Verwirrspiel um Syrien

Von Denkbonus

Zu kaum einem anderen Thema prallen derzeit mehr unterschiedliche Meinungen und Berichte aufeinander. Fernab der Massenmedien zeichnet sich im Netz ein Bild ab, wie es widersprüchlicher nicht sein könnte. Ein kleiner Überblick

wielange noch?

Der Einsatz der Chemiewaffen auf syrischem Boden wird inzwischen flächendeckend al-Nusra angelastet. Die Saudis hätten das Zeug geliefert, jedoch dummerweise vergessen, eine Gebrauchsanleitung dazuzulegen. Bei dem Versuch, das Ganze auf eigene Faust zusammenzubasteln sei es dann ungewollt zur Explosion gekommen. Die Chance sei damit vom Tisch gewesen, die Waffe so einzusetzen, dass man das Verbrechen Assad anlasten könne. Sollte sich dies tatsächlich so zugetragen haben, dann stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt um Sarin gehandelt hat. Sarinopfer haben, wie ein Freund mir unlängst erklärte, gelben Schaum vor dem Mund. Auf keinem der Bilder von den vielen Toten ist derartiges zu sehen. Zudem kann man Sarinofer nicht so einfach im Arm halten, ohne selbst mit dem tödlichen Gift in Kontakt zu kommen. Sarinopfer werden daher stets im Vollschutzanzug geborgen. Ach ja, und dann wäre da noch die kleine Tatsache, dass die gezeigten Bilder in Wirklichkeit aus dem Irak stammen. Werden wir schon wieder für dumm verkauft?

Natürlich, ständig. So ist die Welt, so ist das Leben. Unbestreitbare Tatsache ist hingegen, dass Staatsanwaltschaft der südtürkischen Stadt Adana Anklage erhoben hat gegen sechs Personen aus dem Umfeld von FSA, Al Qaida und al- Nusra. Auf 132 Seiten wirft die Anklageschrift den Beteiligten vor, sich aktiv um den Erwerb chemiewaffenfähigen Materials bemüht zu haben. Die Verbindungen zu den Islamisten bestehen der Staatsanwaltschaft zufolge über den 35 jährigen Hytham Qassap und seinem syrischen Terrorkollegen Khaled Ousto. Letzterer verfing sich laut offizieller Darstellung im Überwachungsnetz der türkischen Sicherheitsbehörden, als er neben einem Sekundenzünder zudem riesige Mengen chemischen Materials orderte, welches zum Bau von Chemiewaffen geeignet sei. Die Rede ist von zehn Tonnen Thionylchlorid, Kaliumfluorid, Isopropanol, Methanol, Isopropanolamin, weißem Phosphor und Bauxit. Dies ginge aus dem Abhörprotokoll hervor.

Auch ohne den Herstellungsweg von Sarin zu kennen, erscheint die genannte Menge doch unwahrscheinlich hoch. Glaubhafter mögen da schon die Berichte wirken, die zwischen dem ersten und dem fünfzehnten Juni durch türkische Medien veröffentlicht worden waren. Diesen Meldungen zufolge wurden zwölf Mitglieder von al-Nusra dabei erwischt, wie sie Sarin aus Libyen in die Türkei schmuggelten. Als die Behörden dann in Adana zuschlugen, konnten sie zwei Kapseln mit jeweils 40 kg Sarin sicherstellen. Zeitgleich gab Hacan Fidan, der Chef des türkischen Geheimdienstes, bekannt, dass zwei weitere Sarinlieferungen ihren Weg aus der Türkei hinaus nach Georgien und Bulgarien gefunden hätten.

Chemiewaffen nicht länger zeitgemäß

Eine weitere Position vertritt die Meinung, dass Chemiewaffen aus heutiger Sicht anachronistisch seien. In den Schützengräben Verduns oder auch an den festgefahrenen Stellungen des Golans ergäbe deren Einsatz Sinn, da die Ziele dort in ihren Gräben festgenagelt seien und daher dem Angriff nicht ausweichen könnten. Heutige Kriege werden jedoch mit höchst mobilen Kampverbänden geführt. Sie sind vergleichsweise klein, flexibel und verharren nie lange an einer Position. Der Einsatz von Chemiewaffen gegen solche Truppenverbände erscheint daher sinnlos. Das einzige aus heutiger Sicht sinnvolle Ziel sei daher von vornherein die Zivilbevölkerung, nicht jedoch der militärische Gegner. So gesehen wäre die Übergabe der Chemiewaffen an die UN eine praktische Sache für Assad. Die aufwendige und teure Lagerung des Giftgases entfiele künftig und die internationale Gemeinschaft übernähme auch noch die Entsorgungskosten. Zugleich betonte die syrische Regierung, sie folge lediglich dem Vorschlag Moskaus ohne sich jedoch dem Diktat Washingtons zu beugen. Zwischen den Zeilen steht darin zugleich, dass somit Russland künftig die Verantwortung dafür angetragen wird, dass Syrien vor einem israelischen Angriff mit Chemiewaffen geschützt wird.

Überhaupt sind die israelischen Massenvernichtungswaffen durch die syrische Bereitschaft zur Abrüstung wieder verstärkt in Licht der Öffentlichkeit gerückt. Weder das Chemiewaffenabkommen noch den Atomwaffensperrvertrag war die Knesset zu unterzeichnen bereit. Stets hatte Israel sich verweigert mit der Begründung, sonst selbst zum hilflosen Opfer einer zutiefst feindlich gesonnenen Umgebung zu werden. Immerhin gibt es nicht einen Nachbarn, den das aggressive Land nicht schon angegriffen hat.

Die syrischen Chemiewaffen galten bisher als eine Art Gegengewicht zur israelischen Nuklearbewaffnung. Da Israel seinen syrischen Nachbarn im Zuge der aktuellen Geschehnisse bereits wiederholt angegriffen hatte, muss Syrien damit rechnen, dass nach der Aufgabe seiner chemischen Lagerbestände die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs sogar höher ist. Denn nun muss der Westen sich keine Gedanken mehr machen über abgefeuerte syrische Raketen mit chemischen Kampfstoffen, die im Konfliktfall Israelis getötet hätten. Gegen einen derartigen Angriff wäre auch die Eiserne Kuppel, der Abwehrschild der Israelis, nutzlos, da eine abgeschossene Rakete dennoch ihr tödliches Inventar freigäbe. Um die Gefahr eines erneuten Flächenbrandes im Nahen Osten zu reduzieren, wäre daher eine kollektive Abrüstung notwendig, die alle Staaten der Region gleichermaßen betrifft.

Assad dazu im Interview mit RT:

„Syrien hat der UNO einen solchen Vorschlag schon vor über 10 Jahren unterbreitet – die Nahostregion von Massenvernichtungswaffen zu befreien, insbesondere, da sich diese Region durch Instabilität auszeichnet und Kriege bereits seit Jahrzehnten andauern. Das alles begann schon vor vielen Jahrhunderten. Eine Entfernung von Massenvernichtungswaffen aus der Region wird somit direkte Auswirkung auf die Stabilität der Region haben. Die einzigen, die sich unserem damaligen Vorstoß widersetzt haben, waren die Vereinigten Staaten. Wir begrüßen es durchaus nicht, dass es im Nahen Osten überhaupt Massenvernichtungswaffen gibt. Unsere Sorge galt schon immer der Stabilität und dem Frieden der Region.“

Zugleich haben die Terrorbanden, die das geschundene Land zerreißen, bereits damit gedroht, Chemiewaffen auf Israel abzufeuern, um dies dann wem in die Schuhe zu schieben? Die Sache scheint klar. Die Rebellen werden nicht klein beigeben. Schon gar nicht, solange jeder der Söldner von westlichen Staaten mit bis zu 3000 Dollar monatlich für die Blutbäder belohnt wird. Es drängt sich die Frage auf, was der große Oh Bama als nächstes verlauten lässt. Immerhin könnte man den Syrern auch noch den Besitz von Biowaffen unterstellen, um eine neue Drohkulisse zu erschaffen. Es wäre ein Kinderspiel, Bilder von ein paar kohlefarbenen Milzbrandkarbunkeln durch die Medien zu schicken, und seien sie auch nur aufgeschminkt.

Erneut könnte sich der schwarze Mann im weisen Haus als Garant für die globale Sicherheit und insbesondere die Sicherheit Israels gerieren, mit demselben Efekt. Die USA haben Damaskus eine weiteren Schritt zur Unterwerfung abgerungen. Die Welt würde sich den Angstschweiß erleichtert von der Stirne wischen und das Zahnrad der NWO hätte sich erneut eine kleine Zacke weitergedreht. Und schließlich bliebe auch noch die Möglichkeit, die UN- Sicherheitsinspektoren so einzunorden, dass diese frisierte und gefälschte Berichte zum Giftgaseinsatz abliefern. Oder dass deren Bericht im nachhinein geändert wird. Letzteres befürchtet zumindest der russische Außenminister Lawrow: „Es gibt Gründe, skeptisch zu sein. Ich bin sehr besorgt hierüber und habe den Verdacht, dass jemand versucht, den Bericht zu korrigieren, zu frisieren und ihn nach einer Seite auszurichten, verglichen mit dem, was die Inspekteure selbst geschrieben haben.“ Immerhin waren bisher sämtliche vorgelegten Beweise der Russen unter den Tisch gekehrt worden. Unterlagen, die beweisen, dass der Angriff mit chemischen Waffen von Seiten der Rebellen erfolgt war und das zum wiederholten mal.

Dennoch gibt es auch Hoffnung für das geschundene Land. Moskau hatte wohl bereits angedroht, im Falle eines militärischen Angriffs der alliierten Aggressoren Saudi Arabien anzugreifen. Es bedarf keiner großen Phantasie, sich die Folgen für den Westen auszumalen. Die Ölfelder zerstört. Der Suezkanal geschlossen, ebenso wie die Straße von Hormus. Da käme kein Tanker mehr nach Europa durch, außer über Kap Horn. Der Ölpreis schösse in astronomische Höhen. Außerdem brauchen die USA die Unterstützung Moskaus. Denn ohne russische Unterstützung sitzen die schießwütigen Amerikaner in Afghanistan fest. Ein geordneter Rückzug kann nur über russisches Einflussgebiet erfolgen. Sollten diese Grenzen sich für die US- Army schließen, wäre dies ein Desaster für die dortigen Kampfverbände. Wichtig ist zudem, dass Russland die Zielvorstellung eines Nahen Osten ohne Massenvernichtungswaffen offen dargelegt. Immerhin schlummern zehntausende Raketen iranischen, libanesischen und jordanischen Arsenalen. Dass auch giftige darunter sind, kann nicht ausgeschlossen werden. Dazu gesellen sich chemische und biologische Kampfstoffe aus Israel und deren nukleare Bewaffnung. Aber es bleibt kein anderer Ausweg. Ohne Frieden im Nahen- Mittleren und Fernen Osten kann es auch im Westen keinen dauerhaften Frieden geben.