Nick Cave And The Bad Seeds
„Push The Sky Away“
(Rough Trade)
Irgendwie hat es so klingen müssen. Nach der wuchtig, trotzigen Auflehnung der Grindermänner und ihrem jähen und viel zu frühen Ende (trotz einiger Livetermine in diesem Jahr) war klar, dass Cave mit den Bad Seeds trotz nahezu identischer Besetzung (Ellis, Casey und Sclavunos sind ja mit dem Meister selbst doppelt besetzt) einen Schwenk, einen harten Bruch würde vollführen müssen. Und so landet das aktuelle Bad-Seeds-Album stilistisch wieder weit näher bei den früheren Veröffentlichungen der Band als viele es ihm zugetraut und manche es sich gewünscht hätten. Keine laute Platte, keine unheilvoll hervorbrechenden Klangkaskaden, wenig auch vom knochenklappernden Teufelstanz, dessen Runden Cave ja nicht ungern dreht, sondern: Kammermusik, reduziert, bedächtig und konzentriert und in dieser Form wohl am ehesten dem Album „No More Shall We Part“ der Jahrtausenwende vergleichbar.
Dennoch: Die Themen, an denen sich Cave in Begleitung abarbeitet, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen seines kürzlich verschiedenen Bluesrockquartetts, nur die Ausdrucksweisen haben sich gewandelt: Das Alter und das Altern treibt die Männer in eine Form von abgeklärter, milder Enttäuschung, wo laute Wut war, sind jetzt Bitterkeit und Sarkasmus. Einsamkeit und Unabänderlichkeit werden reell, was bleibt ist bestenfalls die Liebe und wenn die nicht zu haben ist, all die sehnsuchtsvollen Trug- und Traumbilder von ihr. Der Blick in die „Wide Lovely Eyes“ kündet ebenso davon wie der Klagegesang an die „Mermaids“, der käuflichen Liebe selbst beraubt ist für Hoffnung („Jubilee Street“) in der Tat nur noch wenig Platz. „You grow old and you grow cold“ heißt es in „Water’s Edge“, an anderer Stelle „... all the ones who come, all the ones who go, down to the water“ – die Dinge gehen ihren nicht eben erfreulichen Weg, die Dummheit schreitet voran („Wikipedia is heaven, when you don’t remember anymore“, We Real Cool), da kann man schon mal missmutig werden.
Musikalisch ist das alles wundervoll angerichtet, alles schimmert dunkel, kein Ton ist zuviel – die Bad Seeds in heutiger Zusammensetzung sind offenbar noch immer Männer von maximalem Fachverstand, auch Cave bezeugt ja nicht ohne Grund in den Linernotes: „Ask anyone who has seen them at work. They are unlike any other band on earth for pure, instinctive inventiveness.” Mal graviätisch mit Chor („Wide Lovely Eyes“), dann balladeskes Schunkeln („Water’s Edge“), für „Jubilee Street“ kurz die Gitarren etwas härter angefaßt, bevor bei „We Real Cool“ nur noch der dunkel dräuende Bass die Arbeit erledigt. „Higgs Boson Blues“ kratzt angenehm im Ohr, der Titelsong am Ende begnügt sich mit synthetischen Schleifen und dumpfem Grollen – fade out. Es sind große, wohlgeratene Songs geworden, allesamt, mit Bildern, die im Hirn gemächlich spazieren gehen und Melodien, die man so schnell nicht vergessen wird. „New in an old school kind of way“ sagt Cave selbst dazu, mehr war nun wirklich nicht zu erwarten. Jahresbestleistung, bis jetzt.
Komplettstream des Albums beim Guardian.
Nichts Neues zum Thema 'Live unterwegs':
13. Februar Berlin, Admiralspalast
28. Juli Berlin, Greenville Festival
„Push The Sky Away“
(Rough Trade)
Irgendwie hat es so klingen müssen. Nach der wuchtig, trotzigen Auflehnung der Grindermänner und ihrem jähen und viel zu frühen Ende (trotz einiger Livetermine in diesem Jahr) war klar, dass Cave mit den Bad Seeds trotz nahezu identischer Besetzung (Ellis, Casey und Sclavunos sind ja mit dem Meister selbst doppelt besetzt) einen Schwenk, einen harten Bruch würde vollführen müssen. Und so landet das aktuelle Bad-Seeds-Album stilistisch wieder weit näher bei den früheren Veröffentlichungen der Band als viele es ihm zugetraut und manche es sich gewünscht hätten. Keine laute Platte, keine unheilvoll hervorbrechenden Klangkaskaden, wenig auch vom knochenklappernden Teufelstanz, dessen Runden Cave ja nicht ungern dreht, sondern: Kammermusik, reduziert, bedächtig und konzentriert und in dieser Form wohl am ehesten dem Album „No More Shall We Part“ der Jahrtausenwende vergleichbar.
Dennoch: Die Themen, an denen sich Cave in Begleitung abarbeitet, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen seines kürzlich verschiedenen Bluesrockquartetts, nur die Ausdrucksweisen haben sich gewandelt: Das Alter und das Altern treibt die Männer in eine Form von abgeklärter, milder Enttäuschung, wo laute Wut war, sind jetzt Bitterkeit und Sarkasmus. Einsamkeit und Unabänderlichkeit werden reell, was bleibt ist bestenfalls die Liebe und wenn die nicht zu haben ist, all die sehnsuchtsvollen Trug- und Traumbilder von ihr. Der Blick in die „Wide Lovely Eyes“ kündet ebenso davon wie der Klagegesang an die „Mermaids“, der käuflichen Liebe selbst beraubt ist für Hoffnung („Jubilee Street“) in der Tat nur noch wenig Platz. „You grow old and you grow cold“ heißt es in „Water’s Edge“, an anderer Stelle „... all the ones who come, all the ones who go, down to the water“ – die Dinge gehen ihren nicht eben erfreulichen Weg, die Dummheit schreitet voran („Wikipedia is heaven, when you don’t remember anymore“, We Real Cool), da kann man schon mal missmutig werden.
Musikalisch ist das alles wundervoll angerichtet, alles schimmert dunkel, kein Ton ist zuviel – die Bad Seeds in heutiger Zusammensetzung sind offenbar noch immer Männer von maximalem Fachverstand, auch Cave bezeugt ja nicht ohne Grund in den Linernotes: „Ask anyone who has seen them at work. They are unlike any other band on earth for pure, instinctive inventiveness.” Mal graviätisch mit Chor („Wide Lovely Eyes“), dann balladeskes Schunkeln („Water’s Edge“), für „Jubilee Street“ kurz die Gitarren etwas härter angefaßt, bevor bei „We Real Cool“ nur noch der dunkel dräuende Bass die Arbeit erledigt. „Higgs Boson Blues“ kratzt angenehm im Ohr, der Titelsong am Ende begnügt sich mit synthetischen Schleifen und dumpfem Grollen – fade out. Es sind große, wohlgeratene Songs geworden, allesamt, mit Bildern, die im Hirn gemächlich spazieren gehen und Melodien, die man so schnell nicht vergessen wird. „New in an old school kind of way“ sagt Cave selbst dazu, mehr war nun wirklich nicht zu erwarten. Jahresbestleistung, bis jetzt.
Komplettstream des Albums beim Guardian.
Nichts Neues zum Thema 'Live unterwegs':
13. Februar Berlin, Admiralspalast
28. Juli Berlin, Greenville Festival