Verliebt, verlobt und “Fast verheiratet”

Verliebt, verlobt und “Fast verheiratet”

© Universal Pictures / Emily Blunt als Violet und Jason Segel als Tom in “Fast verheiratet”.

Mit der Produktion der HBO Serie “Girls” von Lena Dunham kehrte Judd Apatows Produktionsfirma zu ihren Wurzeln zurück – mit den Fernsehserien „Freaks & Geeks“ und „Undeclared“ (in Deutschland „Voll daneben voll im Leben“ und „American Campus“) beglückte Apatow Productions Ende der 90er und Anfang der 2000er Jahre die Networks NBC und FOX. Außerdem formte Apatow hier seinen Freundeskreis: Seth Rogen und Jason Segel gehören bis heute zum festen Repertoire von Judd Apatow. Jason Segel, inzwischen selbst ein etablierter Filmemacher, arbeitet besonders gerne mit Nicholas Stoller, Drehbuchautor für „Undeclared“, zusammen. 2008 brachten die beiden „Nie wieder Sex mit der Ex“ auf die Leinwände, zwei Jahre später folgte „Männertrip“ und dem Zwei-Jahre-Rhythmus folgend erscheint nun „Fast Verheiratet“ – natürlich produziert von Apatow Productions.

Weniger als diese zwei Jahre lässt sich in dem Film Tom (Jason Segel) Zeit um seiner Freundin Violet (Emily Blunt) einen Heiratsantrag zu machen. Genau ein Jahr nachdem sie sich auf einer Silvesterparty kennen gelernt haben, gibt sie ihm ohne zu zögern das Ja-Wort. Das gemeinsame Leben gestaltet sich für die beiden nahezu perfekt. Während Tom in einem der angesagtesten Restaurants der Stadt kurz vor einer Beförderung zum Chefkoch steht, arbeitet Violet fleißig an ihrer Akademiker-Laufbahn. Dann aber platzt Violets Traum von einem Job in San Francisco und sie bekommt stattdessen eine befristete Stelle an der University of Michigan angeboten. Um ihrer Karriere nicht im Weg zu stehen, begleitet Tom seine Verlobte in die verschneite Provinz. Die Hochzeit wird dafür vorübergehend verschoben. Die beiden planen, in zwei Jahren wieder zurück in Kalifornien zu sein. Der Alltag in Michigan gestaltet sich allerdings schwieriger als gedacht. Violet wird rund um die Uhr von ihrem Professor (Rhys Ifans) auf Trab gehalten und Tom findet sich in einem Sandwich-Laden wieder. Ein möglicher Hochzeitstermin rückt in immer weitere Ferne und auch die beiden Verlobten scheinen sich langsam voneinander zu entfremden.

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Alison Brie und Chris Pratt

Es scheint so, als habe die stets charmante Emily Blunt etwas Anspruch in die Witzewelt unter der Gürtellinie gebracht, die sonst vorherrschend in den Apatow-Produktionen war. Aber wenn eine Schauspielerin wie Blunt zu Männern wie Jason Segel, Chris Pratt, David Paymer oder Jim Piddock stößt, wird selbst aus dem Sexgerede ein kunstvolles Cirque du Soleil-Bild gemacht. Eine Hochzeit ist etwas für erwachsen gewordene, dass wird in „Fast verheiratet“ nicht nur durch die Spontanehe von Alex und Suzie, dem besten Freund von Jason Segels Tom und der Schwester von Emily Blunts Violet, gezeigt, sondern eben auch an dem verkappten Ehepaar, welches sich durch das Unvorhersehbare im Leben aus der Ruhe bringen lässt. Und damit beweist auch das Drehbuch-Duo Jason Segel und Nicholas Stoller, dass sie mit ihrer Schreibe etwas reifer geworden sind. Gänzlich muss man die Peniswitze und Sex-Anspielungen nicht missen, aber überwiegend wurde sich doch der Mund mit Seife ausgewaschen. Sehr zum Wohlwollen des Films, in dem Segel zum wiederholten Mal in seiner Paraderolle des gescheiterten, aber liebreizenden Knuddelbär-Losers auftritt – hier gepaart mit eben jener Emily Blunt, die selbst beim Mord-Tatorte säubern („Sunshine Cleaning“) noch zurückhaltend sexy wirkt.

Hier verbirgt sich eine der vielen Stärken von „Fast verheiratet“. Das Casting ist nahezu perfekt. Die hoch exzentrische Suzie, gespielt von Alison Brie („Community“), verurteilt noch die schnelle Hochzeit ihrer Schwester, wimmelt den schleimig anstößigen besten Freund von Tom auf der Verlobungsfeier ab, nur um mit diesem dann im Bett zu landen, Schwanger zu werden, ihn zu heiraten, erneut geschwängert zu werden und das fast perfekte Leben zu führen, welches im Geiste lang und gut geplant werden muss, im wahren Leben aber schneller kommen kann als man es sich denkt. Chris Pratt ist da der ebenso perfekte Schauspiel-Partner, entstammt der Fernsehserie „Parks & Recreation“ und wandelt sich mit Frau und Kind an seiner Seite zum verantwortungsbewussten Ehemann mit Blitzkarriere als Koch. So kann das perfekte Leben aussehen, so kann es binnen weniger Jahre geschehen. Es geht aber auch in die andere Richtung, in diesem Fall leider für die beiden Hauptprotagonisten, deren Verlobung zwar bereits nach einem Jahr des Zusammenseins erfolgt, ab diesem Moment aber alles schief geht und in Frage gestellt wird. Auch Blunt und Segel, beides einfach liebreizende Persönchen, funktionieren als Paar so gut, dass man ihnen das gemeinsame Leben wünscht, es aber dermaßen in die Brüche gehen sieht, es so schmerzhaft tragisch inszeniert wurde, dass man die Auflösung der Verlobung als einzigen Ausweg wahrnimmt. Die Komödie spielt mit einem durchaus ernsten Unterton. Es ist diese neue Richtung für Regisseur Nicholas Stoller, die „Fast verheiratet“ so sympathisch real erscheinen lässt. Hier ist niemand der Böse, niemand der Gute, hier herrscht einfach das normale, unkontrollierbare Leben.

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Rhys Ifans

Dazu nimmt sich der Film eine Menge Zeit, aber durch die Überlänge werden erst die Dimensionen der Handlung deutlich gemacht. Was sich bei Alex und Suzie in wenigen Filmminuten abspielt, dauert bei Tom und Violet immerhin zwei Stunden, in denen aber niemals Langeweile aufkommt, höchstens bei Jason Segel selbst, der in der Ödnis von Michigan irgendwann zum bärtigen Waldschrat wird und seine Erfüllung in der Jagd auf Rehe und dem Stricken von unförmigen Wollpullis findet. Derweil wird Emily Blunts Violet zum Lehrprojekt-Liebling ihres Universitätsprofessors – Rhys Ifans als Lehrkörper, der zwar nicht wie in „The Amazing Spider-Man“ zur gigantischen Echse mutiert, sich aber trotzdem an der Frau des Helden vergreift.

„Fast verheiratet“ bietet beste Unterhaltung mit gut aufgelegten Darstellern. Möchte man diesen Film als romantische Komödie betiteln, so gehört er in einer Schublade mit Filmen wie „Freundschaft Plus“ oder „Freunde mit gewissen Vorzügen“ zu den qualitativ weitaus hochwertigeren Produkten dieser komödiantischen Untergattung.

Denis Sasse

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