein 2. Frühstück ein und decken uns mit italienischen Leckereien ein, bevor es die nächsten Kilometer ohne Einkehrmöglichkeit bis nach Gallivaggio nur durch die Natur geht.
Erfrischung unterm Wasserfall
Vom ersten Tag an begleitet uns das Wasser auf der Via Spluga und führt uns in Versuchung hinein zu springen. Auf unserer letzten Etappe tun wir es dann. Erst etwas zaghaft bei unserer Mittagspause am Ufer des „Fiome Liro“. Was für eine Wohltat die Wanderschuhe für einen Moment von den Füßen zu streifen und diese in das kalte Wasser zu tauchen. Es ist jetzt am Mittag schon so warm, dass ich mich kurzer Hand entschließe in den Bikini zu springen und ganz abzutauschen. Einmal von oben bis unten abgekühlt… so lässt es sich gleich viel besser weiter wandern. Bis wir noch mal reinspringen ins Wasser, dann aber fast alle, egal ob Badeklamotten dabei oder nicht. Manchmal muss man einfach machen. Kurz vor dem Örtchen Vho entdecken wir mitten auf dem Weg einen rauschenden Wasserfall samt „Natur-Swimmingpool“. Nicht lange überlegen, rein ins Wasser und die Hitze des Tages vergessen. Besser hätte Milos dieses Erlebnis nicht festhalten können als in diesem Video von uns.
Pause auf italienisch in Gallivaggio
Die Erfrischungspause unterm Wasserfall lässt uns endgültig mit den Gedanken abtauchen. Ich komme voll an hier in Italien, denke nicht an den Alltag zuhause oder was ich noch alles erledigen muss. Die Zeit wird unbedeutend… einzig zählt, dass wir heute im Hellen in Chiavenna ankommen. Während der nasse Bikini am Rucksack baumelt um zu trocknen, setzen wir unseren Weg durch den Norden Italiens fort. Die Wasservorräte neigen sich dem Ende und auch die Muskulatur wird schläfrig. Zeit für einen Stopp im Schatten, immer dem Wegweiser Richtung „Bar“ nach. In Gallivaggio schleppen wir uns die letzten Meter genau dorthin und lassen uns müde auf der Terrasse im Schatten nieder. Nach dem ersten Radler, packt Petra dann die Karten aus: Zeit für „Ciao Sepp“. Kurz erklärt, schnell verstanden, viel gelacht. Eine Runde löst die nächste ab, dass wir fast die Zeit vergessen. Eigentlich nicht schlimm, wäre da nicht der restliche Weg bis nach Chiavenna… und der zieht sich. Eine sehr schöne Etappe (Gott sein Dank) durch schattigen Wald entlang der Schlucht, doch auch immer wieder hoch und runter. Wann hat das bloß ein Ende? Um uns abzulenken fangen wir an Wanderlieder zu singen und uns auszumalen was wir alles am Abend essen werden. Welch ein Segen als wir dann (endlich!) den Einstieg zum Abstieg nach Chiavenna finden und wie ausgehungerte Pilger das letzte Stück durch die Stadt bestreiten.
Finale in Chiavenna
Chiavenna… unser Schlaraffenland nach weiteren 17 Kilometern auf der Via Spluga. Unten im Tal liegend, wird die der Lomardei zugehörige Stadt von üppig bewachsenen Hängen umschlossen. Dank dieser „Kessellage“ wärmt die Sonne die Hängen so intensiv, dass hier neben Trauben auch Feigen, Kaki und Orangen wachsen. Mich wundert nicht, dass ich bei Wikipedia nachlese Chiavenna „…ist Mitglied der Cittàslow, einer 1999 in Italien gegründeten Bewegung zur Entschleunigung und Erhöhung städtischer Lebensqualität.“ Man suche einfach eine ruhige Ecke in der Altstadt, lehne sich zurück und beobachte die Menschen… das ist Entschleunigung pur!
Leider haben an diesem Montag die Geschäfte geschlossen, so dass wir die vielen schnuckeligen Läden nur von außen bewundern können. Ein wunderbarer Trost: die vielen Cafés und Bäckereien. Zunächst erfahren wir aber mehr über die Hintergründe und Geschichte der Stadt bei der Stadtführung des Tourimusbüros Val Chiavenna. Es lohnt sich dafür Zeit einzuplanen und Ecken zu entdecken, die man auf den ersten Blick nicht wahrnehmen würde. Auch wenn wir in Chiavenna nur kurz verweilen, können wir mit Sicherheit sagen, dass es sich lohnt wiederzukommen. Von hier aus sind es nur 17 km zum Comer See und (klar) die Schweiz ist auch um die Ecke. Vielleicht der Ausgangspunkt für die nächste Reise?
Übernachten und Tour buchen
Die Wanderung entlang der Via Spluga kann man gut auf eigene Faust unternehmen und sich über die Website der Viamala Region bestens informieren. Dort gibt es neben nützlichen Infos und Bildern rund um den Wanderweg auch sehr praktische und günstige Pauschalangebote. Für bereits 506 € kann man beispielsweise 5mal im Doppelzimmer mit Frühstück übernachten, bekommt jeden Tag ein Lunchpaket, hat kostenlosen Einritt zu vielen der Sehenswürdigkeiten auf der Strecke (wie z.B. der Viamala-Schlucht) sowie Kartenmaterial und kann sich das Gepäck bequem von Hotel zu Hotel fahren lassen. Alle Angebote lassen sich außerdem individuell modifizieren und nach eigenen Wünschen anpassen, am Besten direkt über das Viamala Tourismusbüro.
Mehr über die Via Spluga
Auf den 3 ausgewählten Etappen der Via Spluga war ich zusammen unterwegs mit den Bloggern von Gipfelfieber, Trendlupe, Bunterwegs und Der Outdoortester. Trotz unterschiedlich sportlichem Niveau haben wir die Strecke allesamt bestens gelaunt und gesund gemeistert – von ein paar Blasen abgesehen. Jeder von uns hat diese Reise als etwas Besonderes empfunden, aber immer auch etwas eigenes beobachtet. Daher lohnt es sich auch die Berichte der anderen Blogger zu lesen.