Verbrannte Bratkartoffeln!

Von Oliver Alois Ernst John

Es gab Abendessen und der kleine Junge war ziemlich überrascht als seine Mutter angebrannte Bratkartoffeln auf den Tisch stellte. Noch überraschter war er allerdings über die Reaktion seines Vaters, der ihn anlächelte und folgende Worte sprach:

„Als ich in deinem Alter war, hat meine Mutter, also deine Oma, einmal angebrannten Toast serviert. Wir hatten alle mächtig Kohldampf, vor allem mein Vater – dein Opa!

Er hatte einen langen Arbeitstag hinter sich und war ziemlich erschöpft. Ich sage dir, die Toasts waren nicht nur angebrannt, sie waren auf einer Seite kohlrabenschwarz. Ich schaute meinen Vater an, ob er deswegen etwas sagen würde, aber er aß den verkohlten Toast mit etwas Butter und Wurst, fragte mich nach meinen Hausaufgaben und wie es beim Fußballtraining lief. Ich weiß nicht mehr, was ich geantwortet habe, aber ich kann mich noch genau erinnern, wie sich meine Mutter bei meinem Vater für die angebrannten Toasts entschuldigt hat.

Seine Antwort werde ich niemals vergessen. Er küsste sie auf die Stirn, nahm sie in den Arm und sagte: ,Liebling, mach dir deswegen keine Gedanken. Ich liebe angebrannten Toast.‘ Kurz vor dem Zubettgehen fragte ich meinen Vater, ob er wirklich angebrannten Toast möge, da er gruselig geschmeckt hatte. Da legte er seinen Arm um meine Schultern und sagte: ,Deine Mutter hatte heute einen anstrengenden Tag im Büro. Sie war sehr müde und mit ihren Gedanken nicht bei sich. Weißt du, ein angebrannter Toast tut niemandem weh, verletzende Worte hingegen schon.‘ Er sah mich eindringlich an und fügte hinzu: ,Das solltest du dir gut merken: Das Leben besteht aus lauter unvollkommenen Dingen und unvollkommenen Menschen.

Niemand ist perfekt. Auch ich nicht. Ich vergesse Geburtstage und Hochzeitstage und mache unvernünftige Sachen, so wie jeder Mensch auf dieser Welt. Was ich in all den Jahren mit deiner Mutter aber gelernt habe, ist, die Makel, Fehler und all die Gegensätze seines Partners zu feiern, anstatt sie permanent zu erwähnen und zu bekämpfen. Diese einfache Regel, mein Sohn, ist der wichtigste Schlüssel zu einer gesunden, glücklichen und dauerhaften Beziehung. Das Leben ist so unfassbar kurz. Vergeude es nicht mit Dingen, die du später bereust. Liebe die Menschen, die dich gut behandeln und habe Mitgefühl mit denen, die es nicht tun…‘

In dem Augenblick kam die Mutter des Jungen in die Küche zurück und setzte sich zu ihren Männern an den Tisch. Der kleine Junge dachte noch eine Sekunde über die Erzählung seines Vaters nach, zwinkerte ihm dann zu und sagte mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Hmmm, Mama, deine Bratkartoffeln riechen aber köstlich heute. Danke für dieses Abendessen. Eine große Portion bitte.“