Seit nun fast zwei Jahren backe ich fast ausschließlich vegan und werde auch sehr häufig auf dieses Thema angesprochen.
Wie ich zum veganen Backen kam
Auslöser war damals der “Essen fürs Klima”-Tag bei uns in der Mensa Osnabrück im November 2011. Am Info-Stand lagen vegane Rezepte aus, und als experimentierfreudige Hobby-Bäckerin musste ich natürlich sofort das Rezept für den Apfel-Nusskuchen ausprobieren. Das Rezept liebe ich bin heute und war wohl ein echter Glücksgriff – denn spätere vegane Kuchenrezepte, die ich mir an diversen Tierschutzständen zu den verschiedensten Gelegenheiten habe geben lassen, ließen leider mehr als zu wünschen übrig. Total begeistert von der Möglichkeit, nachts auch ohne Eier im Haus leckeren Kuchen backen zu können, habe ich weiter experimentiert. Ermöglicht wurde mir das Ganze durch viele sehr liebe LeserInnen, die mir auf meinem Blog, auf meiner Facebook-Seite und bei chefkoch.de viele individuelle Tipps gegeben habe und sogar mir zuliebe anfingen, Testkuchen zu backen, um mir von ihren Erfahrungen zu berichten. Ein ganz, ganz großes Dankeschön an dieser Stelle – ohne euch hätte ich das alles nicht lernen und dabei meinen eigenen Stil finden können!!!
Im Januar 2012 stieß ich dann zufällig über irgendwelche Rezepte-Seiten auf die Seite von PETA-Asia-Pacific, die ein 30-tägiges vegetarisches/veganes Probeabo anboten, bei dem man jeden Tag per Mail Rezepte und Tipps bekommt. Hmmm, dachte ich, wohl nicht so mein Ding, aber was spricht eigentlich dagegen, es zumindest mal einen Monat lang zu testen?
So hab ich mal einen Monat lang getestet, wie es ist, vegetarisch mit einem recht großen veganen Anteil zu leben. Mit sehr viel Erstaunen stellte ich fest, dass mir nichts wirklich fehlte. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto weniger Sinn schien Fleischessen zu machen. Es schmeckt mir nicht besonders (ich habe schon als Kind nie besonders gerne Fleisch gegessen), kommt meinem Kochverhalten gar nicht entgegen (ist mir früher im Kühlschrank immer schlecht geworden, weil es sich einfach nicht so lange hält wie das meiste Gemüse), andauernd gab es irgendwelche Skandale (Hormone, BSE, Gammelfleisch usw.) und wirklich gesund ist dieses Fleisch aus Massentierhaltung auch nicht. Für im Grunde also keine Vorteile so einen Schaden an Tier und Klima anrichten – irgendwie sinnlos und absolut unnötig.
Im Übrigen ernähre mich nicht komplett vegan. Dafür komme ich einfach zu selten dazu, selbst zu kochen und gerade veganes Auswärtsessen ist in einer doch eher verschlafenen Stadt mittlerer Größe fast ein Ding der Unmöglichkeit. Hinzu kommt bei mir noch meine Allergie gegen sehr viele Sojaprodukte und diverse andere Lebensmittel. Ich bin also Vegetarier, versuche dabei tierische Produkte wie Milch und Ei so gut wie möglich zu vermeiden, und alles, was zu Hause gekocht und gebacken wird ist bis auch wirklich wenige Ausnahmen vegan. Und wenn dann mein bestelltes Essen doch mit Fleisch gebracht wird, obwohl ich es abbestellt habe (was traurigerweise erstaunlich häufig passiert!), dann gebe ich das Fleisch weiter und esse den Rest trotzdem. Warum? Weil ich es noch schlimmer und respektloser finde, das Ganze in die Tonne zu kippen! Natürlich weise ich aber dennoch darauf hin, dass ich explizit das Fleisch abbestellt hatte.
Gesellschaftliche Wahrnehmung und Akzeptanz
Gerne würde ich mich ganz vegan ernähren, ohne dass es so ein Riesenaufwand ist. Denn so gerne ich auch backe – kochen macht mir einfach keinen Spaß und ich glaube nicht, dass aus mir in diesem Leben noch jemand wird, der mit Begeisterung seine Mahlzeiten immer selbst zubereitet. Meine karge Freizeit gestalte ich einfach lieber um Sachen, die ich gerne mache. Deswegen würde ich mir mehr vegane Alternativen in Kantinen, Imbissen und Restaurants sowie eine klarere Kennzeichnung bei Lebensmitteln wünschen.
Wofür ich gar kein Verständnis habe, ist, dass Leute sich plötzlich rausnehmen, total absurde Fragen zu meiner Ernährung zu stellen. “Ernährst du dich dann ausgewogen genug?”, “Achtest du auch auf deinen Proteinhaushalt?”, “Hast du dann nicht Eisenmangel?”, “Wie, du trinkst Alkohol, obwohl du Vegetarier bist?” Das eine hat für mich einfach nichts mit dem anderen zu tun! Ich ernähre mich bestimmt nicht besonders gesund. Denn obwohl ich Gemüse liebe und es tonnenweise verschlinge, mampfe ich eben auch einfach zu viel Süßkram. Und nur weil man Fleisch isst, heißt es nicht, dass man sich deswegen ausgewogener ernährt, denn hauptsächlich Schnitzel, Hackbraten und Currywurst ist nun mal auch nicht wirklich besser. Als ob ich vorher auf meinen Protein- oder Eisenhaushalt geachtet hätte!
Attila Hildmann, wohl der bekannteste vegane Koch, ist ein Verfechter von veganer Ernährung als Jungbrunnen und Fitnessprogramm (zwei interessante Interviews mit ihm findet ihr hier und hier). Persönlich stehe ich der kausalen Verknüpfung von vegan = gesund = dünn & fit aus mehreren Gründen ziemlich skeptisch entgegen. Zum einen ist das einfach unglaublich undifferenziert dargestellt. Ich kann ohne Probleme vegan und dick und trotzdem fit sein, oder auch vegan und schlank und mich dabei jeden zweiten Tag umsaufen. So what? Zum anderen finde ich den Lifestyle, der damit im wahrsten Sinne des Wortes verkörpert (und propagiert) wird sehr bedenklich. Sind dann dicke Veganer überhaupt “richtige” Veganer? Die müssen ja irgendwas falsch machen, denn sonst wären sie ja schlank. Und gesund können die dann ja sowieso nicht sein.
Was meint ihr?
Was meint ihr denn? Vegan – ja, nein, geht gar nicht? Schmeckt nicht? Lebenseinstellung? Findet ihr mich zu inkonsequent? Wie macht ihr das denn? Und wenn ihr euch “normal” ernährt, wie reagiert ihr auf Vegetarier/Veganer?