Veränderung


Veränderung
Guten Tag :)
Heute kommt mal wieder ein sehr persönlicher Blogeintrag zum Thema Nervenschmerzen aus dem einfachen Grund, weil man das Thema nicht oft genug zur Sprache bringen kann. Es erste Mal wurde ich mit dem Thema im Alter von 13 Jahren konfrontiert und zu dem Zeitpunkt konnte ich mir noch nicht ausmalen, dass mich das alles in nur wenigen Jahren noch eine Spur härter treffen wird. Erst hatte ich die Nervenschmerzen nur im Fuß, ehe ich sie auch im Gesicht hatte.
Der Text ist ziemlich lang geworden, also bitte nicht erschrecken.

Bis an die Grenzen


Das alles hatte mir damals den Boden unter den Füßen weggerissen und mein Leben stand lange Zeit Kopf. Arztbesuche zählten plötzlich zum Alltag und das nicht schlafen können vor Schmerzen wurde zur Gewohnheit. Irgendwann gewöhnt man sich im gewissen Sinne einfach daran, dass der Fuß bei zu viel Belastung anschwillt und jede einzelne Berührung höllisch schmerzt. Aber auch wenn es irgendwann Alltag wird: An den Schmerz selbst kann man sich nur schwer gewöhnen.
Ich kann die Tage an denen ich vor Schmerzen einfach nicht mehr konnte oder auch wollte nicht mehr zählen. Bei Nervenschmerzen merkt man schnell wo die eigenen Grenzen liegen und oft unterschätzt man das ganze einfach. Der Schmerz baut sich selten nach und nach auf: Er trifft einen direkt mit voller Wucht.
Und vor allem wird auch das kontinuierliche in Frage stellen der Schmerzen von anderen irgendwann zur Gewohnheit. Nervenschmerzen kann man erst annähernd nachempfinden, wenn man sie selbst einmal gespürt hat.
Ganz zu Beginn hatte ich mir oft die Frage gestellt, ob ich das wirklich ein Leben lang aushalten will. Und ich glaube wenn man sich all die Texte/Gedichte aus den Jahren durch liest merkt man auch schnell, dass ich mental einfach komplett überfordert war.

...und darüber hinaus


Mittlerweile ist es mir vollkommen gleichgültig, ob ein Arzt mir die Phrase "Es gibt nichts was ihnen helfen könnte" an den Kopf wirft. Manche Ärzte sind halt komplett überfordert mit der Behandlung von Nervenschmerzen und oft hilft es nur sorgsam abzuwägen, ob sich diese Diskussion bei jedem Arztbesuch lohnt.
Klar hat das alles sichtbare Spuren hinterlassen und Arztbesuche sind jetzt nichts, was ich einfach so noch in Betracht ziehe. Aber diese Kampf macht mich nun einmal nicht aus. Er hat mich verändert und abgehärtet, jedoch sagt das alles sehr wenig über mich als Person aus. Manche fällen sehr schnell ein Urteil über all das was hinter geschlossenen Türen passiert ist und meinen dann die ultimative Wahrheit zu kennen. Aber dem ist nicht so: Wenn man nicht die ganze Wahrheit kennt, kann man sich auch kein angemessenes Urteil erlauben. Und das muss man sich auch immer wieder vor Augen halten: Kann eine solche Person sich wirklich vorstellen was es heißt vor Schmerzen das Bewusstsein zu verlieren und dann noch zu hören, man soll sich nicht so anstellen? Und dann von einer Krankenschwester zu hören, man müsse das alles ertragen und überwinden?
Durch das alles habe ich meine eigenen Grenzen kennen gelernt. Und ich habe gelernt, dass auch wenn alles schlecht läuft es wieder besser werden kann. Ich habe gelernt metaphorisch meine Sandsäckchen zu packen, zu stapeln und wenn ein Sturmflut kommt und diese wegreißt einfach wieder neue Sandsäckchen zu befüllen und diese erneut zu stapeln. Ich habe gelernt was Widerstandskraft(Resilenz) wirklich bedeutet und wie ich diese nutzen kann um all das irgendwie erträglich zu machen.

Genügsamkeit


Viele Dinge sind nun nicht mehr möglich und damit muss man sich irgendwie arrangieren. Den Nerven ist es vollkommen egal, ob man auf die Barrikaden steigt und sich darüber aufregt und pausenlos jammert. Jedoch setzt dieses ständige jammern der Psyche zu und oft hilft es einfach, wenn man sich auf die positiven Dinge im Leben zu konzentrieren.
Ich kann nun einmal nicht mehr einfach so auswärts essen und auch Aktivitäten wollen sorgsam geplant werden. Aber das ist nun einmal für mich zum Alltag und auch zur Gewohnheit geworden. Man lernt lernt quasi alles was für viele selbstverständlich ist zu schätzen: Rausgehen im Winter ohne das Gesicht schützen zu müssen, den Wind im Gesicht zu genießen, einfach in einen See zu springen und den Sommer zu genießen mit einem Eis oder so etwas wie in einem Restaurant essen oder jemand anderen zu küssen. An manchen Tagen bin ich einfach nur glücklich darüber, wenn ich daheim mit einem Buch sitzen kann und in Ruhe lesen kann und das alles ohne starke Schmerzen dabei ausblenden zu müssen.

Dankbarkeit


Man nimmt vieles nicht mehr als selbstverständlich wahr und einem wird auch bewusst was die Gesundheit an sich für ein Geschenk ist. Ich musste mich wegen den Nervenschmerzen intensiv mit der Ernährung auseinandersetzen und vor allem musste ich diese konsequent umstellen. Durch die Nervenschmerzen im Gesicht muss ich oft auf feste Nahrung verzichten und das stellt mich doch immer wieder vor neue Herausforderungen. Was isst man unterwegs? Wie erkläre ich das anderen? Und vor allem was gebe ich alles von mir Preis, wenn ich es ihnen erkläre? Es ist ja kein Dauerzustand und ich bin um jeden Tag dankbar, an dem ich wie jeder andere einfach einen Milkshake trinken kann oder mal Salzstangen knabbern kann.
Rückblickend bin ich sogar sehr froh, dass ich dank dem Ganzen so früh erwachsen werden musste. Das hört sich vielleicht komisch an, aber man lernt halt sich durchzusetzen und vor allem jede Menge Widerstandskraft zu entwickeln. Man lernt sich ein dickes Fell anzulegen und lernt auch, dass nicht jeder Windstoß einen umhaut. Und vor allem lernt man auf Menschen zu zugehen und was es heißt am Boden zu liegen und kein Licht mehr zu sehen. Und vor allem habe ich gelernt, dass es im Leben nicht auf Geld oder den einen Menschen ankommt. Man kann sich nun einmal keine Gesundheit kaufen und Geld macht einen auch nicht glücklich, wenn man am Boden liegt. Und in solchen Zeiten lernt man auch sein Umfeld erst richtig kennen: Wer steht einem nur zur Seite, wenn die Sonne lacht? Und wer legt sich zu einem und hilft einem dabei wieder neuen Mut zu fassen?
Und vor allem bin ich unglaublich dankbar für die Selbsthilfegruppen und an die Menschen, die einem dort ein offenes Ohr leihen. Klar ist auch in solchen Gruppen nicht alles Gold was glänzt, aber wenn man an die richtigen Leute gerät kann das durchaus Gold wert sein.
Ich könnte noch viel mehr zu diesem Thema schreiben, aber ich belasse es erst einmal dabei.
Zu dem ganzen möchte ich gerne noch dazu schreiben, dass das Thema multimodale Schmerztherapie bzw. Schmerzverarbeitung noch recht neu ist. Erst ungefähr 1990 wurde in Deutschland damit begonnen auch Psychotherapie, Ergotherapie u.a. neben der medikamentösen Therapie bei Schmerzen einzusetzen. Das heißt in 2004 gab es auch noch nicht die Möglichkeiten wie jetzt für mich und auch jetzt ist es in manchen Regionen noch nicht möglich zu einem Schmerztherapeuten zu gehen. Und das ist natürlich für einen selbst die Hölle, wenn man weiß man hat Schmerzen und zeitgleich weiß man auch, dass da kein Arzt für einen da ist. Und das verstehen leider auch die wenigsten, wenn man ihnen erklärt wie unsinnig ein Arztbesuch für einen ist, wenn man dem Arzt erst einmal erklären muss was das für eine Erkrankung ist. Und wie schlimm dann alles für einen ist, wenn der Arzt erst einen Kollegen anrufen muss um zu fragen wie man das behandelt. Und dann eine Suchmaschine zu Rate zieht, weil der Kollege gerade keine Zeit hat.
Andere Beiträge zu dem Thema:
Nervenschmerzen - Was ist das?
Trigeminusneuralgie - Das Gewitter in meinem Gesicht
Innere Einstellung
Du siehst mich an und siehst es nicht
Pokerface 04.01.2010
Das ist nur ein kleiner Auszug. Unter den Tags "Chronische Schmerzen", "Trigeminusneuralgie" "Nervenschmerzen" und "Depression" findet man den Rest.
Vielen Dank fürs durchlesen :)
Bye

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