Juhu, neue Rubrik! Heute mit Princess Chelsea’s „Lil Golden Book“ aus Neuseeland. Kein Album wohl, das man so kennt. Kein Album wohl, das man so hört. Barocker Pop soll es sein, und irgendwie klingt das Ganze auch ein wenig nach der Antwort auf Lily Allen aus Neuseeland. Willkommen sei die Rubrik: Vergessene Musik.
ÜBER DIE REPETITION UND DIE KRANKHAFTEN WIDERSPRÜCHE DES LEBENS IN ROSAROT MUSIK
Mit feinen Keyboardtönen, die eine Erinnerungsbrücke von der Kindheit in die Gegenwart geschlagen haben, beginnt das erste Lied „Machines Of Loving Grace“. Die Akkorde des Keyboards halten sich hartnäckig maschinenhaft mechanisch durch das Stück hindurch, ehe eine durch Verzerrung verklärte Stimme dem Ganzen noch eine Extra-Melodie hinzufügt. „Yulia“, das darauf folgende Stück, ist ein schleppendes Lied mit hohen Klavierläufen. „Yulia“, wohl ein Mädchen, wird inhaltlich besungen und über eine Beziehung ausgefragt, die offenbar nicht gut für sie ist, an welcher Yulia jedoch dennoch festzuhalten scheint. „Yulia what do you see in him?“ ist der alltägliche Ausdruck subjektiv gefärbter Verständnislosigkeit. Der erste Teil der Verständnislosigkeit wandelt sich zur Frage mit existentieller Färbung: „(…) Is it better to be different than to be better?“ Schnell wird klar: Die Lieblichkeit und Einfachheit der Stücke sind eine Fassade. Ein gelb angestrichenes Haus aus Beton, ohne Heizung und kalt. Fragen über das Leben und vielfach auch das Vorkommen von Gedankenspielen. Wahrheiten sind in rosarot (oder in gelb) halt doch besser verpackt. Doch hören wir uns noch weitere Stücke an.
ÜBER ALTLASTEN UND DIE WIEDERHOLUNG
Auf dem Album gibt es Lieder, die heissen „Ice Reign“ (ein La-La-La-Stück mit Lyrics übers Kopfabschneiden) oder „Frack“ (klingt auch wie der Rest, nur etwas abgedämpfter mit netter Glockenspielatmosphäre).
„The Cigarette Duet“ ist eine herausstechende liederhafte Debatte aus Duett-Gesang, die sich um die Lasten des Rauchens drehen. Zunächst. Das komisch-absurde Streitgespräch verfällt in Wiederholung. Der weibliche Part beharrt darauf, doch nur 2 Zigaretten die Woche zu rauchen, wogegen die männliche Seite meint, sie mache sich etwas vor. „Honey don´t you love me you know it makes me sad“ verrät dann auch, es geht natürlich nicht nur ums Rauchen, sondern um Machtverhältnisse. Intoleranz stösst auf Inkonsequenz. Und das klingt so liebhaft, dass man sich noch eine anzündet. „The Cigarette Duet“ also ein komödiantisches Spassliedchen mit – wenn man sie sucht – ernsthafter Thematik. Die charakteristische Glockenspielmusik des Albums überwiegt auch hier und resultiert in Wiederholung. Repetition.
PRINCESS CHELSEA – THE CIGARETTE DUET
Steht der Name „Caution Repetitive“ wohl programmatisch für das ganze Album, die ganze Musik der vermeintlichen Prinzessin von Chelsea? Achtung, Wiederholung! Der Hörer wird vorgewarnt, hier findest du nichts Neues, Repetition auf Repetition. Auf Repetition. Unterstrichen durch die schönen Zeilen:
„(…) you could be something great but something great is nothing new“
- Wieso sollte man künstlich nach etwas streben, dass man sowieso nicht will? Ein Eingeständnis der unfreiwilligen Unterwerfung der Gewohnheit.
Gibt es denn bei dieser Unterschwelligkeit der Verzweiflung kein richtig dramatisches Lied auf dem Album? „Overseas“ ist die Antwort. Es geht um die ewige Suche, gebettet in ein metaphorisches Bild einer Überseereise, „we get what we need we try very hard to believe its better“, um das Ankommen, um die Suche nach einem besseren Ort. Um das Niemals Ankommen.
PRINCESS CHELSEA – OVERSEAS
DIE ZUSAMMENFASSUNG
Das Fazit des Albums: Leicht ist „Lil Golden Book“ musikalisch gesehen, keine grossen Sprünge werden vorgenommen, Tonarten bleiben eingehalten, kindhafte Glockenspiele und Mitsingmelodien versprühen ihren leichten parfümierten Dunst über die Platte hinweg. Teil 2 von „Ice Queen“ ist der Schlusssong.
Dream Pop? Ja: Die Verträumtheit einer besseren Welt in einer industrialisierten Zeit, in welcher man alles hat. Das anschliessende Poppen der Seifenblase der Träume.
HIER DAS ALBUM IN GÄNZE
KEEP BUZZIN
PS. Neue Musik ist von Princess Chelsea durchaus zu erwarten (gemäss Website und offizieller Facebook-Seite). 2013 brachten sie ihre Single “We’re So Lost” (hier das meta-mediale Musikvideo) heraus. Das neue Album, “The Great Cybernetic Depression” (2014) wird in Kürze erscheinen.
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