Quelle: Helga und Gerd Steuer
Meine heutige Morgennotiz
Ihr Lieben, heute Morgen möchte ich Euch ein Märchen aus China erzählen:
„Der Sünder“
Es waren einmal zehn Bauern, die arbeiteten miteinander auf einem Feld.
Sie wurden von einem schweren Gewitter überrascht und flüchteten sich in einen halb zerfallenen Tempel. Der Donner kam aber immer näher, und es war ein Getöse, dass die Luft ringsum erzitterte.
Kreisend schlug ein Blitz fortwährend um den Tempel ein. Die Bauern fürchteten sich sehr und dachten, es müsse wohl ein Sünder unter ihnen sein, den der Blitz erschlagen wolle.
Um herauszufindenn, wer es sei, machten sie aus, ihre Strohhüte vor die Tür zu hängen; wessen Hut weggeweht werde, der solle sich dem Schicksal stellen. Kaum waren die Hüte draußen, so ward auch einer weggeweht, und mitleidlos stießen die anderen den Unglücklichen vor die Tür.
Als er aber den Tempel verlassen hatte, da hörte der Blitz zu kreisen auf und schlug krachend in den Tempel ein.“
Ihr Lieben,
ich mag dieses kleine Märchen sehr, weil es auf so eindrückliche Weise zeigt, wie falsch wir mit unserem Urteil über andere Menschen liegen können.
Besonders in christlichen Kreisen begegnet mir oft eine große Unbarmherzigkeit.
Wenn dort ein Mensch etwas Schlechtes getan hat, wenn er sich etwas zu Schulden hat kommen lassen, dann wird sich nicht besonders liebevoll um ihn gekümmert, nein, er wird besonders hart verurteilt und er wird oftmals aus der jeweiligen Gemeinde verbannt.
Ich erinnere mich noch sehr genau an das Attentat auf Papst Johannes Paul II.
Jeder Mensch hätte es verstanden, wenn er flammende Reden gegen den Attentäter gehalten hätte, wenn er diesen auf das Schärfste verurteilt hätte.
Natürlich war der damalige Papst nicht so weltfremd, dass er die Straflosigkeit des Attentäters gefordert hätte. Nein, wer etwas Schlechtes getan hat, wer sich Schwerwiegendes zu Schulden hat kommen lassen, muss sich dafür verantworten, z.B. ein Sexualstraftäter.
Entscheidend ist aber etwas anderes:
Papst Johannes Paul II besuchte den Attentäter im Gefängnis und versöhnte sich mit ihm.
Quelle: www.badische-zeitung.de
Viele meiner Freunde habe es nicht verstanden, als ich mich vor etlichen Jahren mit den Tätern aus meiner Kindheit, die mich sexuell missbrauchten und mich auf bestialische Weise quälten, versöhnt habe. Das ist mir gewiss nicht leicht gefallen.
Aber die Veränderung der Welt fängt immer bei uns an.
Wenn wir nicht bereit sind, den Teufelskreis der Gewalt und Gegengewalt, der Lieblosigkeit und des Missbrauchs zu durchbrechen, sind wir nicht viel besser als die Täter.
Durch Verurteilen und Unbarmherzigkeit ist aber noch nie ein Mensch geändert worden.
Nur durch Vergebung und Liebe kann man das Herz eines Menschen berühren und dann hoffen auf die Änderung seines Sinnes.
Ihr Lieben,
lasst uns Fackelträger der Liebe und Vergebung sein, lasst uns Menschen trotzdem lieben, auch wenn sie schuldig geworden sind.
Lasst uns Menschen zeigen, dass sie es wert sind, geliebt zu werden.
Ich wünsche Euch heute einen fröhlichen Tag und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen