Natürlich ging es um "Naziaufmärsche" (dpa), natürlich ging es um die Bewahrung der Demokratie. Die sei gefährdet, wenn Feinde der Verfassung am Jahrestag der alliierten Luftangriffe auf Dresden oder am Leipziger Völkerschlachtsdenkmal einfach so öffentlich gegen den guten Geschmack und die Meinung der Mehrheit der sächsischen Landtagsabgeordneten demonstrieren dürften, so der Konsens der Demokraten, der Sachsen-Anhalts inzwischen geschiedenen Innenminister Holger Hövelmann sofort inspirierte, auch in seinem Bundesland für hygienische demo-Bedingungen zu sorgen.
Nun aber geht alles auf Anfang. Quasi unbelehrbar hat der sächsische Verfassungsgerichtshofs das Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Staatsregierung für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz sei ein Angriff auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Der Staat dürfe nicht pauschal Demonstrationen an bestimmten Orten verbieten oder mit Auflagen versehen.
Die demokratische Medienöffentlichkeit zeigt sich prompt enttäuscht: "Freie Bahn für Nazi-Demos an historischen Orten", schreibt das "Handelsblatt", der Grund seine "gravierende Formfehler", wichtet der "Spiegel" formelle Gründe für das Urteil höher als die von den Richtern getroffene Wertung, es handele sich bei dem Gesetz um einen "Angriff auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit". Gegen das Gesetz geklagt hatten Linkspartei, Grüne und auch die SPD, deren Mitglied Hövelmann das Versammlungsrecht in Sachsen-Anhalt bereits 2008 so geändert hatte, dass Demonstrationen an Gedenkorten und -tagen, die "an die Opfer des Nationalsozialismus sowie an Menschenrechtsverletzungen in der DDR erinnern" (Hövelmann), ohne weitere Begründung untersagt werden können.