Es geht ihm prima. Man darf das annehmen, liest man die aktuellen Interviews, schaut sich die Aufzeichnungen seiner letzten Konzerte an – Paul Banks, Sänger der New Yorker Postpunk-Band Interpol, ist mal wieder dabei, sich ein Stück weit von seinen früheren Weggefährten zu emanzipieren. Vor mehr als drei Jahren, damals noch unter seinem ursprünglichen Pseudonym Julian Plenti, hatte er damit angefangen, eigene Sachen zu schreiben, die Promotion für’s erste Album war eher eine schüchterne, noch unsichere, keiner und er zuletzt wußte genau, ob die Abnabelung klappen würde, ob irgendwer wohl bereit wäre, Paul Banks ohne Interpol zu denken und dauerhaft zu hören.
Diese erste Platte und eine weitere EP im Rücken, startet er nun – Moniker Plenti ist mittlerweile begraben – unter seinem Klarnamen einen weiteren Versuch, gereifter, mutiger und durchaus unternehumgslustig. Der Zeitpunkt ist gut gewählt, sein Label feiert gerade das 10jährige des Interpol-Debüts „Turn On The Bright Lights“, man möchte wieder etwas hören von diesen schillernden, dunklen und schwarz gewandeten Melancholikern. Und „etwas“ bekommt man auch – das deshalb, weil Banks‘ Stimme unwideruflich mit den Songs seiner Band verwoben ist – aber es ist eben auch „etwas anderes“, weniger vorhersehbar, experimenteller, nicht ganz so unterkühlt.
Wie das letzte Album, so ist auch das vorliegende ein eigenwilliger Zwitter geworden, man schaut beim Hören gleichsam in zwei Richtungen: rückwärts, weil manche seiner Songideen unweigerlich an die seines Kollegen Daniel Kessler erinnern und anschließen (er hat, so Banks, den Hauptteil der Stücke ja während der letzten Tournee mit der Band geschrieben), vorwärts, weil der Sound tatsächlich wieder ein Stück mehr sein eigener geworden ist. Lieder wie „Arise, Awake“, noch mehr die Instrumentals „Lisbon“ und „Another Chance“ wären mit Interpol kaum denkbar, letzteres ordnet sich eher bei Portishead als bei Joy Division ein und entspricht somit einmal mehr eher den selbstgewählten Vorbildern als den angedichteten.
Paul Banks betont ja gern und oft, dass er bei Interpol nur für Mikro und Gitarre verantwortlich zeichnet, sein Selbstverständnis wächst deshalb zuallererst am eigenen Songwriting. Doch auch wenn die Stücke weit weniger kompakt scheinen und zuweilen den wohligen Schauer vermissen lassen, sie wagen weit mehr als die des letzten Interpol-Albums, die Instrumentierung ist vielfältiger, die Brüche kommen öfter und unvermittelt. Die akkustische Gitarre ist hier mehr als ein bloßes Requisit, Streicher, programmierte Drumsets, dazu auch mal ein funky Gitarrenbrett („The Base“), straighter Rock („Paid For That“, „No Mistakes“) oder die ‚Wall Of Sound‘ („Young Again“) – fehlenden Wagemut kann man Banks gewiß nicht unterstellen.
Ganz am Schluß, wenn er bei „Summertime Is Coming“, einem Titel, den er quasi bei seinem früheren Alias Julian Plenti für das Diesseits ausgeliehen hat, mit Leidenschaft croont „Can we waste some more time just colliding in space?“, da hat er die drei Seelen in seiner Brust miteinander versöhnt, hier gelingt deren endgültige Verschmelzung meisterhaft. Es wird spannend sein, zu erleben, wie er diese Songs mit neuen Buddies demnächst auch hierzulande auf die Bühne bringt – von Interpol, soviel ist sicher, wird im Soloprogramm garantiert nichts zu finden sein. Früher wäre das ein Grund gewesen, die Konzerte eher zu meiden, mit diesem Album im Gepäck aber muß einem nun nicht bange sein – der Junge macht das schon. http://bankspaulbanks.com/
Paul Banks live unterwegs:28.01. Frankfurt, Mouseonturm29.01. Köln, Gloria Theater03.02. Wien, WuK06.02. Berlin, Kesselhaus09.02. Hamburg, Gruenspan