Vergiss die Hochzeitspiele!

Vergiss die Hochzeitspiele!Hochzeitsfeiern, die nicht schön geplant sind brauchen unbedingt Hochzeitsspiele. Unpassende Tischanordnung, falsche Gästeliste, unpersönlichem Ambiente, zielgruppenverfehlendes Line-up der Band und die Stimmung ist spätestens nach dem Essen kollabiert. Was bleibt ist Langeweile und Alkohol. Im fatalen Glauben durch ein Hochzeitsspiel etwas „Pepp“ in die Veranstaltung zu bringen, greifen die „Verantwortlichen“ zu grauenhaften, menschenunwürdigen Belustigungen. Die Zahl der Spiele ist ebenso Legion, wie die peinlich berührten Bräute, die dabei zusehen müssen, wie der frisch Angetraute fremde Frauenbeine begrabscht, nur um zu erkennen, welches Frauenbein ihm am ähnlichsten dem seiner Frau erscheint. Ehepaare, die für Geldscheine am Boden kriechen müssen, erwachsene Männer die als Baby verunstaltet in ein Laken gehüllt, rücklings von ihrer Frau mit Schokopudding beschmiert werden und viele andere Unrühmlichkeiten der Partyunterhaltung für 12-jährige haben sich in die Hochzeiten bedingungslos eingebrannt. Der Spaßwert ist für Braut und Bräutigam sehr übersichtlich.
Kein Erwachsener mit einem halbwegs vollständigen Chromosomensatz würde sich im Normalfall so einem Unsinn hingeben. Warum soll eine Braut ausgerechnet am schönsten Tag ihres Liebeslebens, mit verbundenen Augen ihren frisch vermählten Mann mit Schokopudding füttern wollen?
Natürlich gibt es Spiele, die auf das Brautpaar abgestimmt sind. Wie zum Beispiel das Schuhspiel (das Brautpaar sitzt mit dem Rücken zueinander und muss durch Heben eines Schuhs Fragen des Zusammenlebens beantworten). Grundsätzlich nette Idee, allerdings für die Gäste langweilig. Dem Gast ist das Wissen, wer von beiden der bessere Koch ist, zumeist egal, auch wer von beiden öfter die Toilette putzt, ist den Hochzeitsgast eine redundante Information. Der Gast langweilt sich während dieser Spiele. Aus Anstand würde das ein Gast aber nie zugeben. Um ein Fest für alle zu machen, müssen solche Hochzeitsspiele (wenn sie überhaupt sein müssen) interaktiv sein. Alle Gäste sollen ins Spiel mit einbezogen werden. Zum Beispiel das Schuhspiel, nur nicht mit dem Brautpaar, sondern mit den Gästen.
„Wer ist der bessere Koch? Claudia oder Sebastian“ und die Gäste voten mittels einem Damen und einem Herrenschuh. Das wäre zwar eine Verbesserung, aber noch immer etwas langweilig.
Variante: Man nimmt seltsame oder lustige Begebenheiten aus der Vergangenheit der beiden, die nur wenige Gäste wissen.
Claudia flitzte, weil sie eine Wette verloren hatte, in ihrer Studienzeit am UCLA einmal über den Campus. Frage: Wer von beiden rannte tagsüber schon einmal nackt über eine Straße?
Sebastian jobbte in den Ferien im Büro einer kleinen Postfiliale. Weil er eine Verabredung mit Claudia hatte, drehte er den Zeiger der Bürouhr 10 Minuten nach vor, damit er früher zum Date gehen konnte.
Frage: Wer von beiden drehte die Bürouhr nach vor, um früher zum Date gehen zu können? usw.
Die Gäste stimmen ab, wem von beiden sie dies zutrauen würden. Die Überraschung für manche Gäste ist garantiert, die Unterhaltung bei der Auflösung der Frage ebenso. Wenn der/die SpielleiterIn ein wenig recherchiert, findet sie/er sicher genug Material, das sich für die Fragestellung eignet. Die Sensibilität sollte aber nicht fehlen. Fragen im Zusammenhang mit Ex-FreundInnen oder zu persönliche Dinge, sollten tunlichst vermieden werden!
Fazit: Wenn es wirklich, unbedingt, unvermeidlich sein muss, dass Hochzeitsspiele veranstaltet werden, dann bitte ohne Peinlichkeiten, Erniedrigungen der Braut oder des Bräutigams und ohne Langeweile für uns Gäste. Ein Spiel reicht als Abendeinlage völlig. Stimmt das Spiel auf das Brautpaar ab und bezieht die Gäste mit ein.
Vergesst nicht: An die Spiele erinnert sich nach einem Jahr niemand mehr, an die Herzlichkeit des Tages jeder.

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