Verzehren in #Wahrheit und #Liebe für #Gott - wie eine #Kerze

Von Annuntiator
Zum Allerseelentag am vergangenen Sonntag sind viele Gräber wohl ein letztes Mal vor dem Winter gepflegt worden. Der Allerseelentag ist der Tag, an dem wir besonders für die Toten beten. Vor allem beten wir für die Toten, an die keiner mehr denkt. Dazu gehört auch ein Besuch am Grab der Verstorbenen. Bei diesem Besuch werden nicht selten Kerzen aufgestellt. So entsteht in diesen Tagen, besonders wenn es schon dunkel ist, ein wunderbares Lichtermeer auf den Friedhöfen. Es ist immer wieder faszinierend, dieses Zusammenspiel der vielen kleinen Lichter von den Kerzen zu sehen. Die Kerze. Sie ist mehr als nur eine Lichtquelle, die heute eher für die Romantik oder eine schöne Atmosphäre eingesetzt wird. In seinem Buch „Von heiligen Zeichen“ schreibt Romano Guardini über die Kerze: „Wie ist es um unsere Seele doch so eigen bestellt! Mit allen Dingen der Welt ergeht es ihr, wie einst dem ersten Menschen, als Gott ihn die Tiere benennen ließ: Nirgends fand sich ein Genosse seines Wesens. Vor allen Dingen fühlt sie: „Ich bin anders.“ Keine Wissenschaft der Welt zerstört ihr Wissen, und keine Niedrigkeit löscht es aus: „Ich bin anders, als alles Übrige in der Welt. Allem fremd, Gott allein verwandt.“ Und doch hat die Seele wiederum eine Verwandtschaft mit allen Dingen. Bei allem fühlt sie sich irgendwie zu Haus. Alles spricht zu ihr, jede Gestalt, jede Bewegung und Gebärde. Und rastlos sucht sie darin ihn Innerstes auszusprechen, es zum Sinnbild ihres eigenen Lebens zu machen. Wo immer sie einer starken Gestalt begegnet, fühlt sie darin etwas vom eigenen Wesen ausgesprochen, fühlt sich an irgend etwas in ihr selbst erinnert. Ist´s nicht so? Hier liegt der Grund zu allem Gleichnissen. Jedem Ding zu innerst fremd, spricht die Seele zu ihm: „Das bin ich nicht.“ Und wieder allem geheimnisvoll verwandt, empfindet sie Dinge und Geschehnisse als Bilder ihres eigenen Seins.Das ist ein Gleichnis, schön und stark vor vielen: Die Kerze. Ich sage dir wohl nichts Neues; gewiß hast du es schon oft empfunden. Sieh, wie sie auf dem Leuchter steht. Breit und schwer ruht der Fuß; sicher ragt der Schaft; eng vom Kelch umschlossen und vom weit ausladenden Blatt unterfangen, steigt die Kerze auf. Leise verjüngt sich ihre Gestalt; festgeformt, so hoch sie auch ragt. So steht sie im Raum, schlank, in unberührter Reine, und doch warm getönt ihre Farbe; herausgehoben durch ihre klare Form aus aller Vermischung. Oben schwebt die Flamme, und darin wandelt die Kerze ihren reinen Leib in warmes, strahlendes Licht. Fühlst du vor ihr nicht etwas ganz Edles erwachen? Sieh doch, wie sie steht, wankellos auf ihrem Platz, hoch aufgerichtet, rein und adelig. Spüre, wie alles an ihr spricht: „Ich bin bereit!“ Wie sie steht, wo es gilt, vor Gott. Nichts an ihr flieht, nichts biegt aus. Alles klare Bereitschaft. Und sie verzehrt sich in ihrer Bestimmung unaufhaltsam zu Licht und Glut.Du sagst vielleicht: „Was weiß die Kerze davon? Sie hat doch keine Seele!“
So gib du sie ihr!Laß sie zum Ausdruck der deinen werden. Laß vor ihr alle edle Bereitschaft erwachen: „Herr, hier bin ich!“ Dann empfindest du ihr schlankes, reines Dastehen als Ausdruck deiner eigenen Bestimmung. Laß all deine Bereitschaft, zu rechter Treue erstarken. Dann fühlst du: „Herr, in der Kerze dort steh´ ich vor dir!“Laufe deiner Bestimmung nicht weg. Harre aus. Frag´ nicht immer nach Warum und Wozu. Es ist der tiefste Sinn des Lebens, sich in Wahrheit und Liebe für Gott zu verzehren, wie die Kerze in Licht und Glut.“Soweit Romano Guardini in seinem Buch „Von heiligen Zeichen“. Es ist der tiefste Sinn des Lebens, sich in Wahrheit und Liebe für Gott zu verzehren, wie die Kerze in Licht und Glut. So sind wir gerade in diesen Tagen des Novembers beim Gedenken unserer Toten eingeladen, unser Leben neu auszurichten auf Gott hin. Fragen wir uns: Verzehre ich mich in Wahrheit und Liebe für Gott?