Etappe 5 & 6
Da die sechste Etappe, die schwerste der ganzen Route sein soll, wollen wir die fünfte Etappe von Le Châble zur Cabane du Mont Fort möglichst entspannt angehen.
Ich möchte lobend erwähnen, dass die Wege in Frankreich und der Schweiz hervorragend ausgeschildert sind. In Kombination mit Kev Reynolds Buch “Chamonix to Zermatt”, kann man sich eigentlich nicht verlaufen.
Auf der fünften Etappe haben wir es trotzdem geschafft. Und so wurde der vermeintlich entspannte Brückentag noch richtig anstrengend.
Kurz vor unserem Ziel entdecken wir das ungarische Pärchen am Berg. Sie sind auf dem richtigen Weg oberhalb von uns. Ein inoffizielles Rennen um die besten Hüttenplätze beginnt. Wir geben alles und kommen erschöpft und mit zwei Extra-Stunden in den Beinen zeitgleich auf der Hütte an.
Auf der Hütte erfahren wir, dass die sechste Etappe so verschneit ist wie seit 25 Jahren nicht mehr. Um 5 Uhr morgens sollen wir aufbrechen. Kurz bevor wir ins Bett gehen, bricht ein höllisches Gewitter los. Die Spannung steigt.
Im morgentlichen Nieselregen habe ich meinen persönlichen Tiefpunkt auf der Route. Der steile Aufstieg zum ersten Pass des Tages (Col de la Chaux 2940 m) macht mich fertig. Ich habe Fußschmerzen, sinke ständig im Schnee ein und kann meine kaputten Stöcke nicht verwenden. Zwei weitere Pässe liegen noch vor uns und das Wetter ist unvorhersehbar. Meine Hände sind eisig, gleichzeitig schwitze ich wie ein Schweinebraten.
Im eingeschneiten Tal zwischen den zwei Pässen herrscht unheimliche Stille.
Doch dann entdecke ich an einem Hang unweit von uns einen kleinen schwarzen Punkt. Der Punkt bewegt sich! Das muss der Japaner sein, der gerade in einer Wolke verschwindet! Also geht es doch noch weiter aufwärts. So ein Mist!
Wenig später taucht aus dem Nichts ein Mann mit einem riesigen Rucksack auf gefolgt von einer Frau. Die mysteriöse Erscheinung stellt sich als weiteres Australisches Pärchen heraus, das tatsächlich am Eissee gezeltet hat!
Wir beschließen auf die restlichen Wanderer zu warten und gemeinsam den letzten Anstieg anzugehen.
Für die Übernachtung mit Halbpension (aus der Dose) gehen wieder über 50 EUR drauf. Für 2 Min Duschzeit muss man weitere 4 EUR auf den Tisch legen.
Die Stimmung ist aber gut. Alle sind froh die Etappe gemeistert zu haben. Langsam lernt man sich auch besser kennen.
Als wir nach dem Abendessen gesellig auf der Stube hocken, geht die Tür auf und zwei Blonde Frauen stolpern erschöpft herein. Die Damen werden von uns übrigen Wanderern aufgrund ihrer Haarfarbe nur als die “swedish girls” bezeichnet.
Sie sind auf der Route vor allem dafür bekannt, zu spät aufzustehen und deswegen gelegentlich das Abendessen zu verpassen. Eine gefährliche Strategie.
Gemeinsam bilden wir einen bunten internationalen Haufen. Die Protagonisten der Walker’s Haute Route 2013.
Huch, schon kurz nach acht. Ab ins Bett! Morgen früh um 5 Uhr wird die siebte Etappe eingeläutet.