Vermittlung von Glaubwürdigkeit mittels Kooperation

Die Glaubwürdigkeit des Produkts nimmt im Nachhaltigkeits-Marketing einen sehr hohen Stellenwert ein. Die ökologische und soziale Qualität ist für die KonsumentInnen nur sehr schwierig nachprüfbar. Diese Art von Qualität stellt eine Vertrauens­eigenschaft dar (vgl. Balderjahn 2004, S. 183). D. h. die KonsumentInnen können gewisse Produkteigenschaften weder vor, noch nach dem Kauf überprüfen, obwohl diese Eigenschaften hohe Priorität für die Kaufentscheidung haben und oftmals mit der Bereitschaft verknüpft sind, einen höheren Preis dafür zu bezahlen. Dieser Unsicherheit der Nachprüfbarkeit können Anbieter durch unabhängige Warentests und Zertifizierungen entgegen wirken (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008, S. 41). Durch das Signalisieren von unabhängigen Überprüfungen unterstreichen Unternehmen ihre Aussagen und damit die Glaubwürdigkeit, welche Grundvoraussetzung zur Bildung von Vertrauen ist (vgl. Kirchgeorg 2005, S. 45).

Problematisch in diesem Zusammenhang: Für öko-sozial verträgliche Mode gibt es bis dato noch kein einheitliches Gütesiegel. Neben unabhängigen Siegeln gibt es auch firmeneigene. Vorgeschrieben und kontrolliert werden gesundheits- und umweltschädliche Rückstände im fertigen Kleidungsstück, gesundheitsschädliche Belastungen in Hinsicht auf die ArbeiterInnen, die das Textil fertigen, Umweltanforderungen in der gesamten textilen Kette vom Anbau bis zur Endfertigung (Abwasser, Chemieeinsatz etc.) und soziale Standards (Verbot von Kinderarbeit, faire Arbeitsbedingungen). Manche Labels berücksichtigen alle die genannten Punkte, andere wiederum nur einzelne. Auch unterscheiden sie sich in der Niveausetzung der Anforderungskriterien (vgl. Mert/Klade/Seebacher 2008, S. 38-39).

Inzwischen gibt es sehr viele Labels und die Mehrzahl der VerbraucherInnen überblicken den „Labelsalat“ nicht mehr. Zudem gibt es auch viele Labels, die mehr versprechen, als sie halten (vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer 2000, S. 44). Sogar an etablierten Labels, wie dem Fairtrade Label der FLO[1] (Fair Labeling Organisation) wird seit einigen Jahren Kritik geübt.

Der Terminus Fairtrade ist weder geschützt, noch durch Richtlinien geregelt. Jedoch ist das Fairtrade-Siegel der FLO (Fair Labelling Organization) inzwischen etabliert und gilt als größter Sozialzertifizierer weltweit. Die Fairtrade Bewegung enstand bereits in den 70er Jahren, durch die Kritik an den Strukturen des internationalen Handels. Mittels Fairtrade wollte man den stark schwankenden und niedrigen Weltmarktpreisen für Rohstoffe und dem Protektionismus der Industrieländer in Form von Subventionen und Handelsbarrieren entgegenwirken und die Lage der Kleinbauern in Entwicklungsländern verbessern. Durch die Öffnung des FLO-Systems für Großplantagen und private Großanbieter wurde in den letzten Jahren verstärkt Kritik laut.

Kritiker wehren sich gegen die Kommerzialisierung und gegen den Einsatz des Siegels von Unternehmen, wie Lidl, Néstle, Starbucks etc. da sie dahinter eine Reinwasch-Strategie vermuten um das trübe Image zu verdecken. Speziell im Lebensmittelbereich gibt es inzwischen einige Verweigerer, die, obwohl sie Fairtrade Ware anbieten, das Siegel aus diesen Gründen nicht mehr anwenden und durch direkte Zusammenarbeit mit Lieferanten und Transparenz in der Kommunikation, ihre KundInnen von ihrer Glaubwürdigkeit überzeugen wollen.

Damit die Menschen in den Entwicklungsländern auch tatsächlich vom fairen Handel profitieren, sollte möglichst viel Wertschöpfung im Süden und nicht im Norden stattfinden. Ansonsten unterstützt der Verbraucher mit dem Preiszuschlag vermehrt die Organisations- und Verwaltungsstrukturen der FLO sowie deren Partner und nicht die Menschen, in den Entwicklungsländern. Speziell im Lebensmittelbereich liegt die hauptsächliche Wertschöpfung von beispielsweise Schokolade in den Industrienationen und nicht in den Entwicklungsländern (vgl. Kreutzberger 2009, S. 238). Im Textilbereich sind die Infrastrukturen in den Entwicklungsländern inzwischen sehr gut ausgebaut und die Wertschöpfung findet vermehrt direkt dort statt, wo die Fasern produziert werden.

Derartige Diskussionen sowie Firmen, die opportunistisch handeln und Nachhaltigkeit lediglich behaupten und kommunizieren, jedoch nicht in die Praxis umsetzen, verunsichern die VerbraucherInnen und es wird für tatsächlich engagierte Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit eine immer größere Herausforderung die Glaubwürdigkeit in der Kommunikation zu transportieren (vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer 2000, S. 44).


[1] FLO wird in der Schweiz durch die Max Havelaar Stiftung, in Deutschland durch Transfair und in Österreich durch FAIRTRADE Österreich vertreten (vgl. Wikipedia 2010d, vgl. Fairtrade Österreich 2010).



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