Versteh doch!!!
Veröffentlicht am 11 Februar 2014 - Tags: Schreiben
Versteh doch!!!
Der Leser und auch die Leserin sind manchmal schon dumm. Da schreibt man ganz klar, was Sache ist und sie verstehen nicht, wie es gemeint ist. Damit das nicht passiert, haben sich in der schriftlichen Kommunikation bei E-Mails, SMS und Facebook-Postings hilfreiche Methoden etabliert. Damit kann man den Lesern und Leserinnen genau zeigen, wie sie zu denken haben. Also schreibt man die wichtigen Worte im Satz fett, setzt gleich drei Ausrufezeichen ans Ende oder zeigt mit Großbuchstaben an, dass dieses Wort mehr geschrien denn gesprochen werden sollte. Alles ganz einfach, oder?
Aber wer hat behauptet, dass Schreiben einfach ist? Die Kunst des Schreibens ist es, den Leser oder die Leserin so in die Geschichte hineinzuziehen, dass sie die Dinge fühlen. Wenn ich ihnen Gebrauchsanweisungen geben muss, wie sie zu lesen oder zu fühlen haben, dann habe ich als Autorin versagt. Der eherne Grundsatz „Show, don't tell“ sagt dies ebenfalls aus. Wenn die Aussage einer Figur mehr geschrien wird, weil sie gerade wütend ist, dann muss ich diese Figur auch wütend handeln lassen. Führe ich die Leser richtig durch die Geschichte, dann benötige ich keinen Fettdruck und andere Hilfsmittel. Es versteht sich von selbst.
Dies setzt ein gewisses Grundvertrauen in die eigene Schreibkunst voraus. Gerade zu Beginn der Autorenkarriere ist dies naturgemäß noch nicht so ausgeprägt und es ist nachvollziehbar, dass man meint, zu Hilfsmitteln greifen zu müssen. Davon muss man sich aber freimachen. Man muss den Lesern und sich einfach vertrauen. Es ist sogar eine Bereicherung, wenn Leser ihre ganz eigene Sichtwiese an die Geschichte legen und neue Aspekte entdecken. Ich finde es faszinierend, wenn Zuhörer bei Lesungen an Stellen lachen, mit denen ich nie gerechnet hatte. Oder, wenn mir Leser erzählen, welche Dinge sie besonders an meinen Geschichten bewegt haben. Eine bereichernde Erfahrung, die mich meine Geschichten immer wieder neu betrachten lässt. Es wäre eine Schande, wenn ich ihnen und mir diese Möglichkeiten durch das Einhämmern meiner Sichtweise genommen hätte.
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