Verurteilung somalischer Piraten in Deutschland – Angst vor der Hintertür

Ein deutsches Gericht in Hamburg hat heute, zum ersten mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte Piraten zu Haftstrafen verurteilt. Wegen der Entführung des Containerfrachters “Taipan”, der für eine deutsche Reederei fuhr, sind zehn Somalier zu zwei bis sieben Jahren Haft verurteilt worden. Mit mehr als hundert Verhandlungstagen war es allerdings eines der längsten Verfahren in der Justizgeschichte der Bundesrepublik. Jetzt sehen viele Beobachter des Prozesses mit dem Urteil eine Einladung, mit Hilfe eines begangenen Verbrechens nach Deutschland zu kommen.

Unverständnis für die humanitäre Lage in Somalia? Piraterie aus der Not.

Die drei jüngsten Beschuldigten, alle vermutlich unter 20, erhielten jeweils zwei Jahre Jugendstrafe. Die sieben erwachsenen Angeklagten hingegen wurden zu Haftstrafen zwischen sechs und sieben Jahren verurteilt. Mit seinem Urteil blieb das Gericht zum Teil deutlich unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft, denn diese hatte sechs bis zwölf Jahre Gefängnis für die sieben erwachsenen Angeklagten sowie vier bis fünfeinhalb Jahre für die drei jüngsten gefordert. Die Verteidiger hatten in ihren Plädoyers die Einstellung des Verfahrens, Freisprüche oder deutlich niedrigere Strafen verlangt. In ihren letzten Worten an das Gericht baten einige Angeklagte um Milde und erinnerten an die katastrophale humanitäre Lage in Somalia, in dem seit Jahrzehnten Bürgerkrieg und Hunger herrschen. “Mein Heimatland ist zusammengebrochen. Ich bitte den Herrn Vorsitzenden: Seien Sie gerecht”, sagte einer von ihnen nach Übersetzung des Gerichtsdolmetschers. Auch die Anwaltschaft sagte, dass wir (…die Deutsche Staatsanwaltschaft und Gerichtbarkeit) uns nicht anmaßne können, Recht zu sprechen, wenn wir nicht einmal annährend die katastrophale humanitäre Lage in Somalia verstehen und beurteilen können.

Nein, Piraterie ist ein Verbrechen, sagen die Reeder!

“Piraterie ist ein Verbrechen, und Verbrecher gehören vor Gericht”, sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR). Da das überfallene Schiff unter deutscher Flagge gefahren sei, habe der Prozess in Deutschland abgehalten werden müssen.

Wir doktern an den Symptomen herum, und beseitigen nicht die Usachen

Ja, Raub ist ein Verbrechen; und Piraterie ist Raub auf See. Das muss geahndet werden. Damit verhindern wir aber keine zukünftige Piratenüberfälle. Zum einen, weil die mächtigen Hintermänner gar nicht geschnuppt wurden, sondern wieder einmal nur die kleinen Fische, zum anderen, weil die katastrophale Notlage in Somalia die Menschen in eine Art Beschaffungskriminalität drängt. Sie möchten Geld beschaffen für Nahrungsmittel. Das ist der pure Überlebenskampf. Europa und auch Amerika haben Afrika stets ausgebeutet, und auch mit der sogenannten Neuen Weltwirtschafts – Ordnung sind keine fairen Handelsstrukturen eingerichtet worden. Ganz im Gegenteil. Die mächtigen Global Player des völlig enthemmten und entmoralisierten Welt – Marktes haben die Bedingungen ausschliesslich zu ihrem Nutzen organisiert. Die Ausbeutung der verskalvten Menschen geht weiter. Wir schimpfen sie – aufgehetzt von den Systemmedien der neo – liberalen Machthabern, als Schmarotzer, Wirtschaftsflüchtlinge und brutale Piraten. Die Gründe, die Ursachen werden nicht hinterfragt – unsere Schuld nicht einmal angedeutet. Es gibt kein Einsehen. Aber es ist nun mal Fakt. Unser Wohlstand , den wir in der Krise so gerne gegen die Anderen, die Ausländer und angeblichen Asylschmarotzer verteidigen wollen; der kommt gerade auch zu einem nicht unerheblichen Teil durch unfaire, ausbeuterische Handelsbedingungen gegenüber den afrikanischen Ländern zustande. Wir sind die Erschaffer der Not und die Begründer krimineller Strukturen, die von verzweiffelten Menschen Zulauf bekommen.

Im Spiegel wurde vom Piraterie Urteil gesprochen. Die Kommentare sind zweifelsohne alle geprägt von Vorurteilen und einer begrenzten Weltsicht, die von den Massenmedien täglich propagiert werden. Es ist so einfach zu sagen: die anderen sind Schuld und deswegen raus mit denen. Die Ausländer sind böse, weil sie rauben und schmarotzen und unser System ausnutzen. Und was sind wir? Etwa die Wohltäter? Fleissige blauäugige Hühnen mit gesundem Volksempfinden, das uns bequem vom Axel Springer Verlag und den Privaten TV – Sendern vermittelt wird? Vorurteile, Ignoranz und Arroganz werden uns nicht weiter bringen – außer ins Abseits.

Die Kommentare – ein Auszug. Es gibt auch einsichtige und vorurteilsfreie Kommentare, die aber in der Minderheit sind. Und genau das ist immer wieder beunruhigend.

1. Na dann … panzerknacker51 heute, 15:02 Uhr [Zitat von sysopanzeigen...]

Zwei bis sieben Jahre (für somalische Verhältnisse) Luxushotel also; da kommt bestimmt Freude auf bei den Herren Piraten. Und was kommt danach, Asyl-Anträge? Wenn ich das Bild richtig interpretiere, hat jeder der Angeklagten zwei Anwälte. Muß das sein, und wer bezahlt das?

2. Das sollte Schule machen Schaaf heute, 15:03 Uhr Verstehe ich das richtig? Der Prozess fand in Deutschland statt, da der Heimathafen in Deutschland liegt. Sitzen die Verurteilten ihr Strafe jetzt auch in einem deutschen Gefängnis ab? Wäre das nicht für zukünftige Piraten eine “günstige” von-hinten-durchs-Knie-Mehode um nach Deutschland bzw Europa zu kommen? 3. Und nach der Haftstrafe Jakob Knoblauch heute, 15:03 Uhr bekommen die Herren eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland, weil man nach Somalia, aus dem sie unfreiwillig geholt wurden, ja niemanden abschieben darf? Das wird die übrigen Piraten aber abschrecken! Im Ernst: wenn sich das rumspricht, dass man durch Schiffe-überfallen-und-sich-festnehmen-lassen nach Europa kommt, dann wird es sehr sehr sehr lustig dort! 4. Fußnote spon-facebook-661413584 heute, 15:03 Uhr Erst räumen wir Afrika leer und dann verhaften wir die Leidtragenden und verurteilen sie hier in Deutschland.. Und das Alles nur als Fußnote in den Medien. Wir sollten uns nicht wundern, wenn sich in diesen Regionen mehr und mehr Frust und Waffen sammeln, mit dem Ziel es den Erste-Welt-Länden heimzuzahlen. 5. Die haben alles richtig gemacht… master123 heute, 15:06 Uhr In meinen Augen haben die Somalis alles richtig gemacht. Lassen sich schnappen, bekommen nun 7 Jahre (wovon sie vielleicht 3 Jahre absitzen müssen), im Vergleich zu somalischen Lebensverhältnissen, Luxushotel auf Staatskosten (mein Geld) und stellen gleich nach der Haftentlassung einen Asylantrag und dürfen bis zum Entscheid hier bleiben. Das ist ein tolles Beispiel für all die anderen Piraten: Lasst die die anderen Schiffe links liegen und kapert nur deutsche Schiffe. Hurra Deutschland. 6. jede Münze hat zwei Seiten mensch0817 heute, 15:18 Uhr Ich sehe ja ein, daß Piraterie keine Lösung ist und daß man gegen Piraten etwas unternehmen muß. Mir wäre aber wohler, wenn ich auch mal lesen würde, daß sich ein deutsches Gremium 100 Tage damit befaßt hat, wie man denn Somalia endlich wieder zu geordneten Verhältnissen führen kann. Viele der Angeklagten dürften noch nie in ihrem Leben eine Friedenszeit erlebt haben. Aber damit befassen wir uns nicht, nicht nur nicht in Deutschland, in der ganzen entwickelten westlichen Welt hört man dazu erschreckend wenig. Ob das daran liegt, daß in Somalia kein Erdöl lagert? Die Probleme, nicht nur mit der Piraterie, werden wir nur in den Griff bekommen, wenn wir mit dafür sorgen, daß die Leute in ihrer Heimat bleiben und dort vernünftig leben können. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, nicht nur für die Afrikaner. Auch bei uns wird es noch lange dauern, bis sich eine solche Erkenntnis durchsetzt und zu entsprechenden Handlungsweisen führt. 7. Unfassbar elcris heute, 15:18 Uhr Wegen erpresserischen Menschenraubs und Geiselnahme gibt es also 2-7 Jahre. Das ist ein Schlag ins Gesicht jedes friedlichen Menschen. Diese Verbrecher haben Sozialprognose zero. Wenn die heute freikämen würden die morgen wieder rauben und morden. Offenbar sind wir nicht in der Lage, mit echter Piraterie strafrechtlich umzugehen. Ich hätte eine Strafe wie für organisierte Kriminalität und mehrfachen Mord erwartet. Man muß mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, daß das deutsche Rechtssystem offenbar die Fähigkeit und den Willen verloren hat, unsere Handelsschiffer zu schützen. Hier wird man Lösungen finden müssen – z.B. outsourcing der Rechtspflege am Golf von Aden an örtliche Machthaber, mit kurzen Prozessen, langen Haftstrafen und Exekutionen bei besonders schwerwiegenden Fällen (z.B. wenn Geiseln zu Tode kommen). 8. Rechtsradikales Treibgut JaIchGenauIch heute, 15:20 Uhr Wenn ich allerdings die rechtsradikalen und menschenfeindlichen Kommentare meiner Vorkommentatoren lese, fände ich es gut, wenn sie auch einmal in den Genuss somalischer Lebensverhältnisse mit anschliessender Haftstrafe in Deutschland kämen. Sie müssen ja nicht zwangsläufig auch der Piraterie anheimfallen, es würde schon ausreichen, wenn sie dann nicht mehr so einen hasserfüllten, dummen Blödsinn hier öffentlich äussern würden. 9. Ts,Ts stilicho1 heute, 15:23 Uhr [Zitat von sysopanzeigen...]

7 Jahre und 2 Jahre….. also effektiv maximal 4 und …….das ist also die Strafe für Menschenraub, Erpressung,Piraterie……jaaa, also wenn ich mir das recht überlege lohnt es sich tatsächlich in das alte Geschäft der Seepiraterie einzusteiegen , gesetzt den Fall ,das Schiff hat einen deutschen Heimathafen. Wohlan , ihr Piraten in Somalia , kapert fröhlich weiter deutsche Schiffe !!!!!

10. Zurück nach Somalia reicht als Strafe gottgegenuns heute, 15:24 Uhr Diese “Piraten” dahin zurück zuschicken, wo sie herkommen, hätte gereicht und wäre die bessere Strafe gewesen. So aber hat sich der Rechtsstaat mal wieder selber einen geblasen, bewirkt weiter nichts und verursacht Kosten in Millionenhöhe. Haben die jugendlichen “Piraten” darüber hinaus schon ihre Asylanträge gestellt? Nach Anrechnung der U-Haft sind sie wohl bereits frei.

soll mal reichen,

so long humanicum


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