Dass der Kanton Graubünden ein perfektes Wanderland ist, habe ich letztes Jahr mehrfach auf meinen Reisen durch die Schweiz erlebt. Je nach Region war das Wandererlebnis immer anders, die Landschaft mal lieblich mal schroff und die Menschen von Tal zu Tal verschieden, doch immer “herzig” (wie man dort gerne sagt). Auf über 11.000 Kilometern bietet der größte Kanton der Schweiz zahlreiche Wanderwege, von Naturparks über Thementouren bis zu alpinen Wanderungen. Mich persönlich reizen vor allem weite Wege, die sich wie Linien durch das Land ziehen. Daher fiel mein Augenmerk letztes Jahr bereits auf die Via Spluga, jenem Fernwanderweg, der sich über 4 Etappen von Thusis im Süden Graubündens über den Splügenpass bis nach Norditalien erstreckt. Diesen Sommer war es dann so weit: zusammen mit vier weiteren Reise-Bloggern machte ich mich auf den Weg, ganz so wie die Säumer anno dazumal.
Höhenprofil der Via Spluga
Die Via Spluga ist einer der 8 Weitwanderwege Graubündens, der von Thusis über den Splügenpass bis ins italienische Chiavenna führt. Auf den Spuren des historischen Alpen-Transitweges folgend, verteilen sich die insgesamt 4 Etappen anspruchsvoll auf eine Gesamtlänge von 68 km und 3.600 Höhenmetern. Die Orte zu Beginn und Ende jeder Etappe bieten passende Unterkünfte für Wanderer und praktischerweise auch einen Transport für Gepäck und Lunch-Pakete an. Nicht selten kann man im hauseigenen Spa die Anstrengung des Tages ausgleichen. Auf der Route und besonders in den Orten, wird die Geschichte der damaligen Transitroute spürbar. Historische Lagerhäuser, schmale Passwege und die Offenheit der Menschen, zeugen von einer Zeit des florierenden Handels und Reichtums. Zwischen den Orten erlebt man spektakuläre Natur, die sich spürbar Richtung Süden verändert und die man oft ganz alleine genießen kann.
Thusis – Viamala – Zillis (12 km, +1040/-780 HM, 5 h)
Highlights: Burg Hohen Rätien, Traversinersteg, Viamala-Schlucht, Kirche St. Martin in Zillis
Unsere erste Etappe auf der Via Spluga beginnt in Thusis, jenem kleinen Städtchen (circa 3000 Einwohner) das massgeblich durch die alpinen Transitverkehr geprägt wurde. Nach einem stärkenden Frühstück im Hotel Weiss Kreuz lohnt ein kurzer Spaziergang (circa 30 Minuten) durch die verwinkelten Gassen, bevor es richtig losgeht. Mit dem kleinen praktischen Infoblatt in der Hand, folgt man den blauen Markierungen der Route “Thusner Spazierwege – von Säumern und Kaufleuten”. An den 9 ausgewählten Stationen erfährt man mehr über das Leben in Thusis Ende des 18. Jahrhunderts und die Besonderheiten des ehemaligen Handelortes. Zu der Zeit mussten beispielsweise täglich 400 Pferde samt Besitzer versorgt werden und einen Platz zum schlafen finden, was maßgeblich die Bauweise der Häuser beeinflusst hat. Von hier aus laufen wir wie anno dazumal die Händler und Säumer in Zick-Zack-Kurven relativ stetig den Berg hoch bis zur Burganlage Hohen Rätien.
Burganlage Hohen Rätien
Oben angekommen auf der Burganlage Hohen Rätien, kehrt nach dem ersten Anstieg an diesem Tag wohltuende Ruhe und Entspannung ein. Hier oben auf 946 Metern haben wir nicht nur einen wunderbar weiten Blick über Thusis, wir sind auch ganz für uns und können diesen idyllischen Ort unabgelenkt genießen. Die Anlage ist umschlossen von satten Wiesen, die jetzt im Juni bunt blühen und zum Blumenstrauss pflücken verleiten. Als wir neugierig umher laufen, entdecken wir hinter jeder Mauer – ob bei der kleinen Kirche oder einem dem Wehrtürme – wieder ein neues romantisches Plätzchen: mal auf der Wiese, mal unterm Baum… ein Ort zum verlieben und verliebt sein.
Traversinersteg
Auf dem Weg weiter zur Viamala-Schlucht wird es noch einmal abenteuerlich. Bisher sind wir nur parallel zur Schlucht gelaufen und konnten hin und wieder einen Blick in die Tiefe werfen, jetzt laufen wir darüber! Etwa 70 Meter über dem Tal verbindet der Traversinersteg die beiden Felsenden über eine 56 Meter lange Hängebrücke. Erst 2005 fertiggestellt, ruht die aus Naturstein und Föhren- sowie Lärchenholz erbaute Brücke stolz über dem Grund. Als ich vom oberen Ende hier runterschaue, staune ich nicht schlecht und habe – zugegeben – Respekt vor der Höhe. Doch nach den ersten stabilen Schritten und der sich vor mir ausbreitenden Sicht ist jegliche Sorge was die Höhe angeht wie weggeflogen. Auch noch als Andi anfängt auf der Brücke zu hüpfen und uns damit ordentlich zum schaukeln bringt…
Viamala-Schlucht & Weg nach Zillis
Bereits letztes Jahr war ich in Graubünden unterwegs um besonders urige Bergdörfer entlang der Viamala zu entdecken. Auf dem Weg von Thusis nach Zillis kommt man automatisch an der Viamala-Schlucht vorbei: damals mit dem Bus, diesmal zu Fuss. Um so wohltuender fühlt sich die Pause im Besucherzentrum an, bequem auf der Terrasse bei einer kühlen Rivella und einem sagenhaften Blick über die Schlucht. Dieses architektonische Bauwerk integriert sich harmonisch in die Felswand, als wäre es ein Teil davon. Auch wenn ich zum 2. Mal hier bin, fasziniert mich dieser von den Naturgewalten außergewöhnlich geformte Ort. Den Treppen folgend bis zum Fluss im Tal, haben das Rauschen des Wassers und die dunklem Höhlengänge eine beruhigende, fast meditative Wirkung. Das Wasser begleitet uns von hier an weiter auf unserem Weg nach Zillis. Immer wieder hören wir das Wasser, rauschen überqueren den Fluss und würden glatt reinspringen, wenn wir nicht weiter müssten (und Badesachen dabei hätten). In Zillis beenden wir unsere Etappe für heute, erkunden noch die beindruckende Kirche St. Martin und überspringen dann per Bus Etappe Nummer 2. In Splügen, kurz vor Italien, erwartet uns ein weiterer eindrücklicher Transitort und ein sehr feines Hotel.
Übernachten und Tour buchen
Die Wanderung entlang der Via Spluga kann man gut auf eigene Faust unternehmen und sich über die Website der Viamala Region bestens informieren. Dort gibt es neben nützlichen Infos und Bildern rund um den Wanderweg auch sehr praktische und günstige Pauschalangebote. Für bereits 506 € kann man beispielsweise 5mal im Doppelzimmer mit Frühstück übernachten, bekommt jeden Tag ein Lunchpaket, hat kostenlosen Einritt zu vielen der Sehenswürdigkeiten auf der Strecke (wie z.B. der Viamala-Schlucht) sowie Kartenmaterial und kann sich das Gepäck bequem von Hotel zu Hotel fahren lassen. Alle Angebote lassen sich außerdem individuell modifizieren und nach eigenen Wünschen anpassen, am Besten direkt über das Viamala Tourismusbüro.
Mehr über die Via Spluga
Auf den 3 ausgewählten Etappen der Via Spluga war ich zusammen unterwegs mit den Bloggern von Gipfelfieber, Trendlupe, Bunterwegs und Der Outdoortester. Trotz unterschiedlich sportlichem Niveau haben wir die Strecke allesamt bestens gelaunt und gesund gemeistert – von ein paar Blasen abgesehen. Jeder von uns hat diese Reise als etwas Besonderes empfunden, aber immer auch etwas eigenes beobachtet. Daher lohnt es sich auch die Berichte der anderen Blogger zu lesen. Hier folgen in Kürze dann auch meine Berichte über Etappe 03 und 04… ich sag nur: bellissima!
Via Spluga – Etappe 1: Von Thusis bis Zillis
Via Spluga – Etappe 2: Von Splügen bis Isola
Via Spluga – Etappe 3: Von Isola bis Chiavenna