Vermittlungsausschuss heißt auch, den fabrizierten Ausschuss der Öffentlichkeit zu vermitteln

"Die richtige Balance" habe man gefunden, urteilte Westerwelle. Und die Kanzlerin sei "sehr zufrieden" mit der Nachvollziehbarkeit, frohlockte Merkels Pressesprecher. "Mit großem Erfolg durchgesetzt", jubelierte Gabriel. Die vormals zerstrittenen Blöcke bekunden ihr großes Eiapopeia; alles einigermaßen zufriedenstellend verlaufen, jeder habe gewonnen und Positionen durchgesetzt - alle sind rundweg zufrieden mit der Überarbeitung der ALG II-Regelsätze. So sehr, dass eine heilige Tripel-Allianz der Zufriedenheit die Szenerie betritt.

Man hat sich eben auf die wahren Notwendigkeiten besonnen in diesem zweiten Vermittlungsausschuss, der die erste Variante, die Millionen von Langzeitarbeitslosen um üppige monatliche Apanagen gebracht hatte, vergessen machen sollte. Damals standen die Kombattanten noch unversöhnlich gegenüber, was ihnen öffentliche Rüge einhandelte - man bringe Bedürftige um ihre Bedürftigkeit, wenn man ihnen nicht eilends eine frohe Kunde von etwas mehr Zuwenig verkünde, las man allerorten. Wenn zwei Seiten jeweilige Interessen vertreten, hieß es weiters, dann würde das Demokratieverdrossenheit anfachen - in einer Demokratie, so stand jedoch zu Gebote, dürften sich zwei Ansichten nur auf dem allerkleinsten gemeinsamen Nenner treffen, nur dann sei alles in demokratischster Ordnung.

Was angemahnt wurde nahm man sich dann auch zu Herzen, setzte sich erneut in einem Vermittlungsausschuss zusammen und konzentrierte sich auf das wesentliche Element moderner Mediendemokratie: darauf, die beste PR für alle Parteien zu entwerfen, damit niemand sein Gesicht verliert. Vermittlungsausschuss hier und heute bedeutet, solange zu vermittlen, bis sich alle teilnehmenden Parteien als Sieger und Retter wähnen können. Am Ende sollen alle aus dem Ausschuss heraustreten und den geistigen Ausschuss, den sie fabriziert haben, als einen großen Wurf ausleuchten - Vermittlungsausschuss heißt: die Fehlproduktion, den fabrizierten Ausschuss also, vermittelt zu bekommen. Alle müssen erklären, besonders zufrieden zu sein; der Vermittlungsausschuss ist ein Ausschuss, der Zufriedenheit vermitteln soll - unter den Parteien natürlich, nicht bei denjenigen, denen man eine kleinkarierte Regelsatzerhöhung von nicht mal 1,4 Prozent vermittelt hat.

Und ganz nebenher sind jetzt die politischen Rubriken in den Zeitungen auch strotzend vor Texten, die Zufriedenheit atmen. Endlich sei die Politik in die Gänge gekommen, liest man da nun; endlich gäbe es einen Konsens; endlich habe man die "Institution Vermittlungsaussschuss" nicht entweiht, indem man über Gegensätzlichkeiten vermittelte (die freilich so weit nie auseinander waren!), sondern darüber, dass keiner der Teilnehmer sein Gesicht verlöre. Zufriedene Vertreter aller politischen Lager: das sei schließlich förderlich für die Demokratie!

Dass man in diesem zweiten Anlauf nicht über Verschlimmbesserungen befand, sondern darüber, dass auch die Sozialdemokratie als strahlender Gewinner heraustreten könne aus dieser illustren Runde, das ist das wahre Extrakt, aus dem Ausschüsse solcher Sorte sind. Wie können wir, werte Damen und Herren, so vor die Kameraobjektive treten, fragt man sich in solchen Ausschüssen normalerweise gegenseitig, dass wir unsere jeweilige Klientel nicht nur nicht verprellen, sondern vielleicht sogar dazu bewegen können, uns als Gewinner zu erachten? Es liegt doch in unser aller Interesse, dass keiner als Verlierer den Raum verlässt - wie also vermitteln wir unseren Wählern, dass jeder von uns erfolgreich war in dieser Runde? Dem Wähler dergleichen zu vermitteln: auch daher rühren solche Komposita wie "Vermittlungsausschuss"...


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