Vegetarisch kreativ – Duško Fiedler

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Vegetarierin bin ich zwar nicht. Dass es bei mir dennoch mehr vegetarische Gerichte als solche mit Fleisch oder Fisch gibt, ist aber auch nicht zu übersehen. Aus Liebe zum Gemüse, sozusagen. Kreative Kombinationen kommen da grade recht, um all das Gemüse ins rechte Licht zu rücken.

Und genau das ist die Mission von Duško Fiedler. Er hat Koch gelernt, dann in seinen Wanderjahren einiges erlebt und ausprobiert: er hat zusammen mit Michael Hoffmann  für Josef Viehhauser im Le Canard gearbeitet, aber auch eine Jugendherberge geführt und sich immer wieder Auszeiten für lange Reisen genommen. Genügend Erfahrungen und Eindrücke also, um etwas Neues auszuprobieren. Heute betreibt er einen Foodtruck, mit dem er auf Hamburger Wochenmärkten Soßen, Suppen und Mittagsgerichte verkauft.

Seine Vorstellung ist es, mit einfachen, überall erhältlichen vegetarischen Zutaten eine Vielfalt an Aromen und Konsistenzen auf den Teller zu bringen, die sich immer wieder variieren lassen. Damit befasst sich auch sein Buch. Vorgestellt werden 15 Mahlzeiten in jeweils 2 Varianten – eine einfache Variante und eine Gourmetvariante. Jeder Teller besteht aus mehreren Komponten – vier sind es meist  mindestens. Es gibt jeweils einen Hauptbestandteil und mehrere ergänzende Mitspieler. Die einfache Variante und die Gourmetvariante unterscheiden sich nicht durch die Anzahl der Komponenten, sondern durch ihre Art. Beispiel gefällig? Da gibt es als erstes Gericht Knallgrünen Basmati mit knusprigem Feta und Aubergine. In der einfachen Variante gibt es Petersilienreis, gebratene Auberginen, knusprigen Feta mit Petersilienpesto und Tomaten-Avocado-Dipp. Die Gourmetvariante kommt daher mit Petersilienreis, gebratenen Auberginen mit Minze, knusprigem Feta, karamellisiertem Pfirsich, Tomaten-Avocadodip und Rotkohlsalat.

Das Buch beginnt damit, dass uns Duško Fiedler sein Konzept erklärt: Er hat dafür die 1-2-3-Regel erfunden, mit deren Hilfe er alle Lebensmittel in Gruppen einteilt. Es gibt süß/sauer, neutral und bitter/würzig. Neutrale Zutaten bilden die Basis, die anderen Zutaten sind für die Geschmacksspitzen zuständig. Es folgen Tabellen, in denen die einzelne Lebensmittel den Geschmacksrichtungen zugeordnet und ihre bestmögliche Verwendung erklärt wird. Anschließend gibt es anhand von Senfeiern noch ein Beispiel, wie ein Basisgericht durch verschiedene Aromenmuster, Texturen und Farben immer wieder in etwas neues verwandelt werden kann.

Die nächsten Kapitel widmen sich Küchenequipement und Vorratskammer. Zum Equipement gibt es nichts besonderes zu sagen – das sind ganz normale Dinge, wie sie vermutlich jeder von Euch zuhause hat. Wichtig ist aber das Vorratskammer-Kapitel, denn da werden Grundrezepte vorgestellt, die man immer wieder braucht, wenn man aus diesem Buch kochen möchte: es gibt Rezepte für Gemüsefond und Beschamel, aber auch Gewürzmischungen und Pasten, auf die im Buch immer wieder zurückgegriffen wird. Ohne Olivenpüree, Zwiebelpüree oder verschiedene Gewürzmischungen kann man die Rezepte nicht nachkochen oder braucht halt entsprechend länger.

Danach kommt der Rezeptteil. Die 15 Mahlzeiten werden jeweils in 2 Varianten vorgestellt. Zusätzlich gibt es kurze Hinweise zum vorliegenden Aromenmuster und einen Absatz mit weiteren Kombinationsmöglichkeiten. So läßt sich der oben erwähnte Basmati auch mit Quarknocken, goldgelben Champignons, gebratenen Gurkenwürfeln und warmer Orangenvinaigrette kombinieren. Die Rezepte sind knapp formuliert; für jeden Bestandteil des Tellers gibt es ein Rezept mit der Kennzeichnung, ob es Bestandteil der einfachen oder der Gourmetvariante ist. Eingestreut sind außerdem Küchentipps, die ich oft richtig klasse fand. Am Ende des Rezeptteils gibt es Arbeitspläne für die Erstellung der Mahlzeiten. Das ist praktisch. Noch praktischer allerdings wäre es, wenn die Pläne gleich in die Rezepte eingebunden wären, dann müßte man weniger blättern. Es gibt auch Hinweise, wie die Gerichte angerichtet werden sollen und warum das so ist. Allerdings nur für die Gourmet-Teller; bei den einfachen Tellern muss man selber denken. Zum Ausgleich von Konsistenzen und Aromen gibt es zudem Vorschläge und Rezepte für Kekse, die mit den jeweiligen Gerichten serviert werden sollen. Bei den eingangs zitiertem Reisgericht wäre das ein Orangen- oder Zitronenkeks.

Das Buch ist sehr schön aufgemacht: es gibt zahlreiche Bilder von einzelnen Arbeitsschritten, dazu ein großformatiges Bild von jedem Gourmet-Teller. Die Bilder gefallen mir sehr gut, denn sie stellen das Essen in den Mittelpunkt und bilden realistische Kochergebnisse ab.

Das Ziel des Buches ist die einfache, schnelle Gemüseküche, ausgewogen und immer überraschend kombiniert. Mit einfach und schnell ist das aber so eine Sache: die einzelnen Komponenten sind wirklich leicht zuzubereiten. Auch die Zutaten sind alltäglich und überall leicht zu bekommen. Irritiert hat mich aber, dass hin und wieder Essigessenz verwendet wird; die habe ich durch eine größere Menge Essig ersetzt. Und: Pastaholics aufgepasst: Nudeln kommen in diesem Buch nicht vor. Duško Fiedler findet sie beliebig und langweilig. Allerdings besteht jeder Teller aus 5-6 Einzelkomponenten. Und bis die alle zubereitet sind, verstreicht schon eine gewisse Zeit. Das ganze wird auch limitiert durch die Anzahl der Herdplatten: mehr als vier Komponenten auf einmal kann ich nicht garen, und Ihr? So kann es durchaus zur Herausforderung werden, alle Bestandteile heiß und frisch auf den Teller zu bekommen. Ihr könnt mich jetzt für eine Banausin halten, aber ich muss gestehen, dass mir in den Gourmet-Varianten manchmal auch ein wenig zu viel los ist auf dem Teller: so viele Aromen und Konsistenzen sind mir dann getrennt voneinander fast lieber als in einem Tellergericht.

spargelSpargel musste natürlich sein. Ich habe mich für die einfache Version entschieden. Das war Spargel aus dem Ofen, Pellkartoffeln, Linsen in Zitronenvinaigrette, gebratene Erdbeeren und Kräuterpesto. An einem ganz normalen Wochentag abends, wo es bei uns alle naslang klingelt (Tür oder Telefon…) habe ich etwas mit den verschiedenen Komponenten gehadert, aber am Ende war alles gut. Nicht ganz verstanden habe ich aber, woher woher die Kontrapunkte durch Kreuzkümmel oder Zimt kommen sollten  - die werden nämlich gar nicht verwendet.

Als nächstes standen die Spinat-Maismehlnocken auf dem Programm. Sie sollten zusammen mit Paprikapüree, Rucola-Karotten-Sesam-Salat mit Buttermilch-Kartoffeldressing, geschmortem Lauch und Graupen auf den Tisch. An diesem Abend sind wir Essen gegangen. Die Nocken zerfielen nach dem Garen durch Berührung mit dem Schaumlöffel zu Brei. Nachdem ich schon zwei Stunden in der Küche verbracht hatte, um alle Komponenten zusammenzubasteln, hatte ich keine Lust mehr auf Rettungsversuche. Im Rezept wird ein Brei aus Maismehl gekocht, in den Spinat, Eier und reichlich Semmelbrösel kommen. Dann werden sofort Nocken geformt und diese gagart. Ich denke, die Masse hätte erst auskühlen und ausquellen müssen, damit die Nocken stabil werden.

röstiDie Kartoffelrösti haben es dann wieder auf unsere Teller geschafft. In der “Gourmetversion” kamen sie mit gebuttertem Apfelpüree, Grünen Bohnen mit Dill und Limone, Karottenpüree und Rosmarin-Aprikosen auf den Tisch. Die Rösti waren wunderbar knusprig, der Teller schön bunt und die Aromen haben auch gestimmt. So schön wie auf dem Food-Foto allerdings war mein Teller nicht. Im Buch steht dazu: “Diese Art des Anrichtens ist nicht leicht. Sechs Handgriffe braucht es allein, um das Rösti zu arrangieren. Zwei Personen sind nötig, damit alles heiß auf den Teller kommt.” Ich gebe zu…..ich war etwas faul. Meine Rösti waren einfach zu groß, um sie als schicke Segel in das Karottenpüree stecken zu können……

bohnenragoutEin Bohnenragout stand im Mittelpunkt des nächsten Tellers. Dazu gab es gedünsteten Staudensellerie, geröstete Kartoffeln mit Blauschimmelkäse und ein paar Tupfen Himbeersauce. Ich muss gestehen, dass mich der Sellerie nicht so begeistert hat. Die Himbeersauce war aber ein schöner Kontrapunkt…..mein Sohn will sie jetzt am liebsten zu allem haben….

polenta, blumenkohl, senfsauceUnd schließlich standen noch die knusprigen Polentaschnitten auf dem Tisch, zusammen mit Blumenkohl aus dem Ofen mit Mohn-Kräuterpaste und einer Kartoffel-Senfsauce. Interessanterweise war es dieses Gericht, das mir am besten gefallen hat. Hier lagen die wenigsten Einzelkomponenten auf dem Teller, aber die Polenta war luftig und knusprig, der im Ofen geröstete Blumenkohl einfach nur genial und die würzige, sämige Sauce eine wunderbare Ergänzung.

Fazit? Ich finde die Grundidee klasse. Schlüssel des Buches sind für mich die einleitenden Tabellen, die einem ein gutes Rüstzeug in Hand geben, um immer wieder ausgewogene und überrschende Kombinationen auf den Tisch zu bringen. Mit schnell und einfach ist das aber so eine Sache – man muss schon Zeit mitbringen. Ich habe für jedes Gericht wesentlich mehr Zeit gebraucht, als ich sonst im Alltag ins Kochen investiere.

Wer sich für Duško Fiedlers Gemüse-Kombinationen interessiert, kann beim blv-Verlag einen Blick ins Buch werfen – und natürlich auch bestellen.


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