Versicherungsbetrug? - Ist nicht Versicherung an sich Betrug?!

elemantarschaden_coverWEIMAR. (fgw) Roland Spranger hat jetzt mit »Elemenstarschaden« im Münchner Bookspot-Verlag einen wei­te­ren Thriller aller­ers­ter Güte vor­ge­legt. Einen ful­mi­nan­ten Krimi, der ganz ohne Kommissare aus­kommt und der viel­leicht gerade des­halb trotz aller Fiktion authen­ti­scher wirkt als die »Konfektionsware« aus dem TV oder vom Grabbeltisch im Supermarkt.

Spranger hat mit »Elementarschaden« im wahrs­ten Sinne des Wortes einen in den letz­ten Jahren beson­ders akut gewor­de­nen Bereich des Versicherungsgeschäftes auf’s Korn genom­men: Die Versicherungen gegen Elemenstarschäden, hier kon­kret die durch Blitzeinschlag ver­ur­sach­ten. Wobei es in die­sem Buch weni­ger um die durch Über­span­nun­gen her­vor­ge­ru­fe­nen Schäden an elek­tro­ni­schen Geräten geht.

Nein, Spranger spitzt zu, oft der Groteske nah - ohne bil­lig gro­tesk zu wer­den: Es geht in der Geschichte aus­schließ­lich um durch Blitze ver­ur­sachte Schäden an Menschen. Schäden, die oft - so sie nicht töd­lich ver­lau­fen - nicht oder nur kaum nach­weis­bar sind. Ganz im Gegensatz zu defek­ten tech­ni­schen Geräten. Was also liegt nahe, wenn ein sol­cher Elementarschaden ein­tre­ten sollte und Geschädigte z.B. Leistungen aus der Unfallversicherung oder wegen Erwerbsminderung in Anspruch neh­men wol­len? Ja, man liegt rich­tig mit der Vermutung, daß die Versicherungen hier zunächst ein­mal grund­sätz­lich Betrug unter­stel­len. Nicht anders als es ARGE Behörden tun, die eben­falls ihren »Kunden« pau­schal Sozial-Betrug unter­stel­len und den Ärms­ten der Armen »Sozialdetektive« auf den Leib het­zen…

Doch zurück zum vor­lie­gen­den Roman: Es sind gehäuft Fälle auf­ge­tre­ten, in denen Einzelpersonen und auch ganze Gruppen ein- oder sogar mehr­mals vom Blitz getrof­fen wur­den. Teilweise mit sicht­ba­ren Körperschäden, meist aber mit nicht sicht­ba­ren wie z.B. Gedächtnisverlust. Die zustän­dige Versicherung beauf­tragt daher den nicht gerade erfolg­rei­chen Privatdetektiv Thorsten Kulik, sich die geschä­dig­ten Personen anzu­schauen und diese nach Möglichkeit des Betruges zu über­füh­ren - damit »man« keine ein­ma­li­gen Leistungen oder gar lebens­läng­li­che Renten aus­zah­len muß.

Kulik macht sich auf den Weg und trifft hier zunächst auf den etwas spin­ner­ten ehe­ma­li­gen Sparkassendirektor Gruber, der angeb­lich sogar mehr­fach vom Blitz getrof­fen wor­den ist. Was ist echt, was ist simu­liert? Als nächs­tes nimmt er eine ganze Fußballmannschaft unter die Lupe. Schließlich kommt die noch junge Annika Fritsch an die Reihe, die nach einem Blitzschlag unter Totalamnesie lei­det und getrennt von Mann und Kindern in einer Behindertenwohngruppe lebt und arbei­tet. Und schließ­lich ist da noch eine Rockgruppe, die nach einem Blitzschlag wäh­rend eines Konzertes nun angeb­lich selbst elek­tri­siert ist.

Allerdings kommt Kulik mit sei­nen Ermittlungen kaum voran, ver­liebt sich aber in Annika… Was eine anrüh­rende Geschichte in der Geschichte ist…

Während Kulik mit sol­chen bri­san­ten Fällen befaßt ist, beschäf­tigt sich sein Kompagnon Ralf Ebert mit den sim­plen Aufgaben einer Privatdetektei. Also z.B. der Frage, ob die­ser oder jener Ehepartner außer­ehe­li­che Beziehungen pflegt…

Doch bei­der aktu­elle Aufträge kom­men kaum voran, denn plötz­lich wer­den Kulik und Ebert mit etwas ande­rem kon­fron­tiert und sind selbst zu Gejagten gewor­den. Ein Stalker, der die Detektive jeder­zeit im Blick zu haben scheint, sen­det die­sen Droh-Mails mit Botschaften aus der Weltliteratur, es fol­gen anonyme Handy-Anrufe, denen sich merk­wür­dige Unfälle anschlie­ßen. Alles gip­felt in schwe­ren und schwers­ten kör­per­li­chen Angriffen. So daß sich Kulik nun weni­ger um sei­nen Auftrag von der Versicherung küm­mert, son­dern all seine Nachforschungen auf den Stalker rich­tet.

Langsam lich­tet sich der Nebel, Kulik wird fün­dig und erkennt, daß ein völ­lig ande­rer Versicherungsfall, ein ganz klas­si­scher, hin­ter all die­sen merk­wür­di­gen Vorfällen und Angriffen auf sei­nen Kollegen und ihn steckt. Der Nebel beginnt sich zu lich­ten und Kulik eröff­net sei­ner­seits die Jagd auf ihren Verfolger.

Während Ebert sich noch bett­lä­ge­rig zu Hause bei sei­ner Frau aus­ku­riert, kommt es zu einem gro­ßen Finale in den Bergen. Dorthin, zu Grubers Anwesen, ist Kulik mit sei­ner Annika unter­wegs. Ihnen hin­ter­her der inzwi­schen nament­lich bekannte Stalker. Und es kommt wie es kom­men mußte: Es ent­lädt sich ein ganz beson­ders schwe­res Gewitter und alles gip­felt in einem gro­ßen »show­down«.

Aber, nein, das ist doch noch nicht das Finale. Spranger erzählt auch die Geschichte danach, was es mit dem omi­nö­sen ande­ren Versicherungsfall (einem wirk­li­chen Betrug um Millionensummen und mit betro­ge­nen Betrügern) zu tun hat und wie die kleine Detektei darin invol­viert gewe­sen ist. Es klä­ren sich auch die Beziehungen der Protagonisten unter­ein­an­der. Und in einem letz­ten Kapitel tref­fen sich alle Blitz-Opfer zu einem Kongress. Thorsten Kulik ist hier mit von der Partie. Hat er die Seiten gewech­selt? Hat sein ursprüng­li­cher Auftraggeber nun ihm selbst einen Detektiv auf den Hals gehetzt? Wie zu einem guten Thriller gehö­rig, fol­gen auf Antworten flugs neue Fragen…

Ein fas­zi­nie­ren­der Krimi, der förm­lich zum Lesen ohne Unterbrechung ver­führt. In jeder Hinsicht gut, also kurz­wei­lig und (schwarz-)humorig geschrie­ben; trotz des nicht all­täg­li­chen Hintergrundes (»vom Blitz getrof­fen«) vol­ler glaub­haf­ter Spannung. Und nicht zuletzt lebt die­ses Buch von den ein­drucks­vol­len Naturschilderungen, sprich den unter die Haut gehen­den atmo­sphä­risch knis­tern­den Beschreibungen von Gewittern.

Das Buch regt aber auch zum Nachdenken über Versicherungen ganz all­ge­mein und über Versicherungskonzerne im kon­kre­ten an: Versicherungen sind keine Wohlfahrtseinrichtungen zuguns­ten ihrer Kunden, son­dern sind knall­har­tes Geschäft mit dem ein­zi­gen Unternehmensziel, ihren Eigentümern maxi­male Profite zu sichern.  Versicherungskunden, die auf­grund ihrer oft hor­ren­den »Prämien« im Schadensfall dann und wann tat­säch­lich ein­mal Leistungen in Anspruch neh­men wol­len, stö­ren hier­bei nur. Also was liegt da näher, diese des Betrugs zu bezich­ti­gen und nicht jene, die auf Biegen und Brechen Zahlungen zu ver­mei­den suchen?

Siegfried R. Krebs

Roland Spranger: Elementarschaden. Roman. 260 S. Hardcover m. Schutzumschl. Edition 211 im Bookspot-Verlag. München 2013. 14,80 Euro. ISBN 978-3-937357-96-6

[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]


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