Vertikale Windräder für die dezentrale Stromerzeugung in urbanen Gebieten

Vertikales Windrad auf der New Energy Husum, Foto: Patrick Jüttemann

Vertikales Windrad auf der New Energy Husum, Foto: Patrick Jüttemann

Gastbeitrag von Patrick Jüttemann, Betreiber des Kleinwindkraft-Portal

Aufgrund ihres außergewöhnlichen Designs ziehen Windräder mit vertikaler Achse schnell die Aufmerksamkeit auf sich. Diese Erfahrung konnte beispielsweise auf der Energiemesse New Energy Husum im März 2012 gemacht werden. Die New Energy hat sich als führende Kleinwindkraft-Messe etabliert und ein breites Spektrum an Ausstellern und Anlagentypen geboten. An den Messeständen mit vertikalen Windkraftanlagen herrschte reger Betrieb, die Mitarbeiter der Firmen oft umgeben von einer Menschentraube.

Das zunehmende Interesse seitens der Verbraucher an kleinen Windkraftanlagen wird von Fachbetrieben gerne aufgefangen. Vor dem Hintergrund der PV-Kürzungen befürchten viele Solarteure einen Kundenschwund. Im Garten oder auf dem Dach installierte Kleinwindanlagen werden als neues Geschäftsfeld in Betracht gezogen.

In Deutschland gibt es keine offizielle Statistik für die Installation von Kleinwindanlagen, so wie man es für PV-Anlagen kennt. Deshalb ist schwierig, dass Marktwachstum in Deutschland zu beziffern, um daraus die Bedeutung vertikaler Windräder ermitteln zu können. Will man Tendenzen bezüglich der Anwendung von Kleinwindanlagen erfassen, so lohnt immer ein Blick über den Ärmelkanal. Großbritannien hat sich im Jahr 2011 zum weltweit größten Markt für kleine Windräder entwickelt. Grund sind die generösen Einspeisetarife, die erheblich höher als in Deutschland sind.

Ein kürzlich vom Branchenverband renewableUK veröffentlichter Marktreport zeigt, dass vertikale Anlagen noch keine nennenswerte Bedeutung erlangt haben. Während im Jahr 2011 eine Anzahl von 3027 horizontalen Kleinwindanlagen installiert wurden, waren es nur 59 Vertikalläufer. Für Deutschland müssen ähnliche Relationen angenommen werden.

Doch was ist das Besondere an vertikalen Windrädern und welche Unterschiede bestehen zu den herkömmlichen Windkraftanlage mit horizontaler Achse? Vertikale Anlagen haben aufgrund ihrer Bauform in der Regel einen schlechteren Wirkungsgrad als Horizontalläufer. An vielen Standorten sind die Stromerträge horizontaler Anlagen höher, als bei vertikalen Turbinen.

Doch Vertikalläufer haben durchaus ihre Berechtigung, da sie gegenüber horizontalen Anlagen mit einigen Vorteilen punkten können. Zum einen sind sie sehr leise und erzeugen kaum Schattenschlag. Sie benötigen keine Windnachführung, sie müssen nicht mit einer extra Vorrichtung in den Wind gedreht werden. Bei turbulenten Windverhältnissen ist die Performanz oft besser, als bei horizontalen Anlagen.

Einige der Vorteile vertikaler Windkraftanlagen sprechen für deren Aufstellung in urbanen Gebieten. Aufgrund der hohen Siedlungsdichte sind geringe Schall- und Schattenemissionen ein wichtiger Pluspunkt. Einige Stadtwerke erproben zurzeit vertikale Anlagen, die in Städten oft auf Flachdächern montiert werden.

Vertikale Windkraftanlagen in Stadtgebieten haben eine Leistung bis etwa 5 kW. Je größer die Anlage, desto stärker können die Schwingungsresonanzen sein. Bei kleineren Anlagen ist die Wahrscheinlichkeit geringer, das sich Resonanzen auf Gebäudeteile übertragen und als störende Geräusche bemerkbar machen.

Insgesamt stehen vertikale Kleinwindkraftanlagen noch am Anfang ihrer Entwicklung. Die geringeren Wirkungsgrade können relativiert werden, wenn durch Serienfertigung die Stückkosten sinken. Der Hersteller von PV-Dünnschichtmodulen First Solar ist diesen Weg gegangen und konnte sich im Markt behaupten, obwohl die Wirkungsgrade seiner Technologie geringer waren als bei Konkurrenzprodukten. Viele neue Hersteller vertikaler Kleinwindanlagen sind in den letzten Jahren auf den Markt gestoßen. Mit Spannung bleibt abzuwarten, welche Anlagenkonzepte das Rennen machen werden.

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