Vertragsstrafe bei Nichtantritt oder unberechtigter Kündigung des Arbeitsverhältnisses zulässig?

In vielen Arbeitsverträgen findet man Formulierungen etwa wie folgt:

„Tritt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht an oder beendet er das Arbeitsverhältnis vertragswidrig, so gilt eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts als verwirkt.“

Damit will der Arbeitgeber sein wirtschaftliches Interesse schützen, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht antritt oder ggf. eigenmächtig (z. B. fristlos ohne Grund) das Arbeitsverhältnis kündigt.

AGB-Kontrolle der Arbeitsgerichte

Vertragsstrafe-Vereinbarungen sind fast immer allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese unterliegen der AGB-Kontrolle nach dem § 305 ff. BGB. Von daher ist das sogenannte Transparenzgebot, die Unklarheitsregel und die überraschenden Klauseln unter dem der im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2) zu beachten. Als Arbeitsvertragsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer direkt ausgehandelt werden, sind sie keine allgemeinen Geschäftsbedingungen. In der Praxis kommt dies äußerst selten vor. Der Normalfall ist der, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag vorlegt oder eine entsprechende Vertragsstrafevereinbarung, die ja für eine Vielzahl von Fällen formuliert hat und für den einzelnen hier betroffenen Arbeitnehmer verwenden möchte.

Zulässigkeit von Vertragsstrafevereinbarung im Arbeitsvertrag?

Trotz des Verbotes nach § 309 Nr. 6 BGB sind Vertragsstrafevereinbarungen in Arbeitsverträgen grundsätzlich möglich und zulässig. Die Arbeitsgerichte überprüfen aber die Vereinbarungen, die allgemeinen Geschäftsbedingungen und in der Praxis hat sich gezeigt, dass trotz der allgemeinen Zulässigkeit eine Vielzahl von Vertragsstrafevereinbarungen unwirksam sind.

oft sind Vertragsstrafevereinbarungen in Arbeitsverträgen unwirksam

Ein Grund dafür ist, dass viele Arbeitgeber immer noch alte Formulararbeitsverträge verwenden und mittlerweile die Rechtssprechung diverse Vertragsstrafeklauseln für unwirksam erklärt hat. Wenn der Arbeitgeber ein altes Arbeitsvertragsmuster mit einer unwirksamen Formulierung verwendet, geht dies natürlich zu seinen Lasten. Es gibt viele Arbeitgeber, die Arbeitsverträge selbst erstellen, entsprechende Klauseln aus Verträgen zu ihren Gunsten abändern. Dies führt fast immer dazu, dass die entsprechenden Klauseln damit unwirksam werden. Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber selbst an einer unwirksamen Klausel gebunden bleibt, während der Arbeitnehmer sich darauf berufen kann, dass die Klausel nicht wirksam vereinbart wurde. Damit steht der Arbeitgeber dann natürlich „doppelt schlecht“.

Höhe der Vertragsstrafe

Als generelle Höchstgrenze einer Vertragsstrafenabrede ist 1 Bruttomonatsgehalt angemessen. Dies heißt, dass Vertragsstrafevereinbarungen, die höher als ein Bruttomonatsgehalt sind, generell problematisch sind. Dies heißt aber nicht, dass jede Vertragsstrafevereinbarung, die ein Bruttomonatsgehalt vorsieht, wirksam ist. In einem weiteren Schritt ist zu überprüfen, ob die Vertragsstrafevereinbarung inhaltlich wirksam ist.

Wirksamkeit der obigen Vertragsstrafeklauseln

Vertragsstrafeklauseln müssen die zu leistende Strafe ihrer Höhe nach klar bestimmen. Ist die Klausel insgesamt mehrdeutig formuliert, führt dies im Normalfall zu Unwirksamkeit.

Probezeitvereinbarung – kein Bruttomonatsgehalt als Vertragsstrafe zulässig

Bei der obigen Klausel ist das Problem, dass das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden hat, dass die Vertragsstrafe niemals höher sein kann, als der Lohn, den der Arbeitnehmer bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin verdienen würde. Wenn im Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart wurde, dann beträgt die Kündigungsfrist ja zwei Wochen. In diesem Fall wäre die Vertragsstrafevereinbarung in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes unwirksam, da der Arbeitnehmer innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist (zwei Wochen) ja nur ein halbes Bruttomonatsgehalt verdienen würde.

Die Vertragsstrafevereinbarung hätte also oben differenzieren müssen, danach, ob das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers während der Probezeit vorliegt, oder danach, sofern im Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart wurde.

Dabei ist es unerheblich, ob das vertragswidrige Verhalten dann später nach der Probezeit vorliegt oder nicht. Allein, dass die Klausel nicht zwischen Probezeit und der Kündigungsfrist danach differenziert, reicht aus, um die Klausel hier unwirksam zu machen (BAG Urteil vom 04.03.2004, Az. 8 AZR 196/03).

Die Klausel hätte also richtigerweise hier lauten müssen:

„Tritt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht an, oder beendet er das Arbeitsverhältnis vertragswidrig, so gilt eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts als verwirkt, höchstens jedoch in Höhe der Vergütung, die der Arbeitgeber zu zahlen hätte, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet hätte.“

Die obige Klausel differenziert eben nach Kündigungsfrist.

Rechtsanwalt Andreas Martin



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